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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
welche sich ursprünglich auf etwas ganz Andres, nämlich
die Wegführung der Judäer nach Babylon, bezog, und in
welcher an etwas in ferner Zukunft Liegendes auf keine
Weise gedacht war.

Während sich nun das Jesuskind mit seinen Eltern in
Ägypten aufhält, stirbt Herodes I., und Joseph wird durch
einen, ihm im Traum erscheinenden Engel zur Rückkehr
in die Heimath eingeladen, welche Rückkehr jedoch, weil
auch Archelaus, des Herodes Nachfolger in Judäa, zu
fürchten war, durch ein zweites Traumorakel näher dahin
bestimmt wird, dass Joseph nach Nazaret in Galiläa, in
das Gebiet des milderen Herodes Antipas ziehen solle (V.
19--23.). Wir hätten somit in diesem Passus 5 ausseror-
dentliche göttliche Veranstaltungen: nämlich einen ungewöhn-
lichen Stern und 4 Traumgesichte. Schon der Stern und
das erste Traumgesicht hätten, wie oben bemerkt, nicht
nur ohne Schaden, sondern selbst mit Nutzen in Eins zu-
sammengethan werden können, so dass entweder der Stern
oder die Traumerscheinung gleich Anfangs die Magier von
Jerusalem ab nach Bethlehem gewiesen hätte, wodurch
das von Herodes verhängte Blutbad vielleicht wäre zu ver-
hüten gewesen. Ein ganz entschiedener Überfluss ist es
nun aber, dass die beiden lezten Weisungen im Traum
nicht in Eine verwandelt sind; denn was dem Joseph bei
der lezten gesagt wurde, dass er wegen des Archelaus
nicht nach Bethlehem, sondern nach Nazaret ziehen solle,
das konnte doch wohl einfacher schon bei der vorangegan-
genen hinzugesezt werden. Eine solche, bis zur Ver-
schwendung gehende Nichtachtung der lex parsimoniae
in Bezug auf das Wunderbare muss man versucht sein,
eher der menschlichen Meinung, als der göttlichen Vorse-
hung zuzuschreiben.

Den falschen Auslegungen A. T.licher Stellen in die-
sem Abschnitt sezt sofort die Bemerkung im lezten Verse
die Krone auf, durch die Ansiedlung der Eltern Jesu in

Erster Abschnitt.
welche sich ursprünglich auf etwas ganz Andres, nämlich
die Wegführung der Judäer nach Babylon, bezog, und in
welcher an etwas in ferner Zukunft Liegendes auf keine
Weise gedacht war.

Während sich nun das Jesuskind mit seinen Eltern in
Ägypten aufhält, stirbt Herodes I., und Joseph wird durch
einen, ihm im Traum erscheinenden Engel zur Rückkehr
in die Heimath eingeladen, welche Rückkehr jedoch, weil
auch Archelaus, des Herodes Nachfolger in Judäa, zu
fürchten war, durch ein zweites Traumorakel näher dahin
bestimmt wird, daſs Joseph nach Nazaret in Galiläa, in
das Gebiet des milderen Herodes Antipas ziehen solle (V.
19—23.). Wir hätten somit in diesem Passus 5 ausseror-
dentliche göttliche Veranstaltungen: nämlich einen ungewöhn-
lichen Stern und 4 Traumgesichte. Schon der Stern und
das erste Traumgesicht hätten, wie oben bemerkt, nicht
nur ohne Schaden, sondern selbst mit Nutzen in Eins zu-
sammengethan werden können, so daſs entweder der Stern
oder die Traumerscheinung gleich Anfangs die Magier von
Jerusalem ab nach Bethlehem gewiesen hätte, wodurch
das von Herodes verhängte Blutbad vielleicht wäre zu ver-
hüten gewesen. Ein ganz entschiedener Überfluſs ist es
nun aber, daſs die beiden lezten Weisungen im Traum
nicht in Eine verwandelt sind; denn was dem Joseph bei
der lezten gesagt wurde, daſs er wegen des Archelaus
nicht nach Bethlehem, sondern nach Nazaret ziehen solle,
das konnte doch wohl einfacher schon bei der vorangegan-
genen hinzugesezt werden. Eine solche, bis zur Ver-
schwendung gehende Nichtachtung der lex parsimoniae
in Bezug auf das Wunderbare muſs man versucht sein,
eher der menschlichen Meinung, als der göttlichen Vorse-
hung zuzuschreiben.

Den falschen Auslegungen A. T.licher Stellen in die-
sem Abschnitt sezt sofort die Bemerkung im lezten Verse
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[234/0258] Erster Abschnitt. welche sich ursprünglich auf etwas ganz Andres, nämlich die Wegführung der Judäer nach Babylon, bezog, und in welcher an etwas in ferner Zukunft Liegendes auf keine Weise gedacht war. Während sich nun das Jesuskind mit seinen Eltern in Ägypten aufhält, stirbt Herodes I., und Joseph wird durch einen, ihm im Traum erscheinenden Engel zur Rückkehr in die Heimath eingeladen, welche Rückkehr jedoch, weil auch Archelaus, des Herodes Nachfolger in Judäa, zu fürchten war, durch ein zweites Traumorakel näher dahin bestimmt wird, daſs Joseph nach Nazaret in Galiläa, in das Gebiet des milderen Herodes Antipas ziehen solle (V. 19—23.). Wir hätten somit in diesem Passus 5 ausseror- dentliche göttliche Veranstaltungen: nämlich einen ungewöhn- lichen Stern und 4 Traumgesichte. Schon der Stern und das erste Traumgesicht hätten, wie oben bemerkt, nicht nur ohne Schaden, sondern selbst mit Nutzen in Eins zu- sammengethan werden können, so daſs entweder der Stern oder die Traumerscheinung gleich Anfangs die Magier von Jerusalem ab nach Bethlehem gewiesen hätte, wodurch das von Herodes verhängte Blutbad vielleicht wäre zu ver- hüten gewesen. Ein ganz entschiedener Überfluſs ist es nun aber, daſs die beiden lezten Weisungen im Traum nicht in Eine verwandelt sind; denn was dem Joseph bei der lezten gesagt wurde, daſs er wegen des Archelaus nicht nach Bethlehem, sondern nach Nazaret ziehen solle, das konnte doch wohl einfacher schon bei der vorangegan- genen hinzugesezt werden. Eine solche, bis zur Ver- schwendung gehende Nichtachtung der lex parsimoniae in Bezug auf das Wunderbare muſs man versucht sein, eher der menschlichen Meinung, als der göttlichen Vorse- hung zuzuschreiben. Den falschen Auslegungen A. T.licher Stellen in die- sem Abschnitt sezt sofort die Bemerkung im lezten Verse die Krone auf, durch die Ansiedlung der Eltern Jesu in

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/258>, abgerufen am 21.11.2024.