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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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so ritt ich herzu und brachte meinen Gaul im
Stalle unter. Als ich danach auf die Tenne
trat, war es gedrangvoll von Menschen, Män¬
nern und Weibern, und ein Geschrei und wüst'
Getreibe, wie ich solches, auch beim Tanz, in
früheren Jahren nicht vermerket. Der Schein
der Unschlittkerzen, so unter einem Balken auf
einem Kreuzholz schwebten, hob manch' bärtig
und verhauen Antlitz aus dem Dunkel, dem man
lieber nicht allein im Wald begegnet wäre. --
Aber nicht nur Strolche und Bauernbursche schie¬
nen hier sich zu vergnügen; bei den Musikanten,
die drüben vor der Döns auf ihren Tonnen
saßen, stund der Junker von der Risch; er hatte
seinen Mantel über dem einen Arm, an dem
andern hing ihm eine derbe Dirne. Aber das
Stücklein schien ihm nicht zu gefallen; denn er
riß dem Fiedler seine Geigen aus den Händen,
warf eine Hand voll Münzen auf seine Tonne
und verlangte, daß sie ihm den neumodischen
Zweitritt aufspielen sollten. Als dann die Mu¬
sikanten ihm gar rasch gehorchten und wie toll

ſo ritt ich herzu und brachte meinen Gaul im
Stalle unter. Als ich danach auf die Tenne
trat, war es gedrangvoll von Menſchen, Män¬
nern und Weibern, und ein Geſchrei und wüſt'
Getreibe, wie ich ſolches, auch beim Tanz, in
früheren Jahren nicht vermerket. Der Schein
der Unſchlittkerzen, ſo unter einem Balken auf
einem Kreuzholz ſchwebten, hob manch' bärtig
und verhauen Antlitz aus dem Dunkel, dem man
lieber nicht allein im Wald begegnet wäre. —
Aber nicht nur Strolche und Bauernburſche ſchie¬
nen hier ſich zu vergnügen; bei den Muſikanten,
die drüben vor der Döns auf ihren Tonnen
ſaßen, ſtund der Junker von der Riſch; er hatte
ſeinen Mantel über dem einen Arm, an dem
andern hing ihm eine derbe Dirne. Aber das
Stücklein ſchien ihm nicht zu gefallen; denn er
riß dem Fiedler ſeine Geigen aus den Händen,
warf eine Hand voll Münzen auf ſeine Tonne
und verlangte, daß ſie ihm den neumodiſchen
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[70/0084] ſo ritt ich herzu und brachte meinen Gaul im Stalle unter. Als ich danach auf die Tenne trat, war es gedrangvoll von Menſchen, Män¬ nern und Weibern, und ein Geſchrei und wüſt' Getreibe, wie ich ſolches, auch beim Tanz, in früheren Jahren nicht vermerket. Der Schein der Unſchlittkerzen, ſo unter einem Balken auf einem Kreuzholz ſchwebten, hob manch' bärtig und verhauen Antlitz aus dem Dunkel, dem man lieber nicht allein im Wald begegnet wäre. — Aber nicht nur Strolche und Bauernburſche ſchie¬ nen hier ſich zu vergnügen; bei den Muſikanten, die drüben vor der Döns auf ihren Tonnen ſaßen, ſtund der Junker von der Riſch; er hatte ſeinen Mantel über dem einen Arm, an dem andern hing ihm eine derbe Dirne. Aber das Stücklein ſchien ihm nicht zu gefallen; denn er riß dem Fiedler ſeine Geigen aus den Händen, warf eine Hand voll Münzen auf ſeine Tonne und verlangte, daß ſie ihm den neumodiſchen Zweitritt aufſpielen ſollten. Als dann die Mu¬ ſikanten ihm gar raſch gehorchten und wie toll

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/84>, abgerufen am 23.11.2024.