Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.desselben, "das ist natürlich nur Perrücke; aber die Augen, diese unnatürlich jungen Augen, das sind doch wohl noch die echten, alten aus unseren lustigen Tagen!" Der Gast ließ lächelnd diesen Strom des Geplauders über sich ergehen, während der Bürgermeister ihn neben sich auf's Sopha niederzog. "Und nun," fuhr der Letztere fort, "wo kommst du her, was bist du, was treibst du?" "Ich, Fritz?" erwiderte scherzend der Andere, "ich suche einen Inhalt für das noch immer leere Gefäß meines Lebens; oder vielmehr," fügte er etwas ernster hinzu, "ich suche ihn nicht, ich leide nur ein wenig an dieser Leere." Der Bürgermeister sah ihm treuherzig in die Augen. "Du, Richard?" sagte er, "der auf der Universität alle Facultäten abgeweidet hat! Will doch ein alter Camerad unter einem gewissen Anonymus sogar deine Feder in einer botanischen Zeitschrift entdeckt haben!" "Wirklich, Fritz? - Er hat nicht fehl gesehen." Der kleine dicke Mann besann sich. "Du bist noch ledig?" fragte er. "Ja? noch immer? Hm! Du desselben, „das ist natürlich nur Perrücke; aber die Augen, diese unnatürlich jungen Augen, das sind doch wohl noch die echten, alten aus unseren lustigen Tagen!“ Der Gast ließ lächelnd diesen Strom des Geplauders über sich ergehen, während der Bürgermeister ihn neben sich auf’s Sopha niederzog. „Und nun,“ fuhr der Letztere fort, „wo kommst du her, was bist du, was treibst du?“ „Ich, Fritz?“ erwiderte scherzend der Andere, „ich suche einen Inhalt für das noch immer leere Gefäß meines Lebens; oder vielmehr,“ fügte er etwas ernster hinzu, „ich suche ihn nicht, ich leide nur ein wenig an dieser Leere.“ Der Bürgermeister sah ihm treuherzig in die Augen. „Du, Richard?“ sagte er, „der auf der Universität alle Facultäten abgeweidet hat! Will doch ein alter Camerad unter einem gewissen Anonymus sogar deine Feder in einer botanischen Zeitschrift entdeckt haben!“ „Wirklich, Fritz? – Er hat nicht fehl gesehen.“ Der kleine dicke Mann besann sich. „Du bist noch ledig?“ fragte er. „Ja? noch immer? Hm! Du <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0009" n="5"/> desselben, „das ist natürlich nur Perrücke; aber die Augen, diese unnatürlich jungen Augen, das sind doch wohl noch die echten, alten aus unseren lustigen Tagen!“</p> <p>Der Gast ließ lächelnd diesen Strom des Geplauders über sich ergehen, während der Bürgermeister ihn neben sich auf’s Sopha niederzog. „Und nun,“ fuhr der Letztere fort, „wo kommst du her, was bist du, was treibst du?“</p> <p>„Ich, Fritz?“ erwiderte scherzend der Andere, „ich suche einen Inhalt für das noch immer leere Gefäß meines Lebens; oder vielmehr,“ fügte er etwas ernster hinzu, „ich suche ihn nicht, ich leide nur ein wenig an dieser Leere.“</p> <p>Der Bürgermeister sah ihm treuherzig in die Augen. „Du, Richard?“ sagte er, „der auf der Universität alle Facultäten abgeweidet hat! Will doch ein alter Camerad unter einem gewissen Anonymus sogar deine Feder in einer botanischen Zeitschrift entdeckt haben!“</p> <p>„Wirklich, Fritz? – Er hat nicht fehl gesehen.“</p> <p>Der kleine dicke Mann besann sich. „Du bist noch ledig?“ fragte er. „Ja? noch immer? Hm! Du </p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0009]
desselben, „das ist natürlich nur Perrücke; aber die Augen, diese unnatürlich jungen Augen, das sind doch wohl noch die echten, alten aus unseren lustigen Tagen!“
Der Gast ließ lächelnd diesen Strom des Geplauders über sich ergehen, während der Bürgermeister ihn neben sich auf’s Sopha niederzog. „Und nun,“ fuhr der Letztere fort, „wo kommst du her, was bist du, was treibst du?“
„Ich, Fritz?“ erwiderte scherzend der Andere, „ich suche einen Inhalt für das noch immer leere Gefäß meines Lebens; oder vielmehr,“ fügte er etwas ernster hinzu, „ich suche ihn nicht, ich leide nur ein wenig an dieser Leere.“
Der Bürgermeister sah ihm treuherzig in die Augen. „Du, Richard?“ sagte er, „der auf der Universität alle Facultäten abgeweidet hat! Will doch ein alter Camerad unter einem gewissen Anonymus sogar deine Feder in einer botanischen Zeitschrift entdeckt haben!“
„Wirklich, Fritz? – Er hat nicht fehl gesehen.“
Der kleine dicke Mann besann sich. „Du bist noch ledig?“ fragte er. „Ja? noch immer? Hm! Du
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler). Quelle der Scans: Wikimedia Commons. Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |