stillschweigenden Voraussetzung eines würdigen Anzugs, und dass er sofort ein Individuum, bei welchem er diesen nicht fand, seiner verdienten Strafe übergeben habe 36). So hätten wir hier die Erscheinung einer noch com- plicirteren Parabel als oben, einer Parabel, bei welcher 1) das Gleichniss von den undankbaren Geladenen (Luc. 14.) die Grundlage bildet, doch so, dass 2) ein Faden aus dem Gleichniss von den rebellischen Weingärtnern oder Bürgern darein verwoben, der Schluss aber 3) aus einem sonst nicht bekannten Gleichniss vom unhochzeitli- chen Gewande darangenäht ist; eine Erscheinung, welche uns einen folgenreichen Blick in die Art und Weise ge- stattet, wie die evangelische Tradition mit ihrem Stoff zu verfahren pflegte.
§. 75. Vermischte Lehr- und Streitreden Jesu.
Da die Reden Matth. 15, 1--20. schon oben erwogen sind, so ist zu 18, 1 ff. Marc. 9, 33 ff. Luc. 9, 46 ff. über- zugehen, wo sich an die durch einen Rangstreit der Jün- ger veranlasste Aufstellung eines Kindes verschiedene Re- den knüpfen. Vollkommen angemessen schliesst sich bei Matthäus an die Aufstellung des Kindes zunächst die Er- mahnung, wieder Kinder zu werden und sich wie diess Kind zu erniedrigen (V. 3. 4.); wogegen, wie hiemit der folgende Ausspruch Jesu, wer ein solches Kind in seinem Namen aufnehme, der nehme ihn selbst auf, zusammen- hänge, schon nicht ebenso klar ist. Denn aufgestellt war das Kind, um den Jüngern anschaulich zu machen, was sie ihm nachthun, nicht, was sie ihm thun sollten, und wie
36) Ähnliche Parabeln, wie die vom hochzeitlichen Gewand für sich genommen gedacht werden müsste, finden sich in meh- reren jüdischen Schriften, z. B. Koheleth R. 9, 8, und Mi- drasch Mischle 16, 11. bei Wetstein, p. 471. vgl. Schabbath f. 152, 2 bei Meuschen N. T. ex. Talm. ill. p. 117.
Sechstes Kapitel. §. 75.
stillschweigenden Voraussetzung eines würdigen Anzugs, und daſs er sofort ein Individuum, bei welchem er diesen nicht fand, seiner verdienten Strafe übergeben habe 36). So hätten wir hier die Erscheinung einer noch com- plicirteren Parabel als oben, einer Parabel, bei welcher 1