Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich fühlte, daß bei diesen Worten Katharina,
die an meiner Seite ging, gleich einer Taumeln¬
den nach meinem Mantel haschte; aber ich ent¬
gegnete ruhig: "Der Brauch ist mir bekannt;
doch, wie meinet Ihr denn, Junker Wulf?"

"Ich meine," sagte er hart, als ob er einen
Gegenspruch erwarte; "daß Du das Bildniß der
Tochter dieses Hauses malen sollst!"

Mich durchfuhr's fast wie ein Schrecken; weiß
nicht, ob mehr über den Ton oder die Deutung
dieser Worte; dachte auch, zu solchem Beginnen
sei itzt kaum die rechte Zeit.

Da Katharina schwieg, aus ihren Augen
aber ein flehentlicher Blick mir zuflog, so ant¬
wortete ich: "Wenn Eure edle Schwester es mir
vergönnen will, so hoffe ich Eueres Vaters Pro¬
tection und meines Meisters Lehre keine Schande
anzuthun. Räumet mir nur wieder mein Käm¬
merlein ober dem Thorweg bei dem alten Die¬
terich, so soll geschehen, was Ihr wünschet."

Der Junker war das zufrieden, und sagte auch

Ich fühlte, daß bei dieſen Worten Katharina,
die an meiner Seite ging, gleich einer Taumeln¬
den nach meinem Mantel haſchte; aber ich ent¬
gegnete ruhig: „Der Brauch iſt mir bekannt;
doch, wie meinet Ihr denn, Junker Wulf?“

„Ich meine,“ ſagte er hart, als ob er einen
Gegenſpruch erwarte; „daß Du das Bildniß der
Tochter dieſes Hauſes malen ſollſt!“

Mich durchfuhr's faſt wie ein Schrecken; weiß
nicht, ob mehr über den Ton oder die Deutung
dieſer Worte; dachte auch, zu ſolchem Beginnen
ſei itzt kaum die rechte Zeit.

Da Katharina ſchwieg, aus ihren Augen
aber ein flehentlicher Blick mir zuflog, ſo ant¬
wortete ich: „Wenn Eure edle Schweſter es mir
vergönnen will, ſo hoffe ich Eueres Vaters Pro¬
tection und meines Meiſters Lehre keine Schande
anzuthun. Räumet mir nur wieder mein Käm¬
merlein ober dem Thorweg bei dem alten Die¬
terich, ſo ſoll geſchehen, was Ihr wünſchet.“

Der Junker war das zufrieden, und ſagte auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0053" n="39"/>
      <p>Ich fühlte, daß bei die&#x017F;en Worten Katharina,<lb/>
die an meiner Seite ging, gleich einer Taumeln¬<lb/>
den nach meinem Mantel ha&#x017F;chte; aber ich ent¬<lb/>
gegnete ruhig: &#x201E;Der Brauch i&#x017F;t mir bekannt;<lb/>
doch, wie meinet Ihr denn, Junker Wulf?&#x201C;</p><lb/>
      <p>&#x201E;Ich meine,&#x201C; &#x017F;agte er hart, als ob er einen<lb/>
Gegen&#x017F;pruch erwarte; &#x201E;daß Du das Bildniß der<lb/>
Tochter die&#x017F;es Hau&#x017F;es malen &#x017F;oll&#x017F;t!&#x201C;</p><lb/>
      <p>Mich durchfuhr's fa&#x017F;t wie ein Schrecken; weiß<lb/>
nicht, ob mehr über den Ton oder die Deutung<lb/>
die&#x017F;er Worte; dachte auch, zu &#x017F;olchem Beginnen<lb/>
&#x017F;ei itzt kaum die rechte Zeit.</p><lb/>
      <p>Da Katharina &#x017F;chwieg, aus ihren Augen<lb/>
aber ein flehentlicher Blick mir zuflog, &#x017F;o ant¬<lb/>
wortete ich: &#x201E;Wenn Eure edle Schwe&#x017F;ter es mir<lb/>
vergönnen will, &#x017F;o hoffe ich Eueres Vaters Pro¬<lb/>
tection und meines Mei&#x017F;ters Lehre keine Schande<lb/>
anzuthun. Räumet mir nur wieder mein Käm¬<lb/>
merlein ober dem Thorweg bei dem alten Die¬<lb/>
terich, &#x017F;o &#x017F;oll ge&#x017F;chehen, was Ihr wün&#x017F;chet.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Der Junker war das zufrieden, und &#x017F;agte auch<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0053] Ich fühlte, daß bei dieſen Worten Katharina, die an meiner Seite ging, gleich einer Taumeln¬ den nach meinem Mantel haſchte; aber ich ent¬ gegnete ruhig: „Der Brauch iſt mir bekannt; doch, wie meinet Ihr denn, Junker Wulf?“ „Ich meine,“ ſagte er hart, als ob er einen Gegenſpruch erwarte; „daß Du das Bildniß der Tochter dieſes Hauſes malen ſollſt!“ Mich durchfuhr's faſt wie ein Schrecken; weiß nicht, ob mehr über den Ton oder die Deutung dieſer Worte; dachte auch, zu ſolchem Beginnen ſei itzt kaum die rechte Zeit. Da Katharina ſchwieg, aus ihren Augen aber ein flehentlicher Blick mir zuflog, ſo ant¬ wortete ich: „Wenn Eure edle Schweſter es mir vergönnen will, ſo hoffe ich Eueres Vaters Pro¬ tection und meines Meiſters Lehre keine Schande anzuthun. Räumet mir nur wieder mein Käm¬ merlein ober dem Thorweg bei dem alten Die¬ terich, ſo ſoll geſchehen, was Ihr wünſchet.“ Der Junker war das zufrieden, und ſagte auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/53
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/53>, abgerufen am 22.11.2024.