"Ich halt' sie schon; und heut' haben wir warme Luft und lustig Wasser; da kann sie's tanzen sehen."
Und Elke lief ins Haus und holte noch ein Tüchlein und ein Käppchen für ihr Kind. "Aber es gibt ein Wetter," sagte sie; "macht, daß Ihr fortkommt, und seid bald wieder hier!"
Hauke lachte: "Das soll uns nicht zu fassen kriegen!" und hob das Kind zu sich auf den Sattel. Frau Elke blieb noch eine Weile auf der Werfte, und sah, mit der Hand ihre Augen beschattend, die Beiden auf den Weg und nach dem Deich hinübertraben; Trien' Jans saß auf dem Stein und murmelte Unverständliches mit ihren welken Lippen.
Das Kind lag regungslos im Arm des Vaters; es war, als athme es beklommen unter dem Druck der Gewitterluft; er neigte den Kopf zu ihr: "Nun, Wienke?" frug er.
Das Kind sah ihn eine Weile an: "Vater," sagte es, "Du kannst das doch! Kannst Du nicht Alles?"
"Was soll ich können, Wienke?"
Aber sie schwieg; sie schien die eigene Frage nicht verstanden zu haben.
„Ich halt' ſie ſchon; und heut' haben wir warme Luft und luſtig Waſſer; da kann ſie's tanzen ſehen.”
Und Elke lief ins Haus und holte noch ein Tüchlein und ein Käppchen für ihr Kind. „Aber es gibt ein Wetter,” ſagte ſie; „macht, daß Ihr fortkommt, und ſeid bald wieder hier!”
Hauke lachte: „Das ſoll uns nicht zu faſſen kriegen!” und hob das Kind zu ſich auf den Sattel. Frau Elke blieb noch eine Weile auf der Werfte, und ſah, mit der Hand ihre Augen beſchattend, die Beiden auf den Weg und nach dem Deich hinübertraben; Trien' Jans ſaß auf dem Stein und murmelte Unverſtändliches mit ihren welken Lippen.
Das Kind lag regungslos im Arm des Vaters; es war, als athme es beklommen unter dem Druck der Gewitterluft; er neigte den Kopf zu ihr: „Nun, Wienke?” frug er.
Das Kind ſah ihn eine Weile an: „Vater,” ſagte es, „Du kannſt das doch! Kannſt Du nicht Alles?”
„Was ſoll ich können, Wienke?”
Aber ſie ſchwieg; ſie ſchien die eigene Frage nicht verſtanden zu haben.
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„Ich halt' ſie ſchon; und heut' haben wir
warme Luft und luſtig Waſſer; da kann ſie's
tanzen ſehen.”
Und Elke lief ins Haus und holte noch ein
Tüchlein und ein Käppchen für ihr Kind. „Aber
es gibt ein Wetter,” ſagte ſie; „macht, daß Ihr
fortkommt, und ſeid bald wieder hier!”
Hauke lachte: „Das ſoll uns nicht zu faſſen
kriegen!” und hob das Kind zu ſich auf den Sattel.
Frau Elke blieb noch eine Weile auf der Werfte,
und ſah, mit der Hand ihre Augen beſchattend,
die Beiden auf den Weg und nach dem Deich
hinübertraben; Trien' Jans ſaß auf dem Stein und
murmelte Unverſtändliches mit ihren welken Lippen.
Das Kind lag regungslos im Arm des Vaters;
es war, als athme es beklommen unter dem Druck
der Gewitterluft; er neigte den Kopf zu ihr:
„Nun, Wienke?” frug er.
Das Kind ſah ihn eine Weile an: „Vater,”
ſagte es, „Du kannſt das doch! Kannſt Du nicht
Alles?”
„Was ſoll ich können, Wienke?”
Aber ſie ſchwieg; ſie ſchien die eigene Frage
nicht verſtanden zu haben.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin), April/Mai 1888. Erste Buchausgabe Berlin: Paetel 1888, diese wurde für das DTA zur Digitalisierung herangezogen.
Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/187>, abgerufen am 16.02.2025.
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