Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Zweiter Abschnitt. Berühmtheit wegen, nicht erwähnt werde 9). Nun lässtsich zwar freilich nicht beweisen, was Süskind zur Wi- derlegung dieser Deutung verlangt, dass Josephus des jün- geren Lysanias nothwendig hätte erwähnen müssen, wenn ein solcher existirt hätte; aber doch, dass er mehr als Eine Veranlassung dazu hatte, hat Paulus genügend aufgezeigt 10). Namentlich da er noch in Bezug auf die Zeiten des ersten und zweiten Agrippa Abila als e tou Lusaniou bezeichnet, so musste er doch hiedurch daran erinnert werden, dass er des zweiten Lysanias, von welchem, als dem späteren Regenten, das Land um jene Zeit zunächst diesen Beina- men gehabt haben müsste, gar nicht erwähnt, sondern nur von dem ersten erzählt hatte. Ist demnach der zweite Ly- sanias nichts anderes als eine historische Fiktion: so ist freilich das, was man statt desselben in Vorschlag bringt 11), auch nicht weiter als eine philologische. Denn wenn vor- hergegangen war: Philippou -- tetrarkhountos tes Itouraias k. t. l., und es folgt nun: kai Lusan ou tes Abilenes tetrar- khountos: so kann diess unmöglich so verstanden werden, als hätte eben jener Philippus auch über das Abilene des Ly- sanias geherrscht. Denn in diesem Falle durfte das tetrar- khountos nicht wiederholt 12), und musste tes vor Lusaniou gestellt werden, wenn der Verfasser nicht missverstanden sein wollte. Es bleibt daher nichts übrig, als die Annah- me, der Verfasser selbst habe sich geirrt, und aus dem Umstand, dass auch in späteren Zeiten noch Abilene von dem lezten Herrscher der früheren Dynastie e Lusaniou 9) Süskind, vermischte Aufsätze, S. 15 ff. 10) a. a. O. S. 343. 11) Michaelis, Anmerk. zur Übersetzung d. St.; Paulus a. a. O. S. 342 ff. Schneckenburger, in Ullmann's und Umbreit's Stu- dien, 1833, 4. Heft, S. 1056 ff. 12) Denn auf die Auktorität eines einzigen Codex hin mit Schnek-
kenburger u. A. das zweite tetrarkhountos zu streichen, ist doch eine zu offenbare Gewaltsamkeit. Zweiter Abschnitt. Berühmtheit wegen, nicht erwähnt werde 9). Nun läſstsich zwar freilich nicht beweisen, was Süskind zur Wi- derlegung dieser Deutung verlangt, daſs Josephus des jün- geren Lysanias nothwendig hätte erwähnen müssen, wenn ein solcher existirt hätte; aber doch, daſs er mehr als Eine Veranlassung dazu hatte, hat Paulus genügend aufgezeigt 10). Namentlich da er noch in Bezug auf die Zeiten des ersten und zweiten Agrippa Abila als ἡ τοῦ Λυσανίου bezeichnet, so muſste er doch hiedurch daran erinnert werden, daſs er des zweiten Lysanias, von welchem, als dem späteren Regenten, das Land um jene Zeit zunächst diesen Beina- men gehabt haben müſste, gar nicht erwähnt, sondern nur von dem ersten erzählt hatte. Ist demnach der zweite Ly- sanias nichts anderes als eine historische Fiktion: so ist freilich das, was man statt desselben in Vorschlag bringt 11), auch nicht weiter als eine philologische. Denn wenn vor- hergegangen war: Φιλίππου — τετραρχοῦντος τῆς Ἰτουραίας κ. τ. λ., und es folgt nun: καὶ Λυσαν ου τῆς Ἀβιληνῆς τετραρ- χοῦντος: so kann dieſs unmöglich so verstanden werden, als hätte eben jener Philippus auch über das Abilene des Ly- sanias geherrscht. Denn in diesem Falle durfte das τετραρ- χοῦντος nicht wiederholt 12), und muſste τῆς vor Λυσανίου gestellt werden, wenn der Verfasser nicht miſsverstanden sein wollte. Es bleibt daher nichts übrig, als die Annah- me, der Verfasser selbst habe sich geirrt, und aus dem Umstand, daſs auch in späteren Zeiten noch Abilene von dem lezten Herrscher der früheren Dynastie ἡ Λυσανίου 9) Süskind, vermischte Aufsätze, S. 15 ff. 10) a. a. O. S. 343. 11) Michaelis, Anmerk. zur Übersetzung d. St.; Paulus a. a. O. S. 342 ff. Schneckenburger, in Ullmann's und Umbreit's Stu- dien, 1833, 4. Heft, S. 1056 ff. 12) Denn auf die Auktorität eines einzigen Codex hin mit Schnek-
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Zweiter Abschnitt.
Berühmtheit wegen, nicht erwähnt werde 9). Nun läſst
sich zwar freilich nicht beweisen, was Süskind zur Wi-
derlegung dieser Deutung verlangt, daſs Josephus des jün-
geren Lysanias nothwendig hätte erwähnen müssen, wenn
ein solcher existirt hätte; aber doch, daſs er mehr als Eine
Veranlassung dazu hatte, hat Paulus genügend aufgezeigt 10).
Namentlich da er noch in Bezug auf die Zeiten des ersten
und zweiten Agrippa Abila als ἡ τοῦ Λυσανίου bezeichnet,
so muſste er doch hiedurch daran erinnert werden, daſs
er des zweiten Lysanias, von welchem, als dem späteren
Regenten, das Land um jene Zeit zunächst diesen Beina-
men gehabt haben müſste, gar nicht erwähnt, sondern nur
von dem ersten erzählt hatte. Ist demnach der zweite Ly-
sanias nichts anderes als eine historische Fiktion: so ist
freilich das, was man statt desselben in Vorschlag bringt 11),
auch nicht weiter als eine philologische. Denn wenn vor-
hergegangen war: Φιλίππου — τετραρχοῦντος τῆς Ἰτουραίας κ.
τ. λ., und es folgt nun: καὶ Λυσαν ου τῆς Ἀβιληνῆς τετραρ-
χοῦντος: so kann dieſs unmöglich so verstanden werden, als
hätte eben jener Philippus auch über das Abilene des Ly-
sanias geherrscht. Denn in diesem Falle durfte das τετραρ-
χοῦντος nicht wiederholt 12), und muſste τῆς vor Λυσανίου
gestellt werden, wenn der Verfasser nicht miſsverstanden
sein wollte. Es bleibt daher nichts übrig, als die Annah-
me, der Verfasser selbst habe sich geirrt, und aus dem
Umstand, daſs auch in späteren Zeiten noch Abilene von
dem lezten Herrscher der früheren Dynastie ἡ Λυσανίου
9) Süskind, vermischte Aufsätze, S. 15 ff.
10) a. a. O. S. 343.
11) Michaelis, Anmerk. zur Übersetzung d. St.; Paulus a. a. O.
S. 342 ff. Schneckenburger, in Ullmann's und Umbreit's Stu-
dien, 1833, 4. Heft, S. 1056 ff.
12) Denn auf die Auktorität eines einzigen Codex hin mit Schnek-
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doch eine zu offenbare Gewaltsamkeit.
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