Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Kapitel. §. 23.
biete stammenden apomnemoneumata Justins scheinen ei-
ne ähnliche Genealogie wie unser Matthäus gehabt zu ha-
ben, da Justin wie Matthäus in Bezug auf Jesum von ei-
nem genos tou Dabid kai Abraam, von einem sperma ex
Iakob, dia Iouda, kai Phares kai Iessai kai Dabid kater-
khomenon -- spricht 12), nur dass zur Zeit und in dem Kreise
Justins bereits die Ansicht von einer übernatürlichen Er-
zeugung Jesu Veranlassung gegeben hatte, die Genealogie
statt auf Joseph, vielmehr auf Maria zu beziehen.

Dass nun die späteren und durch fremdartige Elemente
inficirten Ebioniten des Epiphanius das Geschlechtsregister
nicht hatten, wird uns um so weniger irre machen kön-
nen, wenn wir die in ihrem späteren, veränderten System
liegenden Gründe zu entdecken im Stande sind, durch wel-
che sie der Genealogie des Matthäus abgeneigt wurden.
Ein Sohn Josephs und der Maria war ihnen Jesus, sowohl
nach der Angabe des Epiphanius 13), als nach der Andeu-
tung der Klementinischen Homilien 14), welche Credner
in der angeführten Abhandlung richtig als ein Werk die-
ser späteren Ebioniten nachgewiesen hat; ihre Ansicht
also von dem Verhältniss Jesu zu Joseph, von welchem
die Genealogie ausgeht, würde der Annahme derselben
nicht im Wege gestanden haben: wohl aber ihre Ansicht
von demjenigen, auf welchen sie zurückgeht, nämlich von
David. Die Ebioniten des Epiphanius und der Klementi-
nen unterscheiden bekanntlich im A. T. eine doppelte Pro-
phetie, eine männliche und eine weibliche, reine und un-
reine, von welchen jene nur Himmlisches und Wahres,
diese Irdisches und Trügliches verheisse; jene von Adam

12) Dial. c. Tryph. 100. 120. Auch hier kann ich nicht mit
Credner übereinstimmen, welcher dem Justin die Genealo-
gie abspricht (a. a. O. S. 212. 443.).
13) Haeres. 30, 14. vgl. 2.
14) Homil. 3, 17. und dazu Credner in der angef. Abh. S. 253 f.
11*

Drittes Kapitel. §. 23.
biete stammenden ἀπομνημονεύματα Justins scheinen ei-
ne ähnliche Genealogie wie unser Matthäus gehabt zu ha-
ben, da Justin wie Matthäus in Bezug auf Jesum von ei-
nem γένος τοῦ Δαβὶδ καὶ Ἀβραὰμ, von einem σπέρμα ἐξ
Ἰακὼβ, διὰ Ἰούδα, καὶ Φαρὲς καὶ Ἰεσσαἰ καὶ Δαβὶδ κατερ-
χόμενον — spricht 12), nur daſs zur Zeit und in dem Kreise
Justins bereits die Ansicht von einer übernatürlichen Er-
zeugung Jesu Veranlassung gegeben hatte, die Genealogie
statt auf Joseph, vielmehr auf Maria zu beziehen.

Daſs nun die späteren und durch fremdartige Elemente
inficirten Ebioniten des Epiphanius das Geschlechtsregister
nicht hatten, wird uns um so weniger irre machen kön-
nen, wenn wir die in ihrem späteren, veränderten System
liegenden Gründe zu entdecken im Stande sind, durch wel-
che sie der Genealogie des Matthäus abgeneigt wurden.
Ein Sohn Josephs und der Maria war ihnen Jesus, sowohl
nach der Angabe des Epiphanius 13), als nach der Andeu-
tung der Klementinischen Homilien 14), welche Credner
in der angeführten Abhandlung richtig als ein Werk die-
ser späteren Ebioniten nachgewiesen hat; ihre Ansicht
also von dem Verhältniſs Jesu zu Joseph, von welchem
die Genealogie ausgeht, würde der Annahme derselben
nicht im Wege gestanden haben: wohl aber ihre Ansicht
von demjenigen, auf welchen sie zurückgeht, nämlich von
David. Die Ebioniten des Epiphanius und der Klementi-
nen unterscheiden bekanntlich im A. T. eine doppelte Pro-
phetie, eine männliche und eine weibliche, reine und un-
reine, von welchen jene nur Himmlisches und Wahres,
diese Irdisches und Trügliches verheiſse; jene von Adam

