Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Erster Abschnitt. Und wirklich hat diese Auslegung den ersten Augenscheinder Stellen für sich, indem durch das prin e sunelthein au- tous (Matth. 1, 18.) und das epei andra ou ginosko (Luc. 1, 34.) der Antheil des Joseph und jedes Mannes überhaupt an der Erzeugung des in Frage stehenden Kindes ausge- schlossen; durch das pneuma agion aber und die dunamis upsisou zwar nicht der heilige Geist im kirchlichen Sinne, als dritte Person in der Gottheit, wohl aber nach A. T.li- chem Sprachgebrauch des rv'kha elhoiym, Gott, sofern er auf die Welt einwirkt, bezeichnet; endlich durch die Ausdrücke en gasri ekhousa ek pneumatos agiou bei Matthäus, und eper- khesthai, episkiazein, bei Lukas die göttliche Wirksamkeit deutlich genug an die Stelle der zeugenden männlichen ge- setzt wird. Erscheint diess als die Vorstellung, welche die bezeich- Die physiologischen Schwierigkeiten laufen darin 1) Conjugial. praecept. Opp. ed. Hutten, Vol. 7. S. 428. 2) Irenäus adv. haer. 1, 26: Cerinthus Jesum subjecit non ex 3) vgl. Paulus a. a. O. S. 151.
Erster Abschnitt. Und wirklich hat diese Auslegung den ersten Augenscheinder Stellen für sich, indem durch das πρὶν ἢ συνελϑεῖν αὐ- τοὺς (Matth. 1, 18.) und das ἐπεὶ ἄνδρα οὐ γινώσκω (Luc. 1, 34.) der Antheil des Joseph und jedes Mannes überhaupt an der Erzeugung des in Frage stehenden Kindes ausge- schlossen; durch das πνεῦμα ἅγιον aber und die δύναμις ὑψίςου zwar nicht der heilige Geist im kirchlichen Sinne, als dritte Person in der Gottheit, wohl aber nach A. T.li- chem Sprachgebrauch des רוּחַ אֱלהִֹים, Gott, sofern er auf die Welt einwirkt, bezeichnet; endlich durch die Ausdrücke ἐν γαςρὶ ἔχουσα ἐκ πνεύματος ἁγίου bei Matthäus, und ἐπέρ- χεσϑαι, ἐπισκιάζειν, bei Lukas die göttliche Wirksamkeit deutlich genug an die Stelle der zeugenden männlichen ge- setzt wird. Erscheint dieſs als die Vorstellung, welche die bezeich- Die physiologischen Schwierigkeiten laufen darin 1) Conjugial. praecept. Opp. ed. Hutten, Vol. 7. S. 428. 2) Irenäus adv. haer. 1, 26: Cerinthus Jesum subjecit non ex 3) vgl. Paulus a. a. O. S. 151.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0176" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erster Abschnitt</hi>.</fw><lb/> Und wirklich hat diese Auslegung den ersten Augenschein<lb/> der Stellen für sich, indem durch das <foreign xml:lang="ell">πρὶν ἢ συνελϑεῖν αὐ-<lb/> τοὺς</foreign> (Matth. 1, 18.) und das <foreign xml:lang="ell">ἐπεὶ ἄνδρα οὐ γινώσκω</foreign> (Luc. 1,<lb/> 34.) der Antheil des Joseph und jedes Mannes überhaupt<lb/> an der Erzeugung des in Frage stehenden Kindes ausge-<lb/> schlossen; durch das <foreign xml:lang="ell">πνεῦμα ἅγιον</foreign> aber und die <foreign xml:lang="ell">δύναμις<lb/> ὑψίςο</foreign>υ zwar nicht der heilige Geist im kirchlichen Sinne,<lb/> als dritte Person in der Gottheit, wohl aber nach A. T.li-<lb/> chem Sprachgebrauch des <foreign xml:lang="heb">רוּחַ אֱלהִֹים</foreign>, Gott, sofern er auf<lb/> die Welt einwirkt, bezeichnet; endlich durch die Ausdrücke<lb/><foreign xml:lang="ell">ἐν γαςρὶ ἔχουσα ἐκ πνεύματος ἁγίου</foreign> bei Matthäus, und <foreign xml:lang="ell">ἐπέρ-<lb/> χεσϑαι, ἐπισκιάζειν</foreign>, bei Lukas die göttliche Wirksamkeit<lb/> deutlich genug an die Stelle der zeugenden männlichen ge-<lb/> setzt wird.