Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Ostern.
Es war daheim auf unsrem Meeresdeich;
Ich ließ den Blick am Horizonte gleiten,
Zu mir herüber scholl verheißungsreich
Mit vollem Klang das Osterglockenläuten.
Wie brennend Silber funkelte das Meer,
Die Inseln schwammen auf dem hohen Spiegel,
Die Möven schossen blendend hin und her,
Eintauchend in die Fluth die weißen Flügel.
Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand
War sammetgrün die Wiese aufgegangen;
Der Frühling zog prophetisch über Land,
Die Lerchen jauchzten und die Knospen sprangen. --
Entfesselt ist die urgewaltge Kraft,
Die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen,
Und Alles treibt, und Alles webt und schafft,
Des Lebens vollste Pulse hör' ich klopfen.
Oſtern.
Es war daheim auf unſrem Meeresdeich;
Ich ließ den Blick am Horizonte gleiten,
Zu mir herüber ſcholl verheißungsreich
Mit vollem Klang das Oſterglockenläuten.
Wie brennend Silber funkelte das Meer,
Die Inſeln ſchwammen auf dem hohen Spiegel,
Die Möven ſchoſſen blendend hin und her,
Eintauchend in die Fluth die weißen Flügel.
Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand
War ſammetgrün die Wieſe aufgegangen;
Der Frühling zog prophetiſch über Land,
Die Lerchen jauchzten und die Knoſpen ſprangen. —
Entfeſſelt iſt die urgewaltge Kraft,
Die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen,
Und Alles treibt, und Alles webt und ſchafft,
Des Lebens vollſte Pulſe hör' ich klopfen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0092" n="82"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">O&#x017F;tern.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>s war daheim auf un&#x017F;rem Meeresdeich;</l><lb/>
              <l>Ich ließ den Blick am Horizonte gleiten,</l><lb/>
              <l>Zu mir herüber &#x017F;choll verheißungsreich</l><lb/>
              <l>Mit vollem Klang das O&#x017F;terglockenläuten.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Wie brennend Silber funkelte das Meer,</l><lb/>
              <l>Die In&#x017F;eln &#x017F;chwammen auf dem hohen Spiegel,</l><lb/>
              <l>Die Möven &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en blendend hin und her,</l><lb/>
              <l>Eintauchend in die Fluth die weißen Flügel.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand</l><lb/>
              <l>War &#x017F;ammetgrün die Wie&#x017F;e aufgegangen;</l><lb/>
              <l>Der Frühling zog propheti&#x017F;ch über Land,</l><lb/>
              <l>Die Lerchen jauchzten und die Kno&#x017F;pen &#x017F;prangen. &#x2014;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Entfe&#x017F;&#x017F;elt i&#x017F;t die urgewaltge Kraft,</l><lb/>
              <l>Die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen,</l><lb/>
              <l>Und Alles treibt, und Alles webt und &#x017F;chafft,</l><lb/>
              <l>Des Lebens voll&#x017F;te Pul&#x017F;e hör' ich klopfen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0092] Oſtern. Es war daheim auf unſrem Meeresdeich; Ich ließ den Blick am Horizonte gleiten, Zu mir herüber ſcholl verheißungsreich Mit vollem Klang das Oſterglockenläuten. Wie brennend Silber funkelte das Meer, Die Inſeln ſchwammen auf dem hohen Spiegel, Die Möven ſchoſſen blendend hin und her, Eintauchend in die Fluth die weißen Flügel. Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand War ſammetgrün die Wieſe aufgegangen; Der Frühling zog prophetiſch über Land, Die Lerchen jauchzten und die Knoſpen ſprangen. — Entfeſſelt iſt die urgewaltge Kraft, Die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen, Und Alles treibt, und Alles webt und ſchafft, Des Lebens vollſte Pulſe hör' ich klopfen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/92
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/92>, abgerufen am 23.11.2024.