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Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

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schon wieder in den leichten Stiefeln, die sie stets im Hause zu tragen pflegte.

"Du bist blaß," sagte Richard; "es ist zu weit für dich gewesen."

"O, nicht zu weit."

"Aber du bist ermüdet, komm'!" Und er drückte sie in den großen Polsterstuhl, der dicht am Fenster stand.

Sie ließ sich das gefallen und legte den Kopf zurück an die eine Seitenlehne; die schmächtige Gestalt verschwand fast in dem breiten Sessel.

"Wie jung du bist!" sagte er.

"Ich? - Ja, ziemlich jung."

Sie hatte ihr Füßchen vorgestreckt, und er sah wie verzaubert darauf hinab. "Und was für eine Wilde du bist," sagte er; "da geht schon wieder quer über den Spann ein Riß!" Er hatte sich gebückt und ließ seine Finger über die wunde Stelle gleiten. "Wie viel Paar solcher Dinger verbrauchst du denn im Jahr, Prinzeßchen?"

Aber sie legte nur ihren kleinen Fuß in seine Hand, löste ihre schwere Haarflechte, die sie drückte, so daß

schon wieder in den leichten Stiefeln, die sie stets im Hause zu tragen pflegte.

„Du bist blaß,“ sagte Richard; „es ist zu weit für dich gewesen.“

„O, nicht zu weit.“

„Aber du bist ermüdet, komm'!“ Und er drückte sie in den großen Polsterstuhl, der dicht am Fenster stand.

Sie ließ sich das gefallen und legte den Kopf zurück an die eine Seitenlehne; die schmächtige Gestalt verschwand fast in dem breiten Sessel.

„Wie jung du bist!“ sagte er.

„Ich? – Ja, ziemlich jung.“

Sie hatte ihr Füßchen vorgestreckt, und er sah wie verzaubert darauf hinab. „Und was für eine Wilde du bist,“ sagte er; „da geht schon wieder quer über den Spann ein Riß!“ Er hatte sich gebückt und ließ seine Finger über die wunde Stelle gleiten. „Wie viel Paar solcher Dinger verbrauchst du denn im Jahr, Prinzeßchen?“

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[67/0071] schon wieder in den leichten Stiefeln, die sie stets im Hause zu tragen pflegte. „Du bist blaß,“ sagte Richard; „es ist zu weit für dich gewesen.“ „O, nicht zu weit.“ „Aber du bist ermüdet, komm'!“ Und er drückte sie in den großen Polsterstuhl, der dicht am Fenster stand. Sie ließ sich das gefallen und legte den Kopf zurück an die eine Seitenlehne; die schmächtige Gestalt verschwand fast in dem breiten Sessel. „Wie jung du bist!“ sagte er. „Ich? – Ja, ziemlich jung.“ Sie hatte ihr Füßchen vorgestreckt, und er sah wie verzaubert darauf hinab. „Und was für eine Wilde du bist,“ sagte er; „da geht schon wieder quer über den Spann ein Riß!“ Er hatte sich gebückt und ließ seine Finger über die wunde Stelle gleiten. „Wie viel Paar solcher Dinger verbrauchst du denn im Jahr, Prinzeßchen?“ Aber sie legte nur ihren kleinen Fuß in seine Hand, löste ihre schwere Haarflechte, die sie drückte, so daß

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/71>, abgerufen am 27.11.2024.