</p><lb/> <p>Erscheint dieſs als die Vorstellung, welche die bezeich-<lb/> neten evangelischen Abschnitte über den Ursprung des Le-<lb/> bens Jesu geben wollen: so läſst sich dieselbe doch nicht<lb/> ohne bedeutende Schwierigkeiten vollziehen. Wir können<lb/> die, so zu sagen, physico-theologischen von den exegetisch-<lb/> historischen Schwierigkeiten unterscheiden.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">physiologischen</hi> Schwierigkeiten laufen darin<lb/> zusammen, daſs eine solche Erzeugung die auffallendste<lb/> Abweichung von allem Naturgesetze wäre. Es wird ge-<lb/> wiſs bei dem Plutarchischen Dictum: <foreign xml:lang="ell">παιδίον οὐδεμία ποτὲ<lb/> γυνὴ λέγεται ποιῆσαι δίχα κοινωνίας ἀνδρὸς</foreign> <note place="foot" n="1)">Conjugial. praecept. Opp. ed. Hutten, Vol. 7. S. 428.</note> und bei dem<lb/> Cerinthischen <hi rendition="#i">impossibile</hi> <note place="foot" n="2)">Irenäus adv. haer. 1, 26: <quote xml:lang="lat">Cerinthus Jesum subjecit non ex<lb/> virgine natum, impossibile enim hoc ei visum est.</quote></note> sein Bewenden haben, indem<lb/> es physiologisch gewiſs ist, daſs das Zusammenwirken zweier<lb/> geschlechtlich verschiedenen Menschenkörper nothwendig<lb/> ist, wenn die Keime zu Organen eines neuen Menschenle-<lb/> bens sich aussondern und befruchten sollen <note place="foot" n="3)">vgl. <hi rendition="#k">Paulus</hi> a. a. O. S. 151.</note>. Nur bei den<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0176]
Erster Abschnitt.
Und wirklich hat diese Auslegung den ersten Augenschein
der Stellen für sich, indem durch das πρὶν ἢ συνελϑεῖν αὐ-
τοὺς (Matth. 1, 18.) und das ἐπεὶ ἄνδρα οὐ γινώσκω (Luc. 1,
34.) der Antheil des Joseph und jedes Mannes überhaupt
an der Erzeugung des in Frage stehenden Kindes ausge-
schlossen; durch das πνεῦμα ἅγιον aber und die δύναμις
ὑψίςου zwar nicht der heilige Geist im kirchlichen Sinne,
als dritte Person in der Gottheit, wohl aber nach A. T.li-
chem Sprachgebrauch des רוּחַ אֱלהִֹים, Gott, sofern er auf
die Welt einwirkt, bezeichnet; endlich durch die Ausdrücke
ἐν γαςρὶ ἔχουσα ἐκ πνεύματος ἁγίου bei Matthäus, und ἐπέρ-
χεσϑαι, ἐπισκιάζειν, bei Lukas die göttliche Wirksamkeit
deutlich genug an die Stelle der zeugenden männlichen ge-
setzt wird.
Erscheint dieſs als die Vorstellung, welche die bezeich-
neten evangelischen Abschnitte über den Ursprung des Le-
bens Jesu geben wollen: so läſst sich dieselbe doch nicht
ohne bedeutende Schwierigkeiten vollziehen. Wir können
die, so zu sagen, physico-theologischen von den exegetisch-
historischen Schwierigkeiten unterscheiden.
Die physiologischen Schwierigkeiten laufen darin
zusammen, daſs eine solche Erzeugung die auffallendste
Abweichung von allem Naturgesetze wäre. Es wird ge-
wiſs bei dem Plutarchischen Dictum: παιδίον οὐδεμία ποτὲ
γυνὴ λέγεται ποιῆσαι δίχα κοινωνίας ἀνδρὸς 1) und bei dem
Cerinthischen impossibile 2) sein Bewenden haben, indem
es physiologisch gewiſs ist, daſs das Zusammenwirken zweier
geschlechtlich verschiedenen Menschenkörper nothwendig
ist, wenn die Keime zu Organen eines neuen Menschenle-
bens sich aussondern und befruchten sollen 3). Nur bei den
1) Conjugial. praecept. Opp. ed. Hutten, Vol. 7. S. 428.
2) Irenäus adv. haer. 1, 26: Cerinthus Jesum subjecit non ex
virgine natum, impossibile enim hoc ei visum est.
3) vgl. Paulus a. a. O. S. 151.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |