Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

warst ein Schwärmer, Richard! Weißt du noch, als wir Studenten auf der Dornburg tanzten? Du hattest derzeit die Braut zu Hause; du wolltest nicht tanzen; du saßest in der Ecke bei dem langen Wassermann, der wegen seiner großen Stiefeln nicht tanzen konnte, und trankest nur Wein, sehr viel Wein, Richard! Du wolltest die seligen Tänze nicht entweihen, die du daheim mit ihr getanzt hattest!"

Der Andere war ein wenig still geworden, während der Bürgermeister in plötzlicher Unruhe seine goldene Uhr aus dem Abgrund seiner Tasche zog. "Sag' mir, Liebster," begann er wieder, "du schenkst mir doch den heutigen Tag?"

"Ich muß am Nachmittag noch weiter."

"Immer noch der alte Meister Unruh?"

"Verzeih, die Extrapost ist schon bestellt! Ihr habt hier einige Meilen nördlich zwischen Haidesumpf und Wald noch eine wenig abgesuchte Flora!"

"Aha!" rief der Bürgermeister, "bei Föhrenschwarzeck, wo die verrückten Junker wohnen, die weder einen Baum fällen, noch ein Stück Haide aufbrechen wollen!"

Der Gast nickte. "So sagte man mir. Es soll

warst ein Schwärmer, Richard! Weißt du noch, als wir Studenten auf der Dornburg tanzten? Du hattest derzeit die Braut zu Hause; du wolltest nicht tanzen; du saßest in der Ecke bei dem langen Wassermann, der wegen seiner großen Stiefeln nicht tanzen konnte, und trankest nur Wein, sehr viel Wein, Richard! Du wolltest die seligen Tänze nicht entweihen, die du daheim mit ihr getanzt hattest!“

Der Andere war ein wenig still geworden, während der Bürgermeister in plötzlicher Unruhe seine goldene Uhr aus dem Abgrund seiner Tasche zog. „Sag’ mir, Liebster,“ begann er wieder, „du schenkst mir doch den heutigen Tag?“

„Ich muß am Nachmittag noch weiter.“

„Immer noch der alte Meister Unruh?“

„Verzeih, die Extrapost ist schon bestellt! Ihr habt hier einige Meilen nördlich zwischen Haidesumpf und Wald noch eine wenig abgesuchte Flora!“

„Aha!“ rief der Bürgermeister, „bei Föhrenschwarzeck, wo die verrückten Junker wohnen, die weder einen Baum fällen, noch ein Stück Haide aufbrechen wollen!“

Der Gast nickte. „So sagte man mir. Es soll

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="6"/>
warst ein Schwärmer, Richard! Weißt du noch, als wir Studenten auf der Dornburg tanzten? Du hattest derzeit die Braut zu Hause; du wolltest nicht tanzen; du saßest in der Ecke bei dem langen Wassermann, der wegen seiner großen Stiefeln nicht tanzen konnte, und trankest nur Wein, sehr viel Wein, Richard! Du wolltest die seligen Tänze nicht entweihen, die du daheim mit <hi rendition="#g">ihr</hi> getanzt hattest!&#x201C;</p>
        <p>Der Andere war ein wenig still geworden, während der Bürgermeister in plötzlicher Unruhe seine goldene Uhr aus dem Abgrund seiner Tasche zog. &#x201E;Sag&#x2019; mir, Liebster,&#x201C; begann er wieder, &#x201E;du schenkst mir doch den heutigen Tag?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ich muß am Nachmittag noch weiter.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Immer noch der alte Meister Unruh?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Verzeih, die Extrapost ist schon bestellt! Ihr habt hier einige Meilen nördlich zwischen Haidesumpf und Wald noch eine wenig abgesuchte Flora!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Aha!&#x201C; rief der Bürgermeister, &#x201E;bei Föhrenschwarzeck, wo die verrückten Junker wohnen, die weder einen Baum fällen, noch ein Stück Haide aufbrechen wollen!&#x201C;</p>
        <p>Der Gast nickte. &#x201E;So sagte man mir. Es soll
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0010] warst ein Schwärmer, Richard! Weißt du noch, als wir Studenten auf der Dornburg tanzten? Du hattest derzeit die Braut zu Hause; du wolltest nicht tanzen; du saßest in der Ecke bei dem langen Wassermann, der wegen seiner großen Stiefeln nicht tanzen konnte, und trankest nur Wein, sehr viel Wein, Richard! Du wolltest die seligen Tänze nicht entweihen, die du daheim mit ihr getanzt hattest!“ Der Andere war ein wenig still geworden, während der Bürgermeister in plötzlicher Unruhe seine goldene Uhr aus dem Abgrund seiner Tasche zog. „Sag’ mir, Liebster,“ begann er wieder, „du schenkst mir doch den heutigen Tag?“ „Ich muß am Nachmittag noch weiter.“ „Immer noch der alte Meister Unruh?“ „Verzeih, die Extrapost ist schon bestellt! Ihr habt hier einige Meilen nördlich zwischen Haidesumpf und Wald noch eine wenig abgesuchte Flora!“ „Aha!“ rief der Bürgermeister, „bei Föhrenschwarzeck, wo die verrückten Junker wohnen, die weder einen Baum fällen, noch ein Stück Haide aufbrechen wollen!“ Der Gast nickte. „So sagte man mir. Es soll

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/10
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/10>, abgerufen am 21.11.2024.