Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.So steht sie jetzt im hohen Norden An unsres Meeres dunkeln Borden, So schreibt sie fingernd in den Dunst; Und quellend aus den luftgen Spuren Erstehn in dämmernden Conturen Die Bilder ihrer argen Kunst. Doch hebt sich nicht wie dort im Süden Auf rosigen Karyatiden Ein Wundermärchenschloß in's Blau; Nur eines Haubergs graues Bildniß Schwimmt einsam in der Nebelwildniß, Und keinen lockt der Hexenbau. Bald wechselt sie die dunkle Küste Mit Libyens sonnengelber Wüste Und mit der Tropenwälder Duft; Dann bläs't sie lachend durch die Hände, Dann schwankt das Haus, und Fach und Wände Verrinnen quirlend in die Luft. 6
So ſteht ſie jetzt im hohen Norden An unſres Meeres dunkeln Borden, So ſchreibt ſie fingernd in den Dunſt; Und quellend aus den luftgen Spuren Erſtehn in dämmernden Conturen Die Bilder ihrer argen Kunſt. Doch hebt ſich nicht wie dort im Süden Auf roſigen Karyatiden Ein Wundermärchenſchloß in's Blau; Nur eines Haubergs graues Bildniß Schwimmt einſam in der Nebelwildniß, Und keinen lockt der Hexenbau. Bald wechſelt ſie die dunkle Küſte Mit Libyens ſonnengelber Wüſte Und mit der Tropenwälder Duft; Dann bläſ't ſie lachend durch die Hände, Dann ſchwankt das Haus, und Fach und Wände Verrinnen quirlend in die Luft. 6
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So ſteht ſie jetzt im hohen Norden
An unſres Meeres dunkeln Borden,
So ſchreibt ſie fingernd in den Dunſt;
Und quellend aus den luftgen Spuren
Erſtehn in dämmernden Conturen
Die Bilder ihrer argen Kunſt.
Doch hebt ſich nicht wie dort im Süden
Auf roſigen Karyatiden
Ein Wundermärchenſchloß in's Blau;
Nur eines Haubergs graues Bildniß
Schwimmt einſam in der Nebelwildniß,
Und keinen lockt der Hexenbau.
Bald wechſelt ſie die dunkle Küſte
Mit Libyens ſonnengelber Wüſte
Und mit der Tropenwälder Duft;
Dann bläſ't ſie lachend durch die Hände,
Dann ſchwankt das Haus, und Fach und Wände
Verrinnen quirlend in die Luft.
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