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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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Vater und Großvater es gewesen sind, und wegen
seiner neunundzwanzig Fennen. Wenn Martini
herankommt und hernach die Deich- und Siel-
rechnungen abgethan werden müssen, dann füttert
er den Schulmeister mit Gansbraten und Meth
und Weizenkringeln und sitzt dabei und nickt, wenn
der mit seiner Feder die Zahlenreihen hinunter-
läuft, und sagt: "Ja, ja, Schulmeister, Gott ver-
gönn's ihm! Was kann er rechnen!" Wenn aber
einmal der Schulmeister nicht kann oder auch
nicht will, dann muß er selber dran und sitzt
und schreibt und streicht wieder aus, und der
große dumme Kopf wird ihm roth und heiß, und
die Augen quellen wie Glaskugeln, als wollte das
bischen Verstand da hinaus."

Der Junge stand gerade auf vor dem Vater
und wunderte sich, was der reden könne; so hatte
er's noch nicht von ihm gehört. "Ja, Gott
tröst'!" sagte er, "dumm ist er wohl; aber seine
Tochter Elke, die kann rechnen!"

Der Alte sah ihn scharf an. "Ahoi, Hauke",
rief er; "was weißt Du von Elke Volkerts?"

-- "Nichts, Vater; der Schulmeister hat's
mir nur erzählt."

Theodor Storm, Der Schimmelreiter. 3

Vater und Großvater es geweſen ſind, und wegen
ſeiner neunundzwanzig Fennen. Wenn Martini
herankommt und hernach die Deich- und Siel-
rechnungen abgethan werden müſſen, dann füttert
er den Schulmeiſter mit Gansbraten und Meth
und Weizenkringeln und ſitzt dabei und nickt, wenn
der mit ſeiner Feder die Zahlenreihen hinunter-
läuft, und ſagt: „Ja, ja, Schulmeiſter, Gott ver-
gönn's ihm! Was kann er rechnen!” Wenn aber
einmal der Schulmeiſter nicht kann oder auch
nicht will, dann muß er ſelber dran und ſitzt
und ſchreibt und ſtreicht wieder aus, und der
große dumme Kopf wird ihm roth und heiß, und
die Augen quellen wie Glaskugeln, als wollte das
bischen Verſtand da hinaus.”

Der Junge ſtand gerade auf vor dem Vater
und wunderte ſich, was der reden könne; ſo hatte
er's noch nicht von ihm gehört. „Ja, Gott
tröſt'!” ſagte er, „dumm iſt er wohl; aber ſeine
Tochter Elke, die kann rechnen!”

Der Alte ſah ihn ſcharf an. „Ahoi, Hauke”,
rief er; „was weißt Du von Elke Volkerts?”

— „Nichts, Vater; der Schulmeiſter hat's
mir nur erzählt.”

Theodor Storm, Der Schimmelreiter. 3
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[33/0045] Vater und Großvater es geweſen ſind, und wegen ſeiner neunundzwanzig Fennen. Wenn Martini herankommt und hernach die Deich- und Siel- rechnungen abgethan werden müſſen, dann füttert er den Schulmeiſter mit Gansbraten und Meth und Weizenkringeln und ſitzt dabei und nickt, wenn der mit ſeiner Feder die Zahlenreihen hinunter- läuft, und ſagt: „Ja, ja, Schulmeiſter, Gott ver- gönn's ihm! Was kann er rechnen!” Wenn aber einmal der Schulmeiſter nicht kann oder auch nicht will, dann muß er ſelber dran und ſitzt und ſchreibt und ſtreicht wieder aus, und der große dumme Kopf wird ihm roth und heiß, und die Augen quellen wie Glaskugeln, als wollte das bischen Verſtand da hinaus.” Der Junge ſtand gerade auf vor dem Vater und wunderte ſich, was der reden könne; ſo hatte er's noch nicht von ihm gehört. „Ja, Gott tröſt'!” ſagte er, „dumm iſt er wohl; aber ſeine Tochter Elke, die kann rechnen!” Der Alte ſah ihn ſcharf an. „Ahoi, Hauke”, rief er; „was weißt Du von Elke Volkerts?” — „Nichts, Vater; der Schulmeiſter hat's mir nur erzählt.” Theodor Storm, Der Schimmelreiter. 3

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/45>, abgerufen am 21.11.2024.