gangenes Mitglied des Apostelcollegiums, sondern nur die zulezt um Jesum gewesenen aufgezählt haben. So dass auch hier nichts übrig bleibt, als eine Abweichung der Ver- zeichnisse anzuerkennen, welche leicht daraus entstehen konnte, dass man zwar die Zwölfzahl der Apostel hatte und die ausgezeichneteren unter denselben kannte, die übrig blei- benden Stellen aber, wo bestimmte Data fehlten, nach ver- schiedenen Traditionen verschieden besezte.
Mit einem eigenthümlichen Kreise von Jüngern Jesu, welcher zwischen dem engeren der Zwölfe und dem wei- testen seiner Anhänger überhaupt in der Mitte steht, macht uns Lukas bekannt, indem er 10, 1 ff. sagt, dass Jesus aus- ser den Zwölfen noch eterous ebdomekonta ausgewählt, und sie paarweise in die Ortschaften, durch welche er auf sei- ner lezten Reise zu kommen gedachte, vorangeschickt ha- be, um die Nähe der basileia ton ouranon zu verkündigen. Da die übrigen Evangelisten von diesem Umstand schwei- gen, so hat die neueste Kritik nicht ermangelt, namentlich dem ersten, als seinsollendem Apostel, dieses Stillschwei- gen zum Vorwurf zu machen 4). Allein die hieraus gegen Matthäus erwachsene Ungunst muss sich mildern, wenn man erwägt, dass nicht nur, wie bemerkt, in keinem der übrigen Evangelien, sondern auch weder in der Apostelge- schichte noch einem apostolischen Briefe von den 70 Jün- gern eine Spur sich findet, welche schwerlich so ganz feh- len könnte, wenn ihre Sendung so erfolgreich gewesen wä- re, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Doch weniger durch ihren Erfolg als durch ihre Bedeutsamkeit soll jene Auswahl wichtig gewesen sein; wie nämlich die 12 Apo- stel durch ihre Beziehung auf die 12 Stämme Israels die Bestimmung Jesu für das jüdische Volk andeuteten: so wa- ren, sagt man, die 70, oder, wie einige Auktoritäten ha-
4)Schulz, über das Abendmahl, S. 307. Schneckenburger, über den Ursprung, S. 13 f.
Zweiter Abschnitt.
gangenes Mitglied des Apostelcollegiums, sondern nur die zulezt um Jesum gewesenen aufgezählt haben. So daſs auch hier nichts übrig bleibt, als eine Abweichung der Ver- zeichnisse anzuerkennen, welche leicht daraus entstehen konnte, daſs man zwar die Zwölfzahl der Apostel hatte und die ausgezeichneteren unter denselben kannte, die übrig blei- benden Stellen aber, wo bestimmte Data fehlten, nach ver- schiedenen Traditionen verschieden besezte.
Mit einem eigenthümlichen Kreise von Jüngern Jesu, welcher zwischen dem engeren der Zwölfe und dem wei- testen seiner Anhänger überhaupt in der Mitte steht, macht uns Lukas bekannt, indem er 10, 1 ff. sagt, daſs Jesus aus- ser den Zwölfen noch ἑτέρους ἑβδομήκοντα ausgewählt, und sie paarweise in die Ortschaften, durch welche er auf sei- ner lezten Reise zu kommen gedachte, vorangeschickt ha- be, um die Nähe der βασιλεία τῶν οὐρανῶν zu verkündigen. Da die übrigen Evangelisten von diesem Umstand schwei- gen, so hat die neueste Kritik nicht ermangelt, namentlich dem ersten, als seinsollendem Apostel, dieses Stillschwei- gen zum Vorwurf zu machen 4). Allein die hieraus gegen Matthäus erwachsene Ungunst muſs sich mildern, wenn man erwägt, daſs nicht nur, wie bemerkt, in keinem der übrigen Evangelien, sondern auch weder in der Apostelge- schichte noch einem apostolischen Briefe von den 70 Jün- gern eine Spur sich findet, welche schwerlich so ganz feh- len könnte, wenn ihre Sendung so erfolgreich gewesen wä- re, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Doch weniger durch ihren Erfolg als durch ihre Bedeutsamkeit soll jene Auswahl wichtig gewesen sein; wie nämlich die 12 Apo- stel durch ihre Beziehung auf die 12 Stämme Israëls die Bestimmung Jesu für das jüdische Volk andeuteten: so wa- ren, sagt man, die 70, oder, wie einige Auktoritäten ha-
4)Schulz, über das Abendmahl, S. 307. Schneckenburger, über den Ursprung, S. 13 f.
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Zweiter Abschnitt.
gangenes Mitglied des Apostelcollegiums, sondern nur die
zulezt um Jesum gewesenen aufgezählt haben. So daſs
auch hier nichts übrig bleibt, als eine Abweichung der Ver-
zeichnisse anzuerkennen, welche leicht daraus entstehen
konnte, daſs man zwar die Zwölfzahl der Apostel hatte und
die ausgezeichneteren unter denselben kannte, die übrig blei-
benden Stellen aber, wo bestimmte Data fehlten, nach ver-
schiedenen Traditionen verschieden besezte.
Mit einem eigenthümlichen Kreise von Jüngern Jesu,
welcher zwischen dem engeren der Zwölfe und dem wei-
testen seiner Anhänger überhaupt in der Mitte steht, macht
uns Lukas bekannt, indem er 10, 1 ff. sagt, daſs Jesus aus-
ser den Zwölfen noch ἑτέρους ἑβδομήκοντα ausgewählt, und
sie paarweise in die Ortschaften, durch welche er auf sei-
ner lezten Reise zu kommen gedachte, vorangeschickt ha-
be, um die Nähe der βασιλεία τῶν οὐρανῶν zu verkündigen.
Da die übrigen Evangelisten von diesem Umstand schwei-
gen, so hat die neueste Kritik nicht ermangelt, namentlich
dem ersten, als seinsollendem Apostel, dieses Stillschwei-
gen zum Vorwurf zu machen 4). Allein die hieraus gegen
Matthäus erwachsene Ungunst muſs sich mildern, wenn
man erwägt, daſs nicht nur, wie bemerkt, in keinem der
übrigen Evangelien, sondern auch weder in der Apostelge-
schichte noch einem apostolischen Briefe von den 70 Jün-
gern eine Spur sich findet, welche schwerlich so ganz feh-
len könnte, wenn ihre Sendung so erfolgreich gewesen wä-
re, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt. Doch weniger
durch ihren Erfolg als durch ihre Bedeutsamkeit soll jene
Auswahl wichtig gewesen sein; wie nämlich die 12 Apo-
stel durch ihre Beziehung auf die 12 Stämme Israëls die
Bestimmung Jesu für das jüdische Volk andeuteten: so wa-
ren, sagt man, die 70, oder, wie einige Auktoritäten ha-
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/590>, abgerufen am 22.11.2024.
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