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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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aber mit dem alten Dieterich zu berathen, was
allfort geschehen solle; maaßen ich wol sahe, daß
meines Bleibens hier nicht fürder sei.

Bisweilen stund ich auch und horchte; aber
ich mochte bei meinem Abgang wol die Thür
in's Schloß geworfen und so einen guten Vor¬
sprung mir gewonnen haben: von den Hunden
war kein Laut vernehmbar. Wol aber, da ich
eben aus dem Schatten auf eine vom Mond er¬
hellete Lichtung trat, hörete ich nicht gar fern die
Nachtigallen schlagen; und von wo ich ihren
Schall hörte, dahin richtete ich meine Schritte;
denn mir war wohl bewußt, sie hatten hier herum
nur in den Hecken des Herrengartens ihre Nester;
erkannte nun auch, wo ich mich befand, und daß
ich bis zum Hofe nicht gar weit mehr hatte.

Ging also dem lieblichen Schallen nach, das
immer heller vor mir aus dem Dunkel drang.
Da plötzlich schlug was Anderes an mein Ohr,
das jählings näher kam und mir das Blut er¬
starren machte. Nicht zweifeln konnt' ich mehr,
die Hunde brachen durch das Unterholz; sie

aber mit dem alten Dieterich zu berathen, was
allfort geſchehen ſolle; maaßen ich wol ſahe, daß
meines Bleibens hier nicht fürder ſei.

Bisweilen ſtund ich auch und horchte; aber
ich mochte bei meinem Abgang wol die Thür
in's Schloß geworfen und ſo einen guten Vor¬
ſprung mir gewonnen haben: von den Hunden
war kein Laut vernehmbar. Wol aber, da ich
eben aus dem Schatten auf eine vom Mond er¬
hellete Lichtung trat, hörete ich nicht gar fern die
Nachtigallen ſchlagen; und von wo ich ihren
Schall hörte, dahin richtete ich meine Schritte;
denn mir war wohl bewußt, ſie hatten hier herum
nur in den Hecken des Herrengartens ihre Neſter;
erkannte nun auch, wo ich mich befand, und daß
ich bis zum Hofe nicht gar weit mehr hatte.

Ging alſo dem lieblichen Schallen nach, das
immer heller vor mir aus dem Dunkel drang.
Da plötzlich ſchlug was Anderes an mein Ohr,
das jählings näher kam und mir das Blut er¬
ſtarren machte. Nicht zweifeln konnt' ich mehr,
die Hunde brachen durch das Unterholz; ſie

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[77/0091] aber mit dem alten Dieterich zu berathen, was allfort geſchehen ſolle; maaßen ich wol ſahe, daß meines Bleibens hier nicht fürder ſei. Bisweilen ſtund ich auch und horchte; aber ich mochte bei meinem Abgang wol die Thür in's Schloß geworfen und ſo einen guten Vor¬ ſprung mir gewonnen haben: von den Hunden war kein Laut vernehmbar. Wol aber, da ich eben aus dem Schatten auf eine vom Mond er¬ hellete Lichtung trat, hörete ich nicht gar fern die Nachtigallen ſchlagen; und von wo ich ihren Schall hörte, dahin richtete ich meine Schritte; denn mir war wohl bewußt, ſie hatten hier herum nur in den Hecken des Herrengartens ihre Neſter; erkannte nun auch, wo ich mich befand, und daß ich bis zum Hofe nicht gar weit mehr hatte. Ging alſo dem lieblichen Schallen nach, das immer heller vor mir aus dem Dunkel drang. Da plötzlich ſchlug was Anderes an mein Ohr, das jählings näher kam und mir das Blut er¬ ſtarren machte. Nicht zweifeln konnt' ich mehr, die Hunde brachen durch das Unterholz; ſie

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/91>, abgerufen am 27.11.2024.