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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Drittes Kapitel. §. 26.

3. Olshausen u. A.: Auch nach der Geburt Jesu, wie-
wohl nun Maria's Gatte, wollte doch Joseph keinen Ge-
brauch von seinem ehelichen Rechte machen.

4. Epiphanius, Protevangelium Jacobi u. A.: Als ab-
gelebter Greis konnte er diess auch nicht wohl mehr, sei-
ne angeblichen Kinder sind aus einer früheren Ehe, und
überhaupt bekommt Joseph die Maria nicht sowohl zur
Braut und Frau, als vielmehr blos in Obhut.

5. Protev., Chrysostomus u. A.: Nicht nur nicht durch
spätere von Joseph erzeugte Kinder, sondern auch nicht
durch die Geburt Jesu wurde die Jungfrauschaft der Ma-
ria im Mindesten verletzt.

6. Hieronymus: Nicht allein Maria, sondern auch Jo-
seph beobachtete beständige Virginität, und die angeblichen
Brüder Jesu sind nicht seine Söhne, sondern Jesu Vettern.

Auch gegen die Ansicht, dass die im N. T. vorkom-
menden adelphoi und adelphai Iesou blosse Stiefgeschwister
oder gar blosse Geschwisterkinder Jesu gewesen, muss aus
der vorgelegten Genesis dieser Meinung das schlimmste
Präjudiz entstehen, indem sie hienach, sammt der Mei-
nung, dass zwischen Joseph und Maria nie ein ehlicher
Verkehr stattgefunden, als eine blosse Erdichtung des Aber-
glaubens erscheint. In der That aber verhält es sich hie-
mit nicht so, sondern es sind rein exegetische Gründe vor-
handen, vermöge welcher auch vorurtheilsfreie Theologen
geglaubt haben, die Ansicht, dass Jesus wirkliche Brüder
gehabt, aufgeben zu müssen 21). -- Zwar, wenn wir blos
die Stellen Matth. 13, 55. Marc. 6, 3. hätten, wo die Na-

21) Vgl. über diesen Gegenstand besonders Clemen, die Brüder
Jesu, in Winer's Zeitschrift für wiss. Theol. 1, 3, S. 329 ff.;
Paulus, exeg. Handbuch 1. Bd. S. 557 ff.; Fritzsche, a. a. O.
S. 480 ff; Winer, bibl. Realwörterbuch, in den A. A.: Jesus,
Jacobus, Apostel, wo auch die weitere Literatur nachgewie-
sen ist.
Drittes Kapitel. §. 26.

3. Olshausen u. A.: Auch nach der Geburt Jesu, wie-
wohl nun Maria's Gatte, wollte doch Joseph keinen Ge-
brauch von seinem ehelichen Rechte machen.

4. Epiphanius, Protevangelium Jacobi u. A.: Als ab-
gelebter Greis konnte er dieſs auch nicht wohl mehr, sei-
ne angeblichen Kinder sind aus einer früheren Ehe, und
überhaupt bekommt Joseph die Maria nicht sowohl zur
Braut und Frau, als vielmehr blos in Obhut.

5. Protev., Chrysostomus u. A.: Nicht nur nicht durch
spätere von Joseph erzeugte Kinder, sondern auch nicht
durch die Geburt Jesu wurde die Jungfrauschaft der Ma-
ria im Mindesten verletzt.

6. Hieronymus: Nicht allein Maria, sondern auch Jo-
seph beobachtete beständige Virginität, und die angeblichen
Brüder Jesu sind nicht seine Söhne, sondern Jesu Vettern.

Auch gegen die Ansicht, daſs die im N. T. vorkom-
menden ἀδελφοὶ und ἀδελφαὶ Ἰησοῦ bloſse Stiefgeschwister
oder gar bloſse Geschwisterkinder Jesu gewesen, muſs aus
der vorgelegten Genesis dieser Meinung das schlimmste
Präjudiz entstehen, indem sie hienach, sammt der Mei-
nung, daſs zwischen Joseph und Maria nie ein ehlicher
Verkehr stattgefunden, als eine bloſse Erdichtung des Aber-
glaubens erscheint. In der That aber verhält es sich hie-
mit nicht so, sondern es sind rein exegetische Gründe vor-
handen, vermöge welcher auch vorurtheilsfreie Theologen
geglaubt haben, die Ansicht, daſs Jesus wirkliche Brüder
gehabt, aufgeben zu müssen 21). — Zwar, wenn wir blos
die Stellen Matth. 13, 55. Marc. 6, 3. hätten, wo die Na-

21) Vgl. über diesen Gegenstand besonders Clemen, die Brüder
Jesu, in Winer's Zeitschrift für wiss. Theol. 1, 3, S. 329 ff.;
Paulus, exeg. Handbuch 1. Bd. S. 557 ff.; Fritzsche, a. a. O.
S. 480 ff; Winer, bibl. Realwörterbuch, in den A. A.: Jesus,
Jacobus, Apostel, wo auch die weitere Literatur nachgewie-
sen ist.
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[185/0209] Drittes Kapitel. §. 26. 3. Olshausen u. A.: Auch nach der Geburt Jesu, wie- wohl nun Maria's Gatte, wollte doch Joseph keinen Ge- brauch von seinem ehelichen Rechte machen. 4. Epiphanius, Protevangelium Jacobi u. A.: Als ab- gelebter Greis konnte er dieſs auch nicht wohl mehr, sei- ne angeblichen Kinder sind aus einer früheren Ehe, und überhaupt bekommt Joseph die Maria nicht sowohl zur Braut und Frau, als vielmehr blos in Obhut. 5. Protev., Chrysostomus u. A.: Nicht nur nicht durch spätere von Joseph erzeugte Kinder, sondern auch nicht durch die Geburt Jesu wurde die Jungfrauschaft der Ma- ria im Mindesten verletzt. 6. Hieronymus: Nicht allein Maria, sondern auch Jo- seph beobachtete beständige Virginität, und die angeblichen Brüder Jesu sind nicht seine Söhne, sondern Jesu Vettern. Auch gegen die Ansicht, daſs die im N. T. vorkom- menden ἀδελφοὶ und ἀδελφαὶ Ἰησοῦ bloſse Stiefgeschwister oder gar bloſse Geschwisterkinder Jesu gewesen, muſs aus der vorgelegten Genesis dieser Meinung das schlimmste Präjudiz entstehen, indem sie hienach, sammt der Mei- nung, daſs zwischen Joseph und Maria nie ein ehlicher Verkehr stattgefunden, als eine bloſse Erdichtung des Aber- glaubens erscheint. In der That aber verhält es sich hie- mit nicht so, sondern es sind rein exegetische Gründe vor- handen, vermöge welcher auch vorurtheilsfreie Theologen geglaubt haben, die Ansicht, daſs Jesus wirkliche Brüder gehabt, aufgeben zu müssen 21). — Zwar, wenn wir blos die Stellen Matth. 13, 55. Marc. 6, 3. hätten, wo die Na- 21) Vgl. über diesen Gegenstand besonders Clemen, die Brüder Jesu, in Winer's Zeitschrift für wiss. Theol. 1, 3, S. 329 ff.; Paulus, exeg. Handbuch 1. Bd. S. 557 ff.; Fritzsche, a. a. O. S. 480 ff; Winer, bibl. Realwörterbuch, in den A. A.: Jesus, Jacobus, Apostel, wo auch die weitere Literatur nachgewie- sen ist.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/209>, abgerufen am 13.05.2024.