Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.John Riew' zog jetzt die Gläser an sich und begann den heißen Trank für uns zu mischen; als er aber die Flasche aufgezogen hatte, spürte ich an dem Duft, daß es Madeira oder Xeres sei, welchen er hineingoß. "Ei was, Capitän," sagte ich; "Sie trinken ja wie ich! Hat der Jamaica Sie jetzt verlassen?" "Ich trinke ihn nicht mehr," erwiderte er ernst; "doch wenn's Ihnen lieber, es wird noch eine alte Flasche da sein." "Ich danke, es ist mir so eben recht. Aber Sie? Vertragen Sie ihn nicht mehr? Sie sehen doch aus, als hätten Sie zeitlebens zusammenhalten müssen!" "Es wär' auch sonst wohl so gewesen; aber - seit der Junge da geboren, haben wir uns geschieden. Doch - Sie schwiegen vorhin; jetzt ist frei Wasser; wonach wollten Sie denn fragen?" "Nun, Capitän; zunächst freilich nach dem Jungen! Waren Sie inzwischen verheirathet? Sind Sie Wittwer? Ist der Junge Ihr eigen, oder wo haben Sie ihn aufgelesen? Und wie kommen Sie dazu, sich hier auf dem völlig trockenen Lande anzubauen?" "Holla!" rief er dazwischen, "nun ist's genug für einmal!. Aber Sie erlebten mit mir den Anfang, so mögen Sie auch das Ende wissen!" John Riew’ zog jetzt die Gläser an sich und begann den heißen Trank für uns zu mischen; als er aber die Flasche aufgezogen hatte, spürte ich an dem Duft, daß es Madeira oder Xeres sei, welchen er hineingoß. „Ei was, Capitän,“ sagte ich; „Sie trinken ja wie ich! Hat der Jamaica Sie jetzt verlassen?“ „Ich trinke ihn nicht mehr,“ erwiderte er ernst; „doch wenn’s Ihnen lieber, es wird noch eine alte Flasche da sein.“ „Ich danke, es ist mir so eben recht. Aber Sie? Vertragen Sie ihn nicht mehr? Sie sehen doch aus, als hätten Sie zeitlebens zusammenhalten müssen!“ „Es wär’ auch sonst wohl so gewesen; aber – seit der Junge da geboren, haben wir uns geschieden. Doch – Sie schwiegen vorhin; jetzt ist frei Wasser; wonach wollten Sie denn fragen?“ „Nun, Capitän; zunächst freilich nach dem Jungen! Waren Sie inzwischen verheirathet? Sind Sie Wittwer? Ist der Junge Ihr eigen, oder wo haben Sie ihn aufgelesen? Und wie kommen Sie dazu, sich hier auf dem völlig trockenen Lande anzubauen?“ „Holla!“ rief er dazwischen, „nun ist’s genug für einmal!. Aber Sie erlebten mit mir den Anfang, so mögen Sie auch das Ende wissen!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0027" n="23"/> <p>John Riew’ zog jetzt die Gläser an sich und begann den heißen Trank für uns zu mischen; als er aber die Flasche aufgezogen hatte, spürte ich an dem Duft, daß es Madeira oder Xeres sei, welchen er hineingoß. „Ei was, Capitän,“ sagte ich; „Sie trinken ja wie ich! Hat der Jamaica Sie jetzt verlassen?“</p> <p>„Ich trinke ihn nicht mehr,“ erwiderte er ernst; „doch wenn’s Ihnen lieber, es wird noch eine alte Flasche da sein.“</p> <p>„Ich danke, es ist mir so eben recht. Aber Sie? Vertragen Sie ihn nicht mehr? Sie sehen doch aus, als hätten Sie zeitlebens zusammenhalten müssen!“</p> <p>„Es wär’ auch sonst wohl so gewesen; aber – seit der Junge da geboren, haben wir uns geschieden. Doch – Sie schwiegen vorhin; jetzt ist frei Wasser; wonach wollten Sie denn fragen?“</p> <p>„Nun, Capitän; zunächst freilich nach dem Jungen! Waren Sie inzwischen verheirathet? Sind Sie Wittwer? Ist der Junge Ihr eigen, oder wo haben Sie ihn aufgelesen? Und wie kommen Sie dazu, sich hier auf dem völlig trockenen Lande anzubauen?“</p> <p>„Holla!“ rief er dazwischen, „nun ist’s genug für einmal!. Aber Sie erlebten mit mir den Anfang, so mögen Sie auch das Ende wissen!“</p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0027]
John Riew’ zog jetzt die Gläser an sich und begann den heißen Trank für uns zu mischen; als er aber die Flasche aufgezogen hatte, spürte ich an dem Duft, daß es Madeira oder Xeres sei, welchen er hineingoß. „Ei was, Capitän,“ sagte ich; „Sie trinken ja wie ich! Hat der Jamaica Sie jetzt verlassen?“
„Ich trinke ihn nicht mehr,“ erwiderte er ernst; „doch wenn’s Ihnen lieber, es wird noch eine alte Flasche da sein.“
„Ich danke, es ist mir so eben recht. Aber Sie? Vertragen Sie ihn nicht mehr? Sie sehen doch aus, als hätten Sie zeitlebens zusammenhalten müssen!“
„Es wär’ auch sonst wohl so gewesen; aber – seit der Junge da geboren, haben wir uns geschieden. Doch – Sie schwiegen vorhin; jetzt ist frei Wasser; wonach wollten Sie denn fragen?“
„Nun, Capitän; zunächst freilich nach dem Jungen! Waren Sie inzwischen verheirathet? Sind Sie Wittwer? Ist der Junge Ihr eigen, oder wo haben Sie ihn aufgelesen? Und wie kommen Sie dazu, sich hier auf dem völlig trockenen Lande anzubauen?“
„Holla!“ rief er dazwischen, „nun ist’s genug für einmal!. Aber Sie erlebten mit mir den Anfang, so mögen Sie auch das Ende wissen!“
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