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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Sechstes Kapitel. §. 74.
davon, dass der Freund träg und der Richter ungerecht
ist, abstrahiren, was überdiess in der Erzählung selbst
dadurch angedeutet ist, dass V. 8. gesagt wird, was der
oikonomos im Sinne dieser Welt gethan habe, sei in der
Anwendung im höheren Sinne der uioi tou photos zu ver-
stehen. Freilich, wenn man nun auch noch das o pisos
en elakhiso k. t. l. V. 10--12. in demselben Zusammen-
hang gesprochen sich denkt: gewinnt es den Schein, als
müsste der in der Parabel als Muster aufgestellte oikonomos
in irgend einem Sinne treu genannt werden können, und
wenn V. 13. von zweien Herren, Gott und dem Mammon,
die Rede wird, denen nicht zugleich gedient werden könne:
so scheint der Haushalter es mit dem rechten gehalten ha-
ben zu müssen. Daher Erklärungen, wie die Schleier-
macher
'sche, welche unter dem Herrn die Römer, unter
den Schuldnern das jüdische Volk, unter dem Haushalter
die auf Kosten von jenen gegen dieses wohlthätigen Zöll-
ner versteht, zu diesem Behuf aber auf die willkührlichste
Weise den Herrn zum gewaltthätigen Manne machen, den
Haushalter aber rechtfertigen muss 20), eine Verkehrung,
welche in Olshausen bis zum Extrem fortgegangen ist, in-
dem nun dieser den Herrn, der durch sein richterliches
Auftreten sich deutlich als Repräsentanten Gottes ankün-
digt, zum arkhon tou kosmou toutou verschlimmert, den Haus-
halter aber zum Bilde eines Menschen erhebt, der die
Güter dieser Welt zu geistigen Zwecken verwendet 21).
Allein den bezeichneten Versen auf die Deutung der Para-
bel Einfluss zu gestatten, wäre man, da diese in der
Moral V. 9. den befriedigendsten Abschluss hat, und un-
richtige Zusammenstellungen bei Lukas nicht ohne Bei-
spiel sind, nur dann veranlasst, wenn eine genaue Ver-
wandtschaft des Inhalts zu Tage läge: wovon aber nur

20) a. a. O. S. 202 ff.
21) b. Comm. 1, S. 680 ff.

Sechstes Kapitel. §. 74.
davon, daſs der Freund träg und der Richter ungerecht
ist, abstrahiren, was überdieſs in der Erzählung selbst
dadurch angedeutet ist, daſs V. 8. gesagt wird, was der
οἰκονόμος im Sinne dieser Welt gethan habe, sei in der
Anwendung im höheren Sinne der υἱοὶ τοῦ φωτὸς zu ver-
stehen. Freilich, wenn man nun auch noch das ὁ πιςὸς
ἐν ἐλαχίςῳ κ. τ. λ. V. 10—12. in demselben Zusammen-
hang gesprochen sich denkt: gewinnt es den Schein, als
müſste der in der Parabel als Muster aufgestellte οἰκονόμος
in irgend einem Sinne treu genannt werden können, und
wenn V. 13. von zweien Herren, Gott und dem Mammon,
die Rede wird, denen nicht zugleich gedient werden könne:
so scheint der Haushalter es mit dem rechten gehalten ha-
ben zu müssen. Daher Erklärungen, wie die Schleier-
macher
'sche, welche unter dem Herrn die Römer, unter
den Schuldnern das jüdische Volk, unter dem Haushalter
die auf Kosten von jenen gegen dieses wohlthätigen Zöll-
ner versteht, zu diesem Behuf aber auf die willkührlichste
Weise den Herrn zum gewaltthätigen Manne machen, den
Haushalter aber rechtfertigen muſs 20), eine Verkehrung,
welche in Olshausen bis zum Extrem fortgegangen ist, in-
dem nun dieser den Herrn, der durch sein richterliches
Auftreten sich deutlich als Repräsentanten Gottes ankün-
digt, zum ἄρχων τοῦ κόσμου τούτου verschlimmert, den Haus-
halter aber zum Bilde eines Menschen erhebt, der die
Güter dieser Welt zu geistigen Zwecken verwendet 21).
Allein den bezeichneten Versen auf die Deutung der Para-
bel Einfluſs zu gestatten, wäre man, da diese in der
Moral V. 9. den befriedigendsten Abschluſs hat, und un-
richtige Zusammenstellungen bei Lukas nicht ohne Bei-
spiel sind, nur dann veranlaſst, wenn eine genaue Ver-
wandtschaft des Inhalts zu Tage läge: wovon aber nur

20) a. a. O. S. 202 ff.
21) b. Comm. 1, S. 680 ff.
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[601/0625] Sechstes Kapitel. §. 74. davon, daſs der Freund träg und der Richter ungerecht ist, abstrahiren, was überdieſs in der Erzählung selbst dadurch angedeutet ist, daſs V. 8. gesagt wird, was der οἰκονόμος im Sinne dieser Welt gethan habe, sei in der Anwendung im höheren Sinne der υἱοὶ τοῦ φωτὸς zu ver- stehen. Freilich, wenn man nun auch noch das ὁ πιςὸς ἐν ἐλαχίςῳ κ. τ. λ. V. 10—12. in demselben Zusammen- hang gesprochen sich denkt: gewinnt es den Schein, als müſste der in der Parabel als Muster aufgestellte οἰκονόμος in irgend einem Sinne treu genannt werden können, und wenn V. 13. von zweien Herren, Gott und dem Mammon, die Rede wird, denen nicht zugleich gedient werden könne: so scheint der Haushalter es mit dem rechten gehalten ha- ben zu müssen. Daher Erklärungen, wie die Schleier- macher'sche, welche unter dem Herrn die Römer, unter den Schuldnern das jüdische Volk, unter dem Haushalter die auf Kosten von jenen gegen dieses wohlthätigen Zöll- ner versteht, zu diesem Behuf aber auf die willkührlichste Weise den Herrn zum gewaltthätigen Manne machen, den Haushalter aber rechtfertigen muſs 20), eine Verkehrung, welche in Olshausen bis zum Extrem fortgegangen ist, in- dem nun dieser den Herrn, der durch sein richterliches Auftreten sich deutlich als Repräsentanten Gottes ankün- digt, zum ἄρχων τοῦ κόσμου τούτου verschlimmert, den Haus- halter aber zum Bilde eines Menschen erhebt, der die Güter dieser Welt zu geistigen Zwecken verwendet 21). Allein den bezeichneten Versen auf die Deutung der Para- bel Einfluſs zu gestatten, wäre man, da diese in der Moral V. 9. den befriedigendsten Abschluſs hat, und un- richtige Zusammenstellungen bei Lukas nicht ohne Bei- spiel sind, nur dann veranlaſst, wenn eine genaue Ver- wandtschaft des Inhalts zu Tage läge: wovon aber nur 20) a. a. O. S. 202 ff. 21) b. Comm. 1, S. 680 ff.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/625>, abgerufen am 24.11.2024.