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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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Onkel Riewe, Herr Baron!" sagte sie. "Er wohnt bei uns im Hause."

"So?" erwiderte er gleichgültig und streckte das Kinn vor; und ich hörte ordentlich, wie das kleine Wort zu Boden fiel. "Sehr angenehm."

"Lüg' du und der Teufel!" dachte ich; aber ich nickte ihm zu und sagte höflich: "Dito, mein Herr; gleichfalls!"

Und damit war unsere Unterhaltung zu Ende. Und da ich nun meinen Hut auf meinen Stock hing, und diesen neben mir an die Wand stellte, so mochte er zu der Meinung kommen, ich sei so leicht nicht zu verjagen; wenigstens glitt er bald vom Ladentisch herunter: "Madame!" sagte er, und mit einem langen Blick auf die Anna: "Mein Fräulein! Sie gestatten mir wohl, zu gelegenerer Zeit wieder vorzusprechen!" Dann, ohne mich auch nur anzusehen, war er bei mir vorbei und zur Thür hinaus, und die Alte mit: "Sehr angenehm!" und: "Allzeit willkommen, Herr Baron!" hinter ihm her. Anna hatte nur eine stumme Verbeugung gemacht; aber es war gut, daß ihre Augen fest saßen in ihrem heißen Angesicht.

Als die Alte wieder eintrat, waren wir drei denn nun allein beisammen. "Hmm," sagte ich endlich,

Onkel Riewe, Herr Baron!“ sagte sie. „Er wohnt bei uns im Hause.“

„So?“ erwiderte er gleichgültig und streckte das Kinn vor; und ich hörte ordentlich, wie das kleine Wort zu Boden fiel. „Sehr angenehm.“

„Lüg’ du und der Teufel!“ dachte ich; aber ich nickte ihm zu und sagte höflich: „Dito, mein Herr; gleichfalls!“

Und damit war unsere Unterhaltung zu Ende. Und da ich nun meinen Hut auf meinen Stock hing, und diesen neben mir an die Wand stellte, so mochte er zu der Meinung kommen, ich sei so leicht nicht zu verjagen; wenigstens glitt er bald vom Ladentisch herunter: „Madame!“ sagte er, und mit einem langen Blick auf die Anna: „Mein Fräulein! Sie gestatten mir wohl, zu gelegenerer Zeit wieder vorzusprechen!“ Dann, ohne mich auch nur anzusehen, war er bei mir vorbei und zur Thür hinaus, und die Alte mit: „Sehr angenehm!“ und: „Allzeit willkommen, Herr Baron!“ hinter ihm her. Anna hatte nur eine stumme Verbeugung gemacht; aber es war gut, daß ihre Augen fest saßen in ihrem heißen Angesicht.

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[61/0065] Onkel Riewe, Herr Baron!“ sagte sie. „Er wohnt bei uns im Hause.“ „So?“ erwiderte er gleichgültig und streckte das Kinn vor; und ich hörte ordentlich, wie das kleine Wort zu Boden fiel. „Sehr angenehm.“ „Lüg’ du und der Teufel!“ dachte ich; aber ich nickte ihm zu und sagte höflich: „Dito, mein Herr; gleichfalls!“ Und damit war unsere Unterhaltung zu Ende. Und da ich nun meinen Hut auf meinen Stock hing, und diesen neben mir an die Wand stellte, so mochte er zu der Meinung kommen, ich sei so leicht nicht zu verjagen; wenigstens glitt er bald vom Ladentisch herunter: „Madame!“ sagte er, und mit einem langen Blick auf die Anna: „Mein Fräulein! Sie gestatten mir wohl, zu gelegenerer Zeit wieder vorzusprechen!“ Dann, ohne mich auch nur anzusehen, war er bei mir vorbei und zur Thür hinaus, und die Alte mit: „Sehr angenehm!“ und: „Allzeit willkommen, Herr Baron!“ hinter ihm her. Anna hatte nur eine stumme Verbeugung gemacht; aber es war gut, daß ihre Augen fest saßen in ihrem heißen Angesicht. Als die Alte wieder eintrat, waren wir drei denn nun allein beisammen. „Hmm,“ sagte ich endlich,

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Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/65>, abgerufen am 21.11.2024.