Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Das war eine Nationalfehde! Wo mensch-
liches Gefühl, Dankbarkeit, Großmuth und
englische Fäuste vergebliche Angriffe versucht
hatten, da siegte -- Nationalstolz. Der Hol-
länder drang darauf, daß die Britten ihr Geld
zurücknehmen mußten, und trennte sich mit
stoischer Gelassenheit von hundert geliebten,
lange bejammerten und kaum wiedergefundenen
Rubeln.

Nächst den Deutschen sind die Franzo-
sen
unter allen Ausländern die zahlreichsten.
Die Sprache, die Sitten, die Moden, die
Litteratur und das Theater dieser Nation wer-
den allgemein geliebt, nachgeahmt und bewun-
dert; aber die Nation selbst hatte nur einen
sehr mäßigen Antheil an dieser Achtung, und
selbst dieser ist jetzt, durch leicht einzusehende
Ursachen, geschmälert. In den höheren Stän-
den, in Staatsbedienungen, beym Militaire
und als Kaufleute leben hier nur wenige Fran-
zosen. Der größte Theil derselben besteht aus
Abentheurern aller Art, unter denen sich viele
nicht zum erstenmal auf diesem Schauplatz
versuchen. Kammerdiener, Friseurs, Gar-
köche, Modehändler, Putzmacherinnen, und

Zweiter Theil. J i

Das war eine Nationalfehde! Wo menſch-
liches Gefuͤhl, Dankbarkeit, Großmuth und
engliſche Faͤuſte vergebliche Angriffe verſucht
hatten, da ſiegte — Nationalſtolz. Der Hol-
laͤnder drang darauf, daß die Britten ihr Geld
zuruͤcknehmen mußten, und trennte ſich mit
ſtoiſcher Gelaſſenheit von hundert geliebten,
lange bejammerten und kaum wiedergefundenen
Rubeln.

Naͤchſt den Deutſchen ſind die Franzo-
ſen
unter allen Auslaͤndern die zahlreichſten.
Die Sprache, die Sitten, die Moden, die
Litteratur und das Theater dieſer Nation wer-
den allgemein geliebt, nachgeahmt und bewun-
dert; aber die Nation ſelbſt hatte nur einen
ſehr maͤßigen Antheil an dieſer Achtung, und
ſelbſt dieſer iſt jetzt, durch leicht einzuſehende
Urſachen, geſchmaͤlert. In den hoͤheren Staͤn-
den, in Staatsbedienungen, beym Militaire
und als Kaufleute leben hier nur wenige Fran-
zoſen. Der groͤßte Theil derſelben beſteht aus
Abentheurern aller Art, unter denen ſich viele
nicht zum erſtenmal auf dieſem Schauplatz
verſuchen. Kammerdiener, Friſeurs, Gar-
koͤche, Modehaͤndler, Putzmacherinnen, und

Zweiter Theil. J i
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0515" n="497"/>
          <p>Das war eine Nationalfehde! Wo men&#x017F;ch-<lb/>
liches Gefu&#x0364;hl, Dankbarkeit, Großmuth und<lb/>
engli&#x017F;che Fa&#x0364;u&#x017F;te vergebliche Angriffe ver&#x017F;ucht<lb/>
hatten, da &#x017F;iegte &#x2014; National&#x017F;tolz. Der Hol-<lb/>
la&#x0364;nder drang darauf, daß die Britten ihr Geld<lb/>
zuru&#x0364;cknehmen mußten, und trennte &#x017F;ich mit<lb/>
&#x017F;toi&#x017F;cher Gela&#x017F;&#x017F;enheit von hundert geliebten,<lb/>
lange bejammerten und kaum wiedergefundenen<lb/>
Rubeln.</p><lb/>
          <p>Na&#x0364;ch&#x017F;t den Deut&#x017F;chen &#x017F;ind die <hi rendition="#g">Franzo-<lb/>
&#x017F;en</hi> unter allen Ausla&#x0364;ndern die zahlreich&#x017F;ten.<lb/>
Die Sprache, die Sitten, die Moden, die<lb/>
Litteratur und das Theater die&#x017F;er Nation wer-<lb/>
den allgemein geliebt, nachgeahmt und bewun-<lb/>
dert; aber die Nation &#x017F;elb&#x017F;t hatte nur einen<lb/>
&#x017F;ehr ma&#x0364;ßigen Antheil an die&#x017F;er Achtung, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;er i&#x017F;t jetzt, durch leicht einzu&#x017F;ehende<lb/>
Ur&#x017F;achen, ge&#x017F;chma&#x0364;lert. In den ho&#x0364;heren Sta&#x0364;n-<lb/>
den, in Staatsbedienungen, beym Militaire<lb/>
und als Kaufleute leben hier nur wenige Fran-<lb/>
zo&#x017F;en. Der gro&#x0364;ßte Theil der&#x017F;elben be&#x017F;teht aus<lb/>
Abentheurern aller Art, unter denen &#x017F;ich viele<lb/>
nicht zum er&#x017F;tenmal auf die&#x017F;em Schauplatz<lb/>
ver&#x017F;uchen. Kammerdiener, Fri&#x017F;eurs, Gar-<lb/>
ko&#x0364;che, Modeha&#x0364;ndler, Putzmacherinnen, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Zweiter Theil. J i</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[497/0515] Das war eine Nationalfehde! Wo menſch- liches Gefuͤhl, Dankbarkeit, Großmuth und engliſche Faͤuſte vergebliche Angriffe verſucht hatten, da ſiegte — Nationalſtolz. Der Hol- laͤnder drang darauf, daß die Britten ihr Geld zuruͤcknehmen mußten, und trennte ſich mit ſtoiſcher Gelaſſenheit von hundert geliebten, lange bejammerten und kaum wiedergefundenen Rubeln. Naͤchſt den Deutſchen ſind die Franzo- ſen unter allen Auslaͤndern die zahlreichſten. Die Sprache, die Sitten, die Moden, die Litteratur und das Theater dieſer Nation wer- den allgemein geliebt, nachgeahmt und bewun- dert; aber die Nation ſelbſt hatte nur einen ſehr maͤßigen Antheil an dieſer Achtung, und ſelbſt dieſer iſt jetzt, durch leicht einzuſehende Urſachen, geſchmaͤlert. In den hoͤheren Staͤn- den, in Staatsbedienungen, beym Militaire und als Kaufleute leben hier nur wenige Fran- zoſen. Der groͤßte Theil derſelben beſteht aus Abentheurern aller Art, unter denen ſich viele nicht zum erſtenmal auf dieſem Schauplatz verſuchen. Kammerdiener, Friſeurs, Gar- koͤche, Modehaͤndler, Putzmacherinnen, und Zweiter Theil. J i

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/515
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/515>, abgerufen am 25.11.2024.