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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Fünftes Kapitel. §. 71.
niss im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei-
den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie-
chisch Didumos, kommt nur im vierten Evangelium einmal
in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander-
mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor
(20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst
nur noch in seiner Berufungsgeschichte.

Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den
Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re-
de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des
Lukas Simon, welcher bei ihm o zelotes, bei Matthäus und
Markus, die ihn um eine Stelle später haben, o kananites
heisst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen
Sekte der Religionseiferer 2) Angehörigen zu bezeichnen
scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich-
nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von
welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden
kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te-
trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den
beiden andern, indem jene einen Ioudas Iakobou, diese ei-
nen Thaddaios oder nach Matthäus Lebbaios, epikletheis Thad-
daios hier haben. Mit Recht tadelt Schleiermacher die
zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur
zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen
wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht,
dass vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden
Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre-
ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so
dass nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern
den späteren Personalbestand wiedergeben 3): so ist ge-
wiss keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je-
su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge-

2) s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9.
3) Über den Lukas, S. 88 f.

Fünftes Kapitel. §. 71.
niſs im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei-
den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie-
chisch Δίδυμος, kommt nur im vierten Evangelium einmal
in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander-
mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor
(20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst
nur noch in seiner Berufungsgeschichte.

Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den
Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re-
de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des
Lukas Simon, welcher bei ihm ὁ ζηλωτὴς, bei Matthäus und
Markus, die ihn um eine Stelle später haben, ὁ κανανίτης
heiſst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen
Sekte der Religionseiferer 2) Angehörigen zu bezeichnen
scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich-
nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von
welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden
kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te-
trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den
beiden andern, indem jene einen Ἰούδας Ἰακώβου, diese ei-
nen Θαδδαῖος oder nach Matthäus Λεββαῖος, ἐπικληϑεὶς Θαδ-
δαῖος hier haben. Mit Recht tadelt Schleiermacher die
zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur
zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen
wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht,
daſs vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden
Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre-
ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so
daſs nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern
den späteren Personalbestand wiedergeben 3): so ist ge-
wiſs keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je-
su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge-

2) s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9.
3) Über den Lukas, S. 88 f.
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[565/0589] Fünftes Kapitel. §. 71. niſs im ersten Evangelium nach Bartholomäus, die der bei- den andern auch noch nach Matthäus haben. Thomas, grie- chisch Δίδυμος, kommt nur im vierten Evangelium einmal in der Rolle schwermuthsvoller Treue 11, 16.), ein ander- mal in der bekannteren des Schwerzuüberzeugenden vor (20, 24 ff.). Der nun folgende Matthäus findet sich sonst nur noch in seiner Berufungsgeschichte. Die dritte Tetras wird übereinstimmend durch den Jakobus Alphäi eröffnet, von welchem schon oben die Re- de war. Auf ihn folgt in den beiden Verzeichnissen des Lukas Simon, welcher bei ihm ὁ ζηλωτὴς, bei Matthäus und Markus, die ihn um eine Stelle später haben, ὁ κανανίτης heiſst, ein Beiname, der ihn als einen früher der jüdischen Sekte der Religionseiferer 2) Angehörigen zu bezeichnen scheint. Während nun die lezte Stelle in allen Verzeich- nissen, die ihn noch haben, mit Judas Ischariot besezt ist, von welchem erst in der Leidensgeschichte die Rede werden kann, so differiren in der Besetzung der in der dritten Te- trade noch offenen Stelle die Kataloge des Lukas von den beiden andern, indem jene einen Ἰούδας Ἰακώβου, diese ei- nen Θαδδαῖος oder nach Matthäus Λεββαῖος, ἐπικληϑεὶς Θαδ- δαῖος hier haben. Mit Recht tadelt Schleiermacher die zum Theil höchst unnatürlichen Versuche, auch hier nur zwei verschiedene Namen Einer Person nachzuweisen wenn er aber jene Differenz daraus zu erklären sucht, daſs vielleicht noch zu Lebzeiten Jesu einer von beiden Männern gestorben oder aus dem Kreise der Apostel getre- ten sei und der andre seine Stelle eingenommen habe, so daſs nun die einen Verzeichnisse den früheren, die andern den späteren Personalbestand wiedergeben 3): so ist ge- wiſs keiner unsrer Apostelkataloge aus den Lebzeiten Je- su her; nachher aber wird wohl Niemand ein früh abge- 2) s. Joseph. bell. jud. 4, 3, 9. 3) Über den Lukas, S. 88 f.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/589>, abgerufen am 21.11.2024.