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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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wenn es mit keinem dieser Gewerbe mehr fort
will -- Hauslehrer und Informatoren. Nur
äußerst wenige unter diesen kommen als Leute
von Erziehung, mit nützlichen oder gelehrten
Kenntnissen und einem ausgebildeten Karakter
hieher. Durch mannigfaltige Erfahrungen be-
lehrt, ist der russische Adel behutsamer in der
Wahl solcher Leute geworden, denen er die Er-
ziehung seiner Kinder anvertraut, und seit ei-
niger Zeit sucht er hiezu lieber Schweizer und
Deutsche.

Indessen, was ihm an reeller Brauchbar-
keit abgeht, ersetzt der Franzose aus dieser
Klasse durch gefällige Talente mancherley Art,
die nicht selten der Weg zu einem guten Fort-
kommen werden. Da er so glücklich ist, eine
in ganz Europa bekannte und hier vorzüglich
beliebte Sprache zu sprechen, die, wenn er sie
gut spricht, ihm schon zum Verdienst ange-
rechnet wird, so hat er eine große Schwierig-
keit weniger und einen großen Vortheil mehr
als jeder andere Fremdling. Das, dieser Na-
tion so eigene Talent der Ueberredung, ein
gewisses, dem Franzosen augenblicklich gegen-
wärtiges Gefühl des Schicklichen, verbunden

wenn es mit keinem dieſer Gewerbe mehr fort
will — Hauslehrer und Informatoren. Nur
aͤußerſt wenige unter dieſen kommen als Leute
von Erziehung, mit nuͤtzlichen oder gelehrten
Kenntniſſen und einem ausgebildeten Karakter
hieher. Durch mannigfaltige Erfahrungen be-
lehrt, iſt der ruſſiſche Adel behutſamer in der
Wahl ſolcher Leute geworden, denen er die Er-
ziehung ſeiner Kinder anvertraut, und ſeit ei-
niger Zeit ſucht er hiezu lieber Schweizer und
Deutſche.

Indeſſen, was ihm an reeller Brauchbar-
keit abgeht, erſetzt der Franzoſe aus dieſer
Klaſſe durch gefaͤllige Talente mancherley Art,
die nicht ſelten der Weg zu einem guten Fort-
kommen werden. Da er ſo gluͤcklich iſt, eine
in ganz Europa bekannte und hier vorzuͤglich
beliebte Sprache zu ſprechen, die, wenn er ſie
gut ſpricht, ihm ſchon zum Verdienſt ange-
rechnet wird, ſo hat er eine große Schwierig-
keit weniger und einen großen Vortheil mehr
als jeder andere Fremdling. Das, dieſer Na-
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[498/0516] wenn es mit keinem dieſer Gewerbe mehr fort will — Hauslehrer und Informatoren. Nur aͤußerſt wenige unter dieſen kommen als Leute von Erziehung, mit nuͤtzlichen oder gelehrten Kenntniſſen und einem ausgebildeten Karakter hieher. Durch mannigfaltige Erfahrungen be- lehrt, iſt der ruſſiſche Adel behutſamer in der Wahl ſolcher Leute geworden, denen er die Er- ziehung ſeiner Kinder anvertraut, und ſeit ei- niger Zeit ſucht er hiezu lieber Schweizer und Deutſche. Indeſſen, was ihm an reeller Brauchbar- keit abgeht, erſetzt der Franzoſe aus dieſer Klaſſe durch gefaͤllige Talente mancherley Art, die nicht ſelten der Weg zu einem guten Fort- kommen werden. Da er ſo gluͤcklich iſt, eine in ganz Europa bekannte und hier vorzuͤglich beliebte Sprache zu ſprechen, die, wenn er ſie gut ſpricht, ihm ſchon zum Verdienſt ange- rechnet wird, ſo hat er eine große Schwierig- keit weniger und einen großen Vortheil mehr als jeder andere Fremdling. Das, dieſer Na- tion ſo eigene Talent der Ueberredung, ein gewiſſes, dem Franzoſen augenblicklich gegen- waͤrtiges Gefuͤhl des Schicklichen, verbunden

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/516>, abgerufen am 25.11.2024.