Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

ging; es brannten viele Kerzen dort, sonst war es leer; nur mitten aus den Fliesen schlief ein großer Hund.

Aber der Hausherr führte sie die Wendelstiege zum oberen Stock hinan. Da sprach Rolf Lembeck im Emporsteigen: "Es ist der Hof voll Menschen, Herr; was ist es doch so todtenstille hier?"

Der Schloßhauptmann aber warf das Haupt zurück: "Mein Kind hat viel gelitten," sprach er; "es bedarf der Ruhe."

Sie waren in eine große Halle eingetreten, an deren einer Seite sich viele Thüren, im Grunde ein geschlossenes Doppelthor befand; vor diesem war ein niedriger Aufbau, mit weißem Sammettuch behangen; an beiden Seiten der Halle standen Männer und Frauen, alle in feierlicher Ruhe und in schwarzen Gewändern; nur an dem Doppelthor stand ein Priester in weißem Meßkleid.

Dem jungen Ritter, da er sich umsah, ward der Athem schwer. "Herr Schloßhauptmann," sprach er wieder, "wollet mir sagen: ich sah noch nimmer eine Hochzeit mit so dunklen Gästen!"

Der aber erwiderte: "Seit dreien Tagen hat mein Kind sich Schwarz zur Leibfarb' angenommen; es ist wohl seltsam; doch es ist mein letztes - so

ging; es brannten viele Kerzen dort, sonst war es leer; nur mitten aus den Fliesen schlief ein großer Hund.

Aber der Hausherr führte sie die Wendelstiege zum oberen Stock hinan. Da sprach Rolf Lembeck im Emporsteigen: „Es ist der Hof voll Menschen, Herr; was ist es doch so todtenstille hier?“

Der Schloßhauptmann aber warf das Haupt zurück: „Mein Kind hat viel gelitten,“ sprach er; „es bedarf der Ruhe.“

Sie waren in eine große Halle eingetreten, an deren einer Seite sich viele Thüren, im Grunde ein geschlossenes Doppelthor befand; vor diesem war ein niedriger Aufbau, mit weißem Sammettuch behangen; an beiden Seiten der Halle standen Männer und Frauen, alle in feierlicher Ruhe und in schwarzen Gewändern; nur an dem Doppelthor stand ein Priester in weißem Meßkleid.

Dem jungen Ritter, da er sich umsah, ward der Athem schwer. „Herr Schloßhauptmann,“ sprach er wieder, „wollet mir sagen: ich sah noch nimmer eine Hochzeit mit so dunklen Gästen!“

Der aber erwiderte: „Seit dreien Tagen hat mein Kind sich Schwarz zur Leibfarb’ angenommen; es ist wohl seltsam; doch es ist mein letztes – so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0219" n="215"/>
ging; es brannten viele Kerzen dort, sonst war es leer; nur mitten aus den Fliesen schlief ein großer Hund.</p>
        <p>Aber der Hausherr führte sie die Wendelstiege zum oberen Stock hinan. Da sprach Rolf Lembeck im Emporsteigen: &#x201E;Es ist der Hof voll Menschen, Herr; was ist es doch so todtenstille hier?&#x201C;</p>
        <p>Der Schloßhauptmann aber warf das Haupt zurück: &#x201E;Mein Kind hat viel gelitten,&#x201C; sprach er; &#x201E;es bedarf der Ruhe.&#x201C;</p>
        <p>Sie waren in eine große Halle eingetreten, an deren einer Seite sich viele Thüren, im Grunde ein geschlossenes Doppelthor befand; vor diesem war ein niedriger Aufbau, mit weißem Sammettuch behangen; an beiden Seiten der Halle standen Männer und Frauen, alle in feierlicher Ruhe und in schwarzen Gewändern; nur an dem Doppelthor stand ein Priester in weißem Meßkleid.</p>
        <p>Dem jungen Ritter, da er sich umsah, ward der Athem schwer. &#x201E;Herr Schloßhauptmann,&#x201C; sprach er wieder, &#x201E;wollet mir sagen: ich sah noch nimmer eine Hochzeit mit so dunklen Gästen!&#x201C;</p>
        <p>Der aber erwiderte: &#x201E;Seit dreien Tagen hat mein Kind sich Schwarz zur Leibfarb&#x2019; angenommen; es ist wohl seltsam; doch es ist mein letztes &#x2013; so
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0219] ging; es brannten viele Kerzen dort, sonst war es leer; nur mitten aus den Fliesen schlief ein großer Hund. Aber der Hausherr führte sie die Wendelstiege zum oberen Stock hinan. Da sprach Rolf Lembeck im Emporsteigen: „Es ist der Hof voll Menschen, Herr; was ist es doch so todtenstille hier?“ Der Schloßhauptmann aber warf das Haupt zurück: „Mein Kind hat viel gelitten,“ sprach er; „es bedarf der Ruhe.“ Sie waren in eine große Halle eingetreten, an deren einer Seite sich viele Thüren, im Grunde ein geschlossenes Doppelthor befand; vor diesem war ein niedriger Aufbau, mit weißem Sammettuch behangen; an beiden Seiten der Halle standen Männer und Frauen, alle in feierlicher Ruhe und in schwarzen Gewändern; nur an dem Doppelthor stand ein Priester in weißem Meßkleid. Dem jungen Ritter, da er sich umsah, ward der Athem schwer. „Herr Schloßhauptmann,“ sprach er wieder, „wollet mir sagen: ich sah noch nimmer eine Hochzeit mit so dunklen Gästen!“ Der aber erwiderte: „Seit dreien Tagen hat mein Kind sich Schwarz zur Leibfarb’ angenommen; es ist wohl seltsam; doch es ist mein letztes – so

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/219
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/219>, abgerufen am 21.11.2024.