§. 66. Die Berufung der ersten Begleiter. Differenz zwischen den beiden ersten Evangelien und dem vierten.
Nach der übereinstimmenden Erzählung der zwei er- sten Evangelien (Matth. 4, 18--22. Marc. 1, 16--20.) hat Jesus, am galiläischen See wandelnd, zuerst die beiden Brüder Petrus und Andreas, unmittelbar darauf den Jako- bus und Johannes, von den Fischernetzen weg zu seiner Nachfolge berufen. Auch das vierte Evangelium erzählt gleich zu Anfang (1, 35--52.), wie sich die ersten Schüler an Jesum anschlossen, unter welchen auch hier Petrus und Andreas, und wahrscheinlich auch Johannes, sich befinden, indem der ungenannte Begleiter des Andreas gewöhnlich auf jenen gedeutet wird. Jakobus fehlt in dieser Erzählung; statt seiner wird noch die Berufung des Philippus und Na- thanael berichtet. Doch auch von den identischen Perso- nen sind alle näheren Umstände ihres Zusammentreffens mit Jesu verschieden erzählt. Während nach den beiden Synoptikern der Schauplaz desselben das Ufer des galiläi- schen Sees ist, kommen im vierten Evangelium Andreas, Petrus und der Ungenannte in Peräa in der Nähe des Jor- dan, Philippus und Nathanael auf dem Weg von da nach Galiläa zu Jesu. Während ferner dort je ein Brüderpaar zusammen berufen wird, treffen hier zuerst Andreas und der Ungenannte, dann Petrus, hierauf Philippus und Natha- nael mit Jesu zusammen. Hauptsächlich aber, während bei Matthäus und Markus die Brüderpaare von ihrem Fischer- geschäft hinweg unmittelbar von Jesu berufen werden,
Zweiter Abschnitt.
Fünftes Kapitel. Die Jünger Jesu.
§. 66. Die Berufung der ersten Begleiter. Differenz zwischen den beiden ersten Evangelien und dem vierten.
Nach der übereinstimmenden Erzählung der zwei er- sten Evangelien (Matth. 4, 18—22. Marc. 1, 16—20.) hat Jesus, am galiläischen See wandelnd, zuerst die beiden Brüder Petrus und Andreas, unmittelbar darauf den Jako- bus und Johannes, von den Fischernetzen weg zu seiner Nachfolge berufen. Auch das vierte Evangelium erzählt gleich zu Anfang (1, 35—52.), wie sich die ersten Schüler an Jesum anschloſsen, unter welchen auch hier Petrus und Andreas, und wahrscheinlich auch Johannes, sich befinden, indem der ungenannte Begleiter des Andreas gewöhnlich auf jenen gedeutet wird. Jakobus fehlt in dieser Erzählung; statt seiner wird noch die Berufung des Philippus und Na- thanaël berichtet. Doch auch von den identischen Perso- nen sind alle näheren Umstände ihres Zusammentreffens mit Jesu verschieden erzählt. Während nach den beiden Synoptikern der Schauplaz desselben das Ufer des galiläi- schen Sees ist, kommen im vierten Evangelium Andreas, Petrus und der Ungenannte in Peräa in der Nähe des Jor- dan, Philippus und Nathanaël auf dem Weg von da nach Galiläa zu Jesu. Während ferner dort je ein Brüderpaar zusammen berufen wird, treffen hier zuerst Andreas und der Ungenannte, dann Petrus, hierauf Philippus und Natha- naël mit Jesu zusammen. Hauptsächlich aber, während bei Matthäus und Markus die Brüderpaare von ihrem Fischer- geschäft hinweg unmittelbar von Jesu berufen werden,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0544"n="520"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zweiter Abschnitt</hi>.</fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Fünftes Kapitel</hi>.<lb/>
Die Jünger Jesu.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head>§. 66.<lb/>
