Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.-- "Wenn Sie das sehen will," entgegnete "Ja," sagte die Alte; "ja, wenn ich Deine Dergleichen blieb lange der Dank für die Aber das Kind kam schweigend näher und sah "Bist Du das Deichgrafskind?" frug sie Wienke richtete stumm ihre Augen auf das — „Wenn Sie das ſehen will,” entgegnete „Ja,” ſagte die Alte; „ja, wenn ich Deine Dergleichen blieb lange der Dank für die Aber das Kind kam ſchweigend näher und ſah „Biſt Du das Deichgrafskind?” frug ſie Wienke richtete ſtumm ihre Augen auf das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0183" n="171"/> <p>— „Wenn Sie das ſehen will,” entgegnete<lb/> Hauke, „ſo muß Sie ſich oben unter den Eſchen-<lb/> baum ſetzen, da ſieht Sie das ganze Haf!”</p><lb/> <p>„Ja,” ſagte die Alte; „ja, wenn ich Deine<lb/> jungen Beine hätte, Deichgraf!”</p><lb/> <p>Dergleichen blieb lange der Dank für die<lb/> Hülfe, die ihr die Deichgrafsleute angedeihen ließen;<lb/> dann aber wurde es auf einmal anders. Der kleine<lb/> Kindskopf Wienke's guckte eines Morgens durch<lb/> die halbgeöffnete Thür zu ihr herein. „Na,” rief<lb/> die Alte, welche mit den Händen in einander auf<lb/> ihrem Holzſtuhl ſaß, „was haſt Du denn zu<lb/> beſtellen?”</p><lb/> <p>Aber das Kind kam ſchweigend näher und ſah<lb/> ſie mit ihren gleichgültigen Augen unabläſſig an.</p><lb/> <p>„Biſt Du das Deichgrafskind?” frug ſie<lb/> Trien' Jans, und da das Kind wie nickend das<lb/> Köpfchen ſenkte, fuhr ſie fort: „So ſetz' Dich hier<lb/> auf meinen Schemel! Ein Angorakater iſt's ge-<lb/> weſen — ſo groß! Aber Dein Vater hat ihn<lb/> todtgeſchlagen. Wenn er noch lebig wäre, ſo<lb/> könnt'ſt Du auf ihm reiten.”</p><lb/> <p>Wienke richtete ſtumm ihre Augen auf das<lb/> weiße Fell; dann kniete ſie nieder und begann es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0183]
— „Wenn Sie das ſehen will,” entgegnete
Hauke, „ſo muß Sie ſich oben unter den Eſchen-
baum ſetzen, da ſieht Sie das ganze Haf!”
„Ja,” ſagte die Alte; „ja, wenn ich Deine
jungen Beine hätte, Deichgraf!”
Dergleichen blieb lange der Dank für die
Hülfe, die ihr die Deichgrafsleute angedeihen ließen;
dann aber wurde es auf einmal anders. Der kleine
Kindskopf Wienke's guckte eines Morgens durch
die halbgeöffnete Thür zu ihr herein. „Na,” rief
die Alte, welche mit den Händen in einander auf
ihrem Holzſtuhl ſaß, „was haſt Du denn zu
beſtellen?”
Aber das Kind kam ſchweigend näher und ſah
ſie mit ihren gleichgültigen Augen unabläſſig an.
„Biſt Du das Deichgrafskind?” frug ſie
Trien' Jans, und da das Kind wie nickend das
Köpfchen ſenkte, fuhr ſie fort: „So ſetz' Dich hier
auf meinen Schemel! Ein Angorakater iſt's ge-
weſen — ſo groß! Aber Dein Vater hat ihn
todtgeſchlagen. Wenn er noch lebig wäre, ſo
könnt'ſt Du auf ihm reiten.”
Wienke richtete ſtumm ihre Augen auf das
weiße Fell; dann kniete ſie nieder und begann es
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