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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Zweites Kapitel. §. 16.
erste Absaz sich ergab, 14 Glieder vorfand: so scheint er
gewünscht zu haben, auch die übrigen Abtheilungen die-
ser ersten gleichzählig zu finden; es boten sich aber von
selbst noch zwei dar, indem in die ganze noch übrige Reihe
das babylonische Exil als Scheidepunkt eintrat. Da nun
jenem Wunsche die zweite Reihe in der Art nicht ent-
sprach, dass die Stammtafel der Davididen bis zum Exil
vier Glieder über 14 darbot: so liess er vier Namen weg
(warum gerade diese, möchte schwer zu entscheiden
sein 13)); umgekehrt, für den dritten Abschnitt enthielt
entweder seine Quelle einen Mann zu wenig und er suchte
sich dadurch zu helfen, -- oder er wurde dadurch verlei-
tet, selbst einen zu wenig aufzuführen, dass sich der nach
der Erwähnung des Exils noch einmal genannte Jechonia
auch zur dritten Reihe zählen liess.

Warum dem Verfertiger dieser Genealogie so viel an
der dreimal gleichen Zahl lag, davon könnte zwar der
Grund, wie Einige annehmen, ein lediglich mnemonischer
gewesen sein, leichterer Behaltbarkeit wegen die Genealo-
gieen nach orientalischer Sitte in gleiche Abschnitte zu thei-
len 14); doch möchte sich wohl mit diesem zugleich ein
mystischer Grund verbunden haben. Es fragt sich, ob die-
ser in der bestimmten Zahl, welche sich dreimal wieder-
holt, oder überhaupt nur darin, dass dieselbe Zahl drei-

sie nicht zu überschreiten, wohlbekannte Glieder ausgemerzt
haben. -- Ebendamit widerlegt sich auch die Ansicht, welche
vor den Lücken bei Joram und Josias (V. 8. und 11.) das
egennese nicht im engern wörtlichen, sondern nur im wei-
teren Sinn von: e posteris ejus erat, genommen wissen will,
als hätte der Genealogist die weggelassenen Glieder nicht
ausschliessen, vielmehr hinzugedacht wissen wollen (Kuinöl
z. d. St.); unmöglich hätte er dann so zusammenzählen kön-
nen, wie er thut.
13) Doch vgl. Fritzsche z. d. St.
14) Fritzsche in Matth. S. 11.
Das Leben Jesu I. Band. 8

Zweites Kapitel. §. 16.
erste Absaz sich ergab, 14 Glieder vorfand: so scheint er
gewünscht zu haben, auch die übrigen Abtheilungen die-
ser ersten gleichzählig zu finden; es boten sich aber von
selbst noch zwei dar, indem in die ganze noch übrige Reihe
das babylonische Exil als Scheidepunkt eintrat. Da nun
jenem Wunsche die zweite Reihe in der Art nicht ent-
sprach, daſs die Stammtafel der Davididen bis zum Exil
vier Glieder über 14 darbot: so lieſs er vier Namen weg
(warum gerade diese, möchte schwer zu entscheiden
sein 13)); umgekehrt, für den dritten Abschnitt enthielt
entweder seine Quelle einen Mann zu wenig und er suchte
sich dadurch zu helfen, — oder er wurde dadurch verlei-
tet, selbst einen zu wenig aufzuführen, daſs sich der nach
der Erwähnung des Exils noch einmal genannte Jechonia
auch zur dritten Reihe zählen lieſs.

Warum dem Verfertiger dieser Genealogie so viel an
der dreimal gleichen Zahl lag, davon könnte zwar der
Grund, wie Einige annehmen, ein lediglich mnemonischer
gewesen sein, leichterer Behaltbarkeit wegen die Genealo-
gieen nach orientalischer Sitte in gleiche Abschnitte zu thei-
len 14); doch möchte sich wohl mit diesem zugleich ein
mystischer Grund verbunden haben. Es fragt sich, ob die-
ser in der bestimmten Zahl, welche sich dreimal wieder-
holt, oder überhaupt nur darin, daſs dieselbe Zahl drei-

sie nicht zu überschreiten, wohlbekannte Glieder ausgemerzt
haben. — Ebendamit widerlegt sich auch die Ansicht, welche
vor den Lücken bei Joram und Josias (V. 8. und 11.) das
ἐγέννησε nicht im engern wörtlichen, sondern nur im wei-
teren Sinn von: e posteris ejus erat, genommen wissen will,
als hätte der Genealogist die weggelassenen Glieder nicht
ausschliessen, vielmehr hinzugedacht wissen wollen (Kuinöl
z. d. St.); unmöglich hätte er dann so zusammenzählen kön-
nen, wie er thut.
13) Doch vgl. Fritzsche z. d. St.
14) Fritzsche in Matth. S. 11.
Das Leben Jesu I. Band. 8
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[113/0137] Zweites Kapitel. §. 16. erste Absaz sich ergab, 14 Glieder vorfand: so scheint er gewünscht zu haben, auch die übrigen Abtheilungen die- ser ersten gleichzählig zu finden; es boten sich aber von selbst noch zwei dar, indem in die ganze noch übrige Reihe das babylonische Exil als Scheidepunkt eintrat. Da nun jenem Wunsche die zweite Reihe in der Art nicht ent- sprach, daſs die Stammtafel der Davididen bis zum Exil vier Glieder über 14 darbot: so lieſs er vier Namen weg (warum gerade diese, möchte schwer zu entscheiden sein 13)); umgekehrt, für den dritten Abschnitt enthielt entweder seine Quelle einen Mann zu wenig und er suchte sich dadurch zu helfen, — oder er wurde dadurch verlei- tet, selbst einen zu wenig aufzuführen, daſs sich der nach der Erwähnung des Exils noch einmal genannte Jechonia auch zur dritten Reihe zählen lieſs. Warum dem Verfertiger dieser Genealogie so viel an der dreimal gleichen Zahl lag, davon könnte zwar der Grund, wie Einige annehmen, ein lediglich mnemonischer gewesen sein, leichterer Behaltbarkeit wegen die Genealo- gieen nach orientalischer Sitte in gleiche Abschnitte zu thei- len 14); doch möchte sich wohl mit diesem zugleich ein mystischer Grund verbunden haben. Es fragt sich, ob die- ser in der bestimmten Zahl, welche sich dreimal wieder- holt, oder überhaupt nur darin, daſs dieselbe Zahl drei- 12) 13) Doch vgl. Fritzsche z. d. St. 14) Fritzsche in Matth. S. 11. 12) sie nicht zu überschreiten, wohlbekannte Glieder ausgemerzt haben. — Ebendamit widerlegt sich auch die Ansicht, welche vor den Lücken bei Joram und Josias (V. 8. und 11.) das ἐγέννησε nicht im engern wörtlichen, sondern nur im wei- teren Sinn von: e posteris ejus erat, genommen wissen will, als hätte der Genealogist die weggelassenen Glieder nicht ausschliessen, vielmehr hinzugedacht wissen wollen (Kuinöl z. d. St.); unmöglich hätte er dann so zusammenzählen kön- nen, wie er thut. Das Leben Jesu I. Band. 8

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/137>, abgerufen am 21.11.2024.