12) Dial. c. Tryph. 100. 120. Auch hier kann ich nicht mit
Credner übereinstimmen, welcher dem Justin die Genealo-
gie abspricht (a. a. O. S. 212. 443.).
13) Haeres. 30, 14. vgl. 2.
14) Homil. 3, 17. und dazu Credner in der angef. Abh. S. 253 f.
11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0187" n="163"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Kapitel</hi>. §. 23.</fw><lb/>
biete stammenden <foreign xml:lang="ell">&#x1F00;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BC;&#x03BD;&#x03B7;&#x03BC;&#x03BF;&#x03BD;&#x03B5;&#x03CD;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B1;</foreign> Justins scheinen ei-<lb/>
ne ähnliche Genealogie wie unser Matthäus gehabt zu ha-<lb/>
ben, da Justin wie Matthäus in Bezug auf Jesum von ei-<lb/>
nem <foreign xml:lang="ell">&#x03B3;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C4;&#x03BF;&#x1FE6; &#x0394;&#x03B1;&#x03B2;&#x1F76;&#x03B4; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x1F08;&#x03B2;&#x03C1;&#x03B1;&#x1F70;&#x03BC;</foreign>, von einem <foreign xml:lang="ell">&#x03C3;&#x03C0;&#x03AD;&#x03C1;&#x03BC;&#x03B1; &#x1F10;&#x03BE;<lb/>
&#x1F38;&#x03B1;&#x03BA;&#x1F7C;&#x03B2;, &#x03B4;&#x03B9;&#x1F70; &#x1F38;&#x03BF;&#x03CD;&#x03B4;&#x03B1;, &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03A6;&#x03B1;&#x03C1;&#x1F72;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x1F38;&#x03B5;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B1;&#x1F30; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x0394;&#x03B1;&#x03B2;&#x1F76;&#x03B4; &#x03BA;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;-<lb/>
&#x03C7;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03BD;</foreign> &#x2014; spricht <note place="foot" n="12)">Dial. c. Tryph. 100. 120. Auch hier kann ich nicht mit<lb/><hi rendition="#k">Credner</hi> übereinstimmen, welcher dem Justin die Genealo-<lb/>
gie abspricht (a. a. O. S. 212. 443.).</note>, nur da&#x017F;s zur Zeit und in dem Kreise<lb/>
Justins bereits die Ansicht von einer übernatürlichen Er-<lb/>
zeugung Jesu Veranlassung gegeben hatte, die Genealogie<lb/>
statt auf Joseph, vielmehr auf Maria zu beziehen.</p><lb/>
            <p>Da&#x017F;s nun die späteren und durch fremdartige Elemente<lb/>
inficirten Ebioniten des Epiphanius das Geschlechtsregister<lb/>
nicht hatten, wird uns um so weniger irre machen kön-<lb/>
nen, wenn wir die in ihrem späteren, veränderten System<lb/>
liegenden Gründe zu entdecken im Stande sind, durch wel-<lb/>
che sie der Genealogie des Matthäus abgeneigt wurden.<lb/>
Ein Sohn Josephs und der Maria war ihnen Jesus, sowohl<lb/>
nach der Angabe des Epiphanius <note place="foot" n="13)">Haeres. 30, 14. vgl. 2.</note>, als nach der Andeu-<lb/>
tung der Klementinischen Homilien <note place="foot" n="14)">Homil. 3, 17. und dazu <hi rendition="#k">Credner</hi> in der angef. Abh. S. 253 f.</note>, welche <hi rendition="#k">Credner</hi><lb/>
in der angeführten Abhandlung richtig als ein Werk die-<lb/>
ser späteren Ebioniten nachgewiesen hat; ihre Ansicht<lb/>
also von dem Verhältni&#x017F;s Jesu zu Joseph, von welchem<lb/>
die Genealogie ausgeht, würde der Annahme derselben<lb/>
nicht im Wege gestanden haben: wohl aber ihre Ansicht<lb/>
von demjenigen, auf welchen sie zurückgeht, nämlich von<lb/>
David. Die Ebioniten des Epiphanius und der Klementi-<lb/>
nen unterscheiden bekanntlich im A. T. eine doppelte Pro-<lb/>
phetie, eine männliche und eine weibliche, reine und un-<lb/>
reine, von welchen jene nur Himmlisches und Wahres,<lb/>
diese Irdisches und Trügliches verhei&#x017F;se; jene von Adam<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0187] Drittes Kapitel. §. 23. biete stammenden ἀπομνημονεύματα Justins scheinen ei- ne ähnliche Genealogie wie unser Matthäus gehabt zu ha- ben, da Justin wie Matthäus in Bezug auf Jesum von ei- nem γένος τοῦ Δαβὶδ καὶ Ἀβραὰμ, von einem σπέρμα ἐξ Ἰακὼβ, διὰ Ἰούδα, καὶ Φαρὲς καὶ Ἰεσσαἰ καὶ Δαβὶδ κατερ- χόμενον — spricht 12), nur daſs zur Zeit und in dem Kreise Justins bereits die Ansicht von einer übernatürlichen Er- zeugung Jesu Veranlassung gegeben hatte, die Genealogie statt auf Joseph, vielmehr auf Maria zu beziehen. Daſs nun die späteren und durch fremdartige Elemente inficirten Ebioniten des Epiphanius das Geschlechtsregister nicht hatten, wird uns um so weniger irre machen kön- nen, wenn wir die in ihrem späteren, veränderten System liegenden Gründe zu entdecken im Stande sind, durch wel- che sie der Genealogie des Matthäus abgeneigt wurden. Ein Sohn Josephs und der Maria war ihnen Jesus, sowohl nach der Angabe des Epiphanius 13), als nach der Andeu- tung der Klementinischen Homilien 14), welche Credner in der angeführten Abhandlung richtig als ein Werk die- ser späteren Ebioniten nachgewiesen hat; ihre Ansicht also von dem Verhältniſs Jesu zu Joseph, von welchem die Genealogie ausgeht, würde der Annahme derselben nicht im Wege gestanden haben: wohl aber ihre Ansicht von demjenigen, auf welchen sie zurückgeht, nämlich von David. Die Ebioniten des Epiphanius und der Klementi- nen unterscheiden bekanntlich im A. T. eine doppelte Pro- phetie, eine männliche und eine weibliche, reine und un- reine, von welchen jene nur Himmlisches und Wahres, diese Irdisches und Trügliches verheiſse; jene von Adam 12) Dial. c. Tryph. 100. 120. Auch hier kann ich nicht mit Credner übereinstimmen, welcher dem Justin die Genealo- gie abspricht (a. a. O. S. 212. 443.). 13) Haeres. 30, 14. vgl. 2. 14) Homil. 3, 17. und dazu Credner in der angef. Abh. S. 253 f. 11*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/187
Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/187>, abgerufen am 21.11.2024.