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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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contract sich auszubedingen, die Abends vorher
von seinem Sohne nicht bedacht waren. So sollte
dieser außer seinen leinenen Hemden im Herbst
auch noch acht Paar wollene Strümpfe als Zu-
gabe seines Lohnes genießen; so wollte er selbst
ihn im Frühling acht Tage bei der eigenen Arbeit
haben, und was dergleichen mehr war. Aber der
Deichgraf war zu Allem willig; Hauke Haien
schien ihm eben der rechte Kleinknecht.

-- -- "Nun, Gott tröst' Dich, Junge," sagte
der Alte, da sie eben das Haus verlassen hatten,
"wenn der Dir die Welt klar machen soll!"

Aber Hauke erwiderte ruhig: "Laß Er nur,
Vater; es wird schon Alles werden."


Und Hauke hatte so Unrecht nicht gehabt;
die Welt, oder was ihm die Welt bedeutete, wurde
ihm klarer, je länger sein Aufenthalt in diesem
Hause dauerte; vielleicht um so mehr, je weniger
ihm eine überlegene Einsicht zu Hülfe kam, und je
mehr er auf seine eigene Kraft angewiesen war,
mit der er sich von jeher beholfen hatte. Einer
freilich war im Hause, für den er nicht der Rechte
zu sein schien; das war der Großknecht Ole Peters,

contract ſich auszubedingen, die Abends vorher
von ſeinem Sohne nicht bedacht waren. So ſollte
dieſer außer ſeinen leinenen Hemden im Herbſt
auch noch acht Paar wollene Strümpfe als Zu-
gabe ſeines Lohnes genießen; ſo wollte er ſelbſt
ihn im Frühling acht Tage bei der eigenen Arbeit
haben, und was dergleichen mehr war. Aber der
Deichgraf war zu Allem willig; Hauke Haien
ſchien ihm eben der rechte Kleinknecht.

— — „Nun, Gott tröſt' Dich, Junge,” ſagte
der Alte, da ſie eben das Haus verlaſſen hatten,
„wenn der Dir die Welt klar machen ſoll!”

Aber Hauke erwiderte ruhig: „Laß Er nur,
Vater; es wird ſchon Alles werden.”


Und Hauke hatte ſo Unrecht nicht gehabt;
die Welt, oder was ihm die Welt bedeutete, wurde
ihm klarer, je länger ſein Aufenthalt in dieſem
Hauſe dauerte; vielleicht um ſo mehr, je weniger
ihm eine überlegene Einſicht zu Hülfe kam, und je
mehr er auf ſeine eigene Kraft angewieſen war,
mit der er ſich von jeher beholfen hatte. Einer
freilich war im Hauſe, für den er nicht der Rechte
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[41/0053] contract ſich auszubedingen, die Abends vorher von ſeinem Sohne nicht bedacht waren. So ſollte dieſer außer ſeinen leinenen Hemden im Herbſt auch noch acht Paar wollene Strümpfe als Zu- gabe ſeines Lohnes genießen; ſo wollte er ſelbſt ihn im Frühling acht Tage bei der eigenen Arbeit haben, und was dergleichen mehr war. Aber der Deichgraf war zu Allem willig; Hauke Haien ſchien ihm eben der rechte Kleinknecht. — — „Nun, Gott tröſt' Dich, Junge,” ſagte der Alte, da ſie eben das Haus verlaſſen hatten, „wenn der Dir die Welt klar machen ſoll!” Aber Hauke erwiderte ruhig: „Laß Er nur, Vater; es wird ſchon Alles werden.” Und Hauke hatte ſo Unrecht nicht gehabt; die Welt, oder was ihm die Welt bedeutete, wurde ihm klarer, je länger ſein Aufenthalt in dieſem Hauſe dauerte; vielleicht um ſo mehr, je weniger ihm eine überlegene Einſicht zu Hülfe kam, und je mehr er auf ſeine eigene Kraft angewieſen war, mit der er ſich von jeher beholfen hatte. Einer freilich war im Hauſe, für den er nicht der Rechte zu ſein ſchien; das war der Großknecht Ole Peters,

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/53>, abgerufen am 24.11.2024.