Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn bei den Schultern und sah mit blitzenden Augen in die seinen: "Da Du es ehrlich meinst, so hör mich, Gaspard!" Er schrie es, daß es in dem weiten Raume von den Wänden hallte: "Und wenn auch in den Tod, ich muß! Dies Kind hat mir die Seele ausgetrunken!"

"Ruf mir den Junker!" fuhr er nach einer Weile sort. "Er soll mein schwarz Gewand mir bringen; das ziemet mir bei dieser Hochzeit! Und auch - vergiß das nicht - mein allerschärfstes Schwert! - Ihr beide, wenn Ihr wollt, dürft mich begleiten!"

- - Um ein paar Stunden später ritten sie dahin, und schon trabten die Pferde in dem Sandweg und im Schutz des dunklen Waldes. Ein leichter Wind hatte sich aufgemacht, und Wolken zogen über den Mond; über ihnen rauschte es in den Wipfeln. Rolf Lembeck, der voranritt, hatte auf dem Weg kein Wort verloren; als sie der Burg sich nahten, drückte er die linke Faust auf seine Brust, als müsse er dem Blute wehren, sie zu sprengen. Auch Gaspard hatte genug an Sorg' und Neubegier und ließ die Zunge ruhen; nur Junker Gehrt stieß mitunter seiner Stute die Sporen in die Weichen, daß sie wild emporstieg; er mußte

ihn bei den Schultern und sah mit blitzenden Augen in die seinen: „Da Du es ehrlich meinst, so hör mich, Gaspard!“ Er schrie es, daß es in dem weiten Raume von den Wänden hallte: „Und wenn auch in den Tod, ich muß! Dies Kind hat mir die Seele ausgetrunken!“

„Ruf mir den Junker!“ fuhr er nach einer Weile sort. „Er soll mein schwarz Gewand mir bringen; das ziemet mir bei dieser Hochzeit! Und auch – vergiß das nicht – mein allerschärfstes Schwert! – Ihr beide, wenn Ihr wollt, dürft mich begleiten!“

– – Um ein paar Stunden später ritten sie dahin, und schon trabten die Pferde in dem Sandweg und im Schutz des dunklen Waldes. Ein leichter Wind hatte sich aufgemacht, und Wolken zogen über den Mond; über ihnen rauschte es in den Wipfeln. Rolf Lembeck, der voranritt, hatte auf dem Weg kein Wort verloren; als sie der Burg sich nahten, drückte er die linke Faust auf seine Brust, als müsse er dem Blute wehren, sie zu sprengen. Auch Gaspard hatte genug an Sorg’ und Neubegier und ließ die Zunge ruhen; nur Junker Gehrt stieß mitunter seiner Stute die Sporen in die Weichen, daß sie wild emporstieg; er mußte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="212"/>
ihn bei den Schultern und sah mit blitzenden Augen in die seinen: &#x201E;Da Du es ehrlich meinst, so hör mich, Gaspard!&#x201C; Er schrie es, daß es in dem weiten Raume von den Wänden hallte: &#x201E;Und wenn auch in den Tod, ich <hi rendition="#g">muß</hi>! Dies Kind hat mir die Seele ausgetrunken!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ruf mir den Junker!&#x201C; fuhr er nach einer Weile sort. &#x201E;Er soll mein schwarz Gewand mir bringen; das ziemet mir bei dieser Hochzeit! Und auch &#x2013; vergiß das nicht &#x2013; mein allerschärfstes Schwert! &#x2013; Ihr beide, wenn Ihr wollt, dürft mich begleiten!&#x201C;</p>
        <p>&#x2013; &#x2013; Um ein paar Stunden später ritten sie dahin, und schon trabten die Pferde in dem Sandweg und im Schutz des dunklen Waldes. Ein leichter Wind hatte sich aufgemacht, und Wolken zogen über den Mond; über ihnen rauschte es in den Wipfeln. Rolf Lembeck, der voranritt, hatte auf dem Weg kein Wort verloren; als sie der Burg sich nahten, drückte er die linke Faust auf seine Brust, als müsse er dem Blute wehren, sie zu sprengen. Auch Gaspard hatte genug an Sorg&#x2019; und Neubegier und ließ die Zunge ruhen; nur Junker Gehrt stieß mitunter seiner Stute die Sporen in die Weichen, daß sie wild emporstieg; er mußte
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0216] ihn bei den Schultern und sah mit blitzenden Augen in die seinen: „Da Du es ehrlich meinst, so hör mich, Gaspard!“ Er schrie es, daß es in dem weiten Raume von den Wänden hallte: „Und wenn auch in den Tod, ich muß! Dies Kind hat mir die Seele ausgetrunken!“ „Ruf mir den Junker!“ fuhr er nach einer Weile sort. „Er soll mein schwarz Gewand mir bringen; das ziemet mir bei dieser Hochzeit! Und auch – vergiß das nicht – mein allerschärfstes Schwert! – Ihr beide, wenn Ihr wollt, dürft mich begleiten!“ – – Um ein paar Stunden später ritten sie dahin, und schon trabten die Pferde in dem Sandweg und im Schutz des dunklen Waldes. Ein leichter Wind hatte sich aufgemacht, und Wolken zogen über den Mond; über ihnen rauschte es in den Wipfeln. Rolf Lembeck, der voranritt, hatte auf dem Weg kein Wort verloren; als sie der Burg sich nahten, drückte er die linke Faust auf seine Brust, als müsse er dem Blute wehren, sie zu sprengen. Auch Gaspard hatte genug an Sorg’ und Neubegier und ließ die Zunge ruhen; nur Junker Gehrt stieß mitunter seiner Stute die Sporen in die Weichen, daß sie wild emporstieg; er mußte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/216
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/216>, abgerufen am 24.11.2024.