Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.längst zur Ruhe gestelltes Spinnrad und ein sehr Die Scheuer lag etwas tiefer an der Werfte; "Was will Sie denn mit Jeverssand?" frug -- "Ach was, Jeverssand!" brummte die Alte. längſt zur Ruhe geſtelltes Spinnrad und ein ſehr Die Scheuer lag etwas tiefer an der Werfte; „Was will Sie denn mit Jeversſand?” frug — „Ach was, Jeversſand!” brummte die Alte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0182" n="170"/> längſt zur Ruhe geſtelltes Spinnrad und ein ſehr<lb/> ſauberes Gardinenbett, vor dem ein ungefüger,<lb/> mit dem weißen Fell des weiland Angorakaters<lb/> überzogener Schemel ſtand. Aber auch was Lebiges<lb/> hatte ſie noch um ſich gehabt und mit hieher ge-<lb/> bracht: das war die Möve Claus, die ſich ſchon<lb/> jahrelang zu ihr gehalten hatte und von ihr gefüttert<lb/> worden war; freilich, wenn es Winter wurde, flog<lb/> ſie mit den anderen Möven ſüdwärts und kam erſt<lb/> wieder, wenn am Strand der Wermuth duftete.</p><lb/> <p>Die Scheuer lag etwas tiefer an der Werfte;<lb/> die Alte konnte von ihrem Fenſter aus nicht über<lb/> den Deich auf die See hinausblicken. „Du haſt<lb/> mich hier als wie gefangen, Deichgraf!” murrte<lb/> ſie eines Tages, als Hauke zu ihr eintrat, und<lb/> wies mit ihrem verkrümmten Finger nach den<lb/> Fennen hinaus, die ſich dort unten breiteten.<lb/> „Wo iſt denn Jeversſand? Da über den rothen<lb/> oder über den ſchwarzen Ochſen hinaus?”</p><lb/> <p>„Was will Sie denn mit Jeversſand?” frug<lb/> Hauke.</p><lb/> <p>— „Ach was, Jeversſand!” brummte die Alte.<lb/> „Aber ich will doch ſehen, wo mein Jung mir<lb/> derzeit iſt zu Gott gegangen!”</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [170/0182]
längſt zur Ruhe geſtelltes Spinnrad und ein ſehr
ſauberes Gardinenbett, vor dem ein ungefüger,
mit dem weißen Fell des weiland Angorakaters
überzogener Schemel ſtand. Aber auch was Lebiges
hatte ſie noch um ſich gehabt und mit hieher ge-
bracht: das war die Möve Claus, die ſich ſchon
jahrelang zu ihr gehalten hatte und von ihr gefüttert
worden war; freilich, wenn es Winter wurde, flog
ſie mit den anderen Möven ſüdwärts und kam erſt
wieder, wenn am Strand der Wermuth duftete.
Die Scheuer lag etwas tiefer an der Werfte;
die Alte konnte von ihrem Fenſter aus nicht über
den Deich auf die See hinausblicken. „Du haſt
mich hier als wie gefangen, Deichgraf!” murrte
ſie eines Tages, als Hauke zu ihr eintrat, und
wies mit ihrem verkrümmten Finger nach den
Fennen hinaus, die ſich dort unten breiteten.
„Wo iſt denn Jeversſand? Da über den rothen
oder über den ſchwarzen Ochſen hinaus?”
„Was will Sie denn mit Jeversſand?” frug
Hauke.
— „Ach was, Jeversſand!” brummte die Alte.
„Aber ich will doch ſehen, wo mein Jung mir
derzeit iſt zu Gott gegangen!”
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