mehreres weit Wesentlichere und Herzlichere zugerufen haben sollte. Wenn sich aber jener Kritiker zulezt für die Stellung des Lukas entscheidet, weil seine Erzählung vermöge der Unterscheidung der Siebenzig von den Zwöl- fen die bestimmtere sei: so ist dieser Punkt oben zum Vortheil vielmehr des Matthäus erledigt worden. -- Auch der am Schluss der Instruktionsrede bei Matthäus über denjenigen ausgesprochene Segen, der einem seiner Anhänger nur ein p[o]terion psukhrou reiche, (V. 42.) ist hier wenigstens schicklicher eingefügt, als in der endlosen Wirrniss des lezten Stücks von Marc. 9. (V. 41.), wo das verknüpfende Band am Ende nur noch das ean und os an zu bilden scheint, womit die zusammenhanglosen Sätze beginnen.
Anders stellt sich die Sache, wenn wir diejenigen Theile der Instruktionsrede betrachten, welche bei Lukas K. 12. und später stehen, und auch bei Matthäus als zwei- ter Theil derselben sich aussondern. Ausspräche näm lich, wie Matth. 10, 19 f. Luc. 12, 11, wo den Jün- gern gesagt ist, was sie thun sollen, wenn sie vor Gericht gezogen werden; wie Matth. V. 28, Luc. V. 4 f. dass sie diejenigen nicht fürchten sollen, die nur den Leib tödten können; wie Matth. V. 32 f. Luc. V. 8 f. die Warnung vor Verleugnung Jesu; auch die Rede von der durch ihn zu stiftenden allgemeinen Entzweiung (Matth. V. 34 ff. Luc. 51 ff., woran Matthäus, wie es scheint aus Veran- lassung der hiebei aufgezählten Familienglieder, den Aus- spruch Jesu knüpft, dass man an diesen nicht stärker als an ihm hängen dürfe, sein Kreuz auf sich nehmen müsse u. s. f., was er zum Theil unten, 16, 24 f. in schickliche- rem Zusammenhang wiederholt); ferner Aussprüche, wel- che sich in den Reden von der Parusie wiederholen, wie von allgemeiner Verfolgung der Jünger Jesu (V. 17 f. 22. vrgl. 24, 9. 13); das bei Lukas in der Bergrede (6, 40) eingeklemmte, und auch bei Johannes (15, 20) vorkommen-
Zweiter Abschnitt.
mehreres weit Wesentlichere und Herzlichere zugerufen haben sollte. Wenn sich aber jener Kritiker zulezt für die Stellung des Lukas entscheidet, weil seine Erzählung vermöge der Unterscheidung der Siebenzig von den Zwöl- fen die bestimmtere sei: so ist dieser Punkt oben zum Vortheil vielmehr des Matthäus erledigt worden. — Auch der am Schluſs der Instruktionsrede bei Matthäus über denjenigen ausgesprochene Segen, der einem seiner Anhänger nur ein π[ο]τήριον ψυχροῦ reiche, (V. 42.) ist hier wenigstens schicklicher eingefügt, als in der endlosen Wirrniſs des lezten Stücks von Marc. 9. (V. 41.), wo das verknüpfende Band am Ende nur noch das ἐὰν und ὃς ἂν zu bilden scheint, womit die zusammenhanglosen Sätze beginnen.
Anders stellt sich die Sache, wenn wir diejenigen Theile der Instruktionsrede betrachten, welche bei Lukas K. 12. und später stehen, und auch bei Matthäus als zwei- ter Theil derselben sich aussondern. Ausspräche näm lich, wie Matth. 10, 19 f. Luc. 12, 11, wo den Jün- gern gesagt ist, was sie thun sollen, wenn sie vor Gericht gezogen werden; wie Matth. V. 28, Luc. V. 4 f. daſs sie diejenigen nicht fürchten sollen, die nur den Leib tödten können; wie Matth. V. 32 f. Luc. V. 8 f. die Warnung vor Verleugnung Jesu; auch die Rede von der durch ihn zu stiftenden allgemeinen Entzweiung (Matth. V. 34 ff. Luc. 51 ff., woran Matthäus, wie es scheint aus Veran- lassung der hiebei aufgezählten Familienglieder, den Aus- spruch Jesu knüpft, daſs man an diesen nicht stärker als an ihm hängen dürfe, sein Kreuz auf sich nehmen müsse u. s. f., was er zum Theil unten, 16, 24 f. in schickliche- rem Zusammenhang wiederholt); ferner Aussprüche, wel- che sich in den Reden von der Parusie wiederholen, wie von allgemeiner Verfolgung der Jünger Jesu (V. 17 f. 22. vrgl. 24, 9. 13); das bei Lukas in der Bergrede (6, 40) eingeklemmte, und auch bei Johannes (15, 20) vorkommen-
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Zweiter Abschnitt.
mehreres weit Wesentlichere und Herzlichere zugerufen
haben sollte. Wenn sich aber jener Kritiker zulezt für
die Stellung des Lukas entscheidet, weil seine Erzählung
vermöge der Unterscheidung der Siebenzig von den Zwöl-
fen die bestimmtere sei: so ist dieser Punkt oben
zum Vortheil vielmehr des Matthäus erledigt worden. —
Auch der am Schluſs der Instruktionsrede bei Matthäus
über denjenigen ausgesprochene Segen, der einem seiner
Anhänger nur ein ποτήριον ψυχροῦ reiche, (V. 42.) ist hier
wenigstens schicklicher eingefügt, als in der endlosen
Wirrniſs des lezten Stücks von Marc. 9. (V. 41.), wo das
verknüpfende Band am Ende nur noch das ἐὰν und ὃς ἂν
zu bilden scheint, womit die zusammenhanglosen Sätze
beginnen.
Anders stellt sich die Sache, wenn wir diejenigen
Theile der Instruktionsrede betrachten, welche bei Lukas
K. 12. und später stehen, und auch bei Matthäus als zwei-
ter Theil derselben sich aussondern. Ausspräche näm
lich, wie Matth. 10, 19 f. Luc. 12, 11, wo den Jün-
gern gesagt ist, was sie thun sollen, wenn sie vor Gericht
gezogen werden; wie Matth. V. 28, Luc. V. 4 f. daſs sie
diejenigen nicht fürchten sollen, die nur den Leib tödten
können; wie Matth. V. 32 f. Luc. V. 8 f. die Warnung
vor Verleugnung Jesu; auch die Rede von der durch ihn
zu stiftenden allgemeinen Entzweiung (Matth. V. 34 ff.
Luc. 51 ff., woran Matthäus, wie es scheint aus Veran-
lassung der hiebei aufgezählten Familienglieder, den Aus-
spruch Jesu knüpft, daſs man an diesen nicht stärker als
an ihm hängen dürfe, sein Kreuz auf sich nehmen müsse
u. s. f., was er zum Theil unten, 16, 24 f. in schickliche-
rem Zusammenhang wiederholt); ferner Aussprüche, wel-
che sich in den Reden von der Parusie wiederholen, wie
von allgemeiner Verfolgung der Jünger Jesu (V. 17 f.
22. vrgl. 24, 9. 13); das bei Lukas in der Bergrede (6, 40)
eingeklemmte, und auch bei Johannes (15, 20) vorkommen-
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/614>, abgerufen am 24.11.2024.
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