Zum Schlusse wenden wir uns noch zu einer Gruppe von Parabeln, aus welcher zwar einige wegen ihrer Beziehung auf Tod und Wiederkunft Christi aufzusparen wären, doch aber wegen ihres Zusammenhangs mit den übrigen, wie- wohl nur in soweit, hier mitgenommen werden müssen. Es sind die drei Gleichnisse von den rebellischen Wein- gärtnern (Matth. 21, 33 ff. parall.), von den Talenten oder Minen (Matth. 25, 14 ff. Luc. 19, 12 ff.), und dem Gast- mahl (Matth. 22, 2 ff. Luc. 14, 16 ff.). Unter diesen sind die Parabel von den Weingärtnern nach allen Relationen, die von den Talenten bei Matthäus 26) und die vom Gast- mahl bei Lukas 27) einfache Parabeln, die keine weitere Schwierigkeit machen: anders verhält es sich mit dem Gleichniss von den Minen bei Lukas und dem vom Gast- mahl bei Matthäus. Dass das erstere mit dem von den Ta- lenten bei Matthäus im Grunde dasselbe sei, ist unerach- tet der mancherlei Abweichungen unleugbar. In beiden fin- det sich die Abreise eines Herrn; das Zusammenrufen der Knechte, um ihnen ein Kapital zum Umtrieb anzuvertrauen; nach der Rückkehr des Herrn eine Rechenschaft, bei wel- cher drei Knechte hervorgehoben werden, von denen zwei thätig, der dritte aber unthätig gewesen ist, und daher dieser bestraft, jene belohnt werden, wobei besonders die Entschuldigung des Knechts und die Antwort des Herrn in beiden Darstellungen fast gleichlautend sind. Die Haupt- verschiedenheit dagegen ist, dass bei Lukas ausser dem Verhältniss des abreisenden Herrn zu seinen Knechten noch ein zweites Verhältniss desselben zu rebellischen Bürgern eingeschoben ist, wesswegen der nach Matthäus nur als anthropos bezeichnete Herr bei Lukas anthropos eugenes
26) Ein verwandtes Gleichniss aus Sohar chadasch bei Schött- gen, 1, 217.
27) Eine auffallend ähnliche Parabel aus Sohar Levit. giebt Schött- gen, S. 174 f.
Zweiter Abschnitt.
Zum Schlusse wenden wir uns noch zu einer Gruppe von Parabeln, aus welcher zwar einige wegen ihrer Beziehung auf Tod und Wiederkunft Christi aufzusparen wären, doch aber wegen ihres Zusammenhangs mit den übrigen, wie- wohl nur in soweit, hier mitgenommen werden müssen. Es sind die drei Gleichnisse von den rebellischen Wein- gärtnern (Matth. 21, 33 ff. parall.), von den Talenten oder Minen (Matth. 25, 14 ff. Luc. 19, 12 ff.), und dem Gast- mahl (Matth. 22, 2 ff. Luc. 14, 16 ff.). Unter diesen sind die Parabel von den Weingärtnern nach allen Relationen, die von den Talenten bei Matthäus 26) und die vom Gast- mahl bei Lukas 27) einfache Parabeln, die keine weitere Schwierigkeit machen: anders verhält es sich mit dem Gleichniſs von den Minen bei Lukas und dem vom Gast- mahl bei Matthäus. Daſs das erstere mit dem von den Ta- lenten bei Matthäus im Grunde dasselbe sei, ist unerach- tet der mancherlei Abweichungen unleugbar. In beiden fin- det sich die Abreise eines Herrn; das Zusammenrufen der Knechte, um ihnen ein Kapital zum Umtrieb anzuvertrauen; nach der Rückkehr des Herrn eine Rechenschaft, bei wel- cher drei Knechte hervorgehoben werden, von denen zwei thätig, der dritte aber unthätig gewesen ist, und daher dieser bestraft, jene belohnt werden, wobei besonders die Entschuldigung des Knechts und die Antwort des Herrn in beiden Darstellungen fast gleichlautend sind. Die Haupt- verschiedenheit dagegen ist, daſs bei Lukas ausser dem Verhältniſs des abreisenden Herrn zu seinen Knechten noch ein zweites Verhältniſs desselben zu rebellischen Bürgern eingeschoben ist, weſswegen der nach Matthäus nur als ἄνϑρωπος bezeichnete Herr bei Lukas ἄνϑρωπος εὐγενὴς
26) Ein verwandtes Gleichniss aus Sohar chadasch bei Schött- gen, 1, 217.
27) Eine auffallend ähnliche Parabel aus Sohar Levit. giebt Schött- gen, S. 174 f.
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Zweiter Abschnitt.
Zum Schlusse wenden wir uns noch zu einer Gruppe
von Parabeln, aus welcher zwar einige wegen ihrer Beziehung
auf Tod und Wiederkunft Christi aufzusparen wären, doch
aber wegen ihres Zusammenhangs mit den übrigen, wie-
wohl nur in soweit, hier mitgenommen werden müssen.
Es sind die drei Gleichnisse von den rebellischen Wein-
gärtnern (Matth. 21, 33 ff. parall.), von den Talenten oder
Minen (Matth. 25, 14 ff. Luc. 19, 12 ff.), und dem Gast-
mahl (Matth. 22, 2 ff. Luc. 14, 16 ff.). Unter diesen sind
die Parabel von den Weingärtnern nach allen Relationen,
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mahl bei Lukas 27) einfache Parabeln, die keine weitere
Schwierigkeit machen: anders verhält es sich mit dem
Gleichniſs von den Minen bei Lukas und dem vom Gast-
mahl bei Matthäus. Daſs das erstere mit dem von den Ta-
lenten bei Matthäus im Grunde dasselbe sei, ist unerach-
tet der mancherlei Abweichungen unleugbar. In beiden fin-
det sich die Abreise eines Herrn; das Zusammenrufen der
Knechte, um ihnen ein Kapital zum Umtrieb anzuvertrauen;
nach der Rückkehr des Herrn eine Rechenschaft, bei wel-
cher drei Knechte hervorgehoben werden, von denen zwei
thätig, der dritte aber unthätig gewesen ist, und daher
dieser bestraft, jene belohnt werden, wobei besonders die
Entschuldigung des Knechts und die Antwort des Herrn
in beiden Darstellungen fast gleichlautend sind. Die Haupt-
verschiedenheit dagegen ist, daſs bei Lukas ausser dem
Verhältniſs des abreisenden Herrn zu seinen Knechten noch
ein zweites Verhältniſs desselben zu rebellischen Bürgern
eingeschoben ist, weſswegen der nach Matthäus nur als
ἄνϑρωπος bezeichnete Herr bei Lukas ἄνϑρωπος εὐγενὴς
26) Ein verwandtes Gleichniss aus Sohar chadasch bei Schött-
gen, 1, 217.
27) Eine auffallend ähnliche Parabel aus Sohar Levit. giebt Schött-
gen, S. 174 f.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/630>, abgerufen am 24.11.2024.
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