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Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

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Sie hatte indessen eine Schnur von ihrem Halse genommen, woran sie eine kleine goldene Kapsel mit den Haaren einer früh verdorbenen Schwester auf der Brust trug, und war eben im Begriff, daneben auch den Schlüssel zu befestigen; aber ihre geschäftigen Hände wurden zurückgehalten.

"Nein, nein, Franzi," sagte er. "Was beginnst du!" - Er hatte das Mädchen zu sich herangezogen und küßte sie mit Leidenschaft. "Leg ihn fort, weit fort! zu deinen anderen Dingen. Was denkst du denn! Soll ich den Cassenschlüssel an deinem Herzen finden?"

Sie wurde roth. "Was du auch gleich nur für Gedanken hast," sagte sie und steckte den Schlüssel in die Tasche.



Es war in der ersten Hälfte des August. Schwül waren die Tage, trübselig in der Mauser saßen die Vögel im Walde; nur einzelne prüften schon das neue Federkleid zum weiten Abschiedsfluge; aber desto schöner waren die Nächte mit ihrer erquickenden Kühle;

Sie hatte indessen eine Schnur von ihrem Halse genommen, woran sie eine kleine goldene Kapsel mit den Haaren einer früh verdorbenen Schwester auf der Brust trug, und war eben im Begriff, daneben auch den Schlüssel zu befestigen; aber ihre geschäftigen Hände wurden zurückgehalten.

„Nein, nein, Franzi,“ sagte er. „Was beginnst du!“ – Er hatte das Mädchen zu sich herangezogen und küßte sie mit Leidenschaft. „Leg ihn fort, weit fort! zu deinen anderen Dingen. Was denkst du denn! Soll ich den Cassenschlüssel an deinem Herzen finden?“

Sie wurde roth. „Was du auch gleich nur für Gedanken hast,“ sagte sie und steckte den Schlüssel in die Tasche.



Es war in der ersten Hälfte des August. Schwül waren die Tage, trübselig in der Mauser saßen die Vögel im Walde; nur einzelne prüften schon das neue Federkleid zum weiten Abschiedsfluge; aber desto schöner waren die Nächte mit ihrer erquickenden Kühle;

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[74/0078] Sie hatte indessen eine Schnur von ihrem Halse genommen, woran sie eine kleine goldene Kapsel mit den Haaren einer früh verdorbenen Schwester auf der Brust trug, und war eben im Begriff, daneben auch den Schlüssel zu befestigen; aber ihre geschäftigen Hände wurden zurückgehalten. „Nein, nein, Franzi,“ sagte er. „Was beginnst du!“ – Er hatte das Mädchen zu sich herangezogen und küßte sie mit Leidenschaft. „Leg ihn fort, weit fort! zu deinen anderen Dingen. Was denkst du denn! Soll ich den Cassenschlüssel an deinem Herzen finden?“ Sie wurde roth. „Was du auch gleich nur für Gedanken hast,“ sagte sie und steckte den Schlüssel in die Tasche. Es war in der ersten Hälfte des August. Schwül waren die Tage, trübselig in der Mauser saßen die Vögel im Walde; nur einzelne prüften schon das neue Federkleid zum weiten Abschiedsfluge; aber desto schöner waren die Nächte mit ihrer erquickenden Kühle;

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Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/78>, abgerufen am 26.11.2024.