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Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

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von anno damals, vom Kosakenwinter; und da kann ich aushelfen, John! Die haben mir heut drei Tassen heißen Kaffee eingebracht; da kann man's dann schon wieder aushalten, wo nur der Winter einheizt!" Sie lachte: "Ihr beiden soltet einmal tanzen! Das hat mir früher oft geholfen; die Tanzbein' sind mir nur abhanden kommen."

Da hob das Kind sein Köpfchen aus den Umhüllungen und sagte: "Vater, morgen ist doch Weihnachten; darf es hier dann nicht ein wenig wärmer sein?"

John sah nur finster auf sie hin; die Alte aber huckte sich neben ihm und der Kleinen zu Boden: "Kind, Gottes Engel." rief sie und streichelte mit ihrer warmen Hand Stirn und Wangen der Kleinen; dabei griff sie mit der andern in ihre Tasche und fühlte nach den Schillingen, von denen sie nicht geredet, die sie aber neben dem Kaffee von der Frau Senatoren als Festgeschenk erhalten hatten "Ja, ja, Christinchen, sorg nur nicht! Unser Herr Christus hat dazumal auch warm in seinem Kripplein gelegen!" John schwieg noch immer; das Wort seines Kindes war ihm wie ein Schwert

von anno damals, vom Kosakenwinter; und da kann ich aushelfen, John! Die haben mir heut drei Tassen heißen Kaffee eingebracht; da kann man’s dann schon wieder aushalten, wo nur der Winter einheizt!“ Sie lachte: „Ihr beiden soltet einmal tanzen! Das hat mir früher oft geholfen; die Tanzbein’ sind mir nur abhanden kommen.“

Da hob das Kind sein Köpfchen aus den Umhüllungen und sagte: „Vater, morgen ist doch Weihnachten; darf es hier dann nicht ein wenig wärmer sein?“

John sah nur finster auf sie hin; die Alte aber huckte sich neben ihm und der Kleinen zu Boden: „Kind, Gottes Engel.“ rief sie und streichelte mit ihrer warmen Hand Stirn und Wangen der Kleinen; dabei griff sie mit der andern in ihre Tasche und fühlte nach den Schillingen, von denen sie nicht geredet, die sie aber neben dem Kaffee von der Frau Senatoren als Festgeschenk erhalten hatten „Ja, ja, Christinchen, sorg nur nicht! Unser Herr Christus hat dazumal auch warm in seinem Kripplein gelegen!“ John schwieg noch immer; das Wort seines Kindes war ihm wie ein Schwert

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[97/0097] von anno damals, vom Kosakenwinter; und da kann ich aushelfen, John! Die haben mir heut drei Tassen heißen Kaffee eingebracht; da kann man’s dann schon wieder aushalten, wo nur der Winter einheizt!“ Sie lachte: „Ihr beiden soltet einmal tanzen! Das hat mir früher oft geholfen; die Tanzbein’ sind mir nur abhanden kommen.“ Da hob das Kind sein Köpfchen aus den Umhüllungen und sagte: „Vater, morgen ist doch Weihnachten; darf es hier dann nicht ein wenig wärmer sein?“ John sah nur finster auf sie hin; die Alte aber huckte sich neben ihm und der Kleinen zu Boden: „Kind, Gottes Engel.“ rief sie und streichelte mit ihrer warmen Hand Stirn und Wangen der Kleinen; dabei griff sie mit der andern in ihre Tasche und fühlte nach den Schillingen, von denen sie nicht geredet, die sie aber neben dem Kaffee von der Frau Senatoren als Festgeschenk erhalten hatten „Ja, ja, Christinchen, sorg nur nicht! Unser Herr Christus hat dazumal auch warm in seinem Kripplein gelegen!“ John schwieg noch immer; das Wort seines Kindes war ihm wie ein Schwert

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/97>, abgerufen am 21.11.2024.