Die Berufung der ersten Begleiter. Differenz zwischen den beiden<lb/>
ersten Evangelien und dem vierten.</head><lb/><p>Nach der übereinstimmenden Erzählung der zwei er-<lb/>
sten Evangelien (Matth. 4, 18—22. Marc. 1, 16—20.) hat<lb/>
Jesus, am galiläischen See wandelnd, zuerst die beiden<lb/>
Brüder Petrus und Andreas, unmittelbar darauf den Jako-<lb/>
bus und Johannes, von den Fischernetzen weg zu seiner<lb/>
Nachfolge berufen. Auch das vierte Evangelium erzählt<lb/>
gleich zu Anfang (1, 35—52.), wie sich die ersten Schüler<lb/>
an Jesum anschloſsen, unter welchen auch hier Petrus und<lb/>
Andreas, und wahrscheinlich auch Johannes, sich befinden,<lb/>
indem der ungenannte Begleiter des Andreas gewöhnlich<lb/>
auf jenen gedeutet wird. Jakobus fehlt in dieser Erzählung;<lb/>
statt seiner wird noch die Berufung des Philippus und Na-<lb/>
thanaël berichtet. Doch auch von den identischen Perso-<lb/>
nen sind alle näheren Umstände ihres Zusammentreffens<lb/>
mit Jesu verschieden erzählt. Während nach den beiden<lb/>
Synoptikern der Schauplaz desselben das Ufer des galiläi-<lb/>
schen Sees ist, kommen im vierten Evangelium Andreas,<lb/>
Petrus und der Ungenannte in Peräa in der Nähe des Jor-<lb/>
dan, Philippus und Nathanaël auf dem Weg von da nach<lb/>
Galiläa zu Jesu. Während ferner dort je ein Brüderpaar<lb/>
zusammen berufen wird, treffen hier zuerst Andreas und<lb/>
der Ungenannte, dann Petrus, hierauf Philippus und Natha-<lb/>
naël mit Jesu zusammen. Hauptsächlich aber, während bei<lb/>
Matthäus und Markus die Brüderpaare von ihrem Fischer-<lb/>
geschäft hinweg unmittelbar von Jesu berufen werden,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[520/0544]
Zweiter Abschnitt.
Fünftes Kapitel.
Die Jünger Jesu.
§. 66.
Die Berufung der ersten Begleiter. Differenz zwischen den beiden
ersten Evangelien und dem vierten.
Nach der übereinstimmenden Erzählung der zwei er-
sten Evangelien (Matth. 4, 18—22. Marc. 1, 16—20.) hat
Jesus, am galiläischen See wandelnd, zuerst die beiden
Brüder Petrus und Andreas, unmittelbar darauf den Jako-
bus und Johannes, von den Fischernetzen weg zu seiner
Nachfolge berufen. Auch das vierte Evangelium erzählt
gleich zu Anfang (1, 35—52.), wie sich die ersten Schüler
an Jesum anschloſsen, unter welchen auch hier Petrus und
Andreas, und wahrscheinlich auch Johannes, sich befinden,
indem der ungenannte Begleiter des Andreas gewöhnlich
auf jenen gedeutet wird. Jakobus fehlt in dieser Erzählung;
statt seiner wird noch die Berufung des Philippus und Na-
thanaël berichtet. Doch auch von den identischen Perso-
nen sind alle näheren Umstände ihres Zusammentreffens
mit Jesu verschieden erzählt. Während nach den beiden
Synoptikern der Schauplaz desselben das Ufer des galiläi-
schen Sees ist, kommen im vierten Evangelium Andreas,
Petrus und der Ungenannte in Peräa in der Nähe des Jor-
dan, Philippus und Nathanaël auf dem Weg von da nach
Galiläa zu Jesu. Während ferner dort je ein Brüderpaar
zusammen berufen wird, treffen hier zuerst Andreas und
der Ungenannte, dann Petrus, hierauf Philippus und Natha-
naël mit Jesu zusammen. Hauptsächlich aber, während bei
Matthäus und Markus die Brüderpaare von ihrem Fischer-
geschäft hinweg unmittelbar von Jesu berufen werden,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/544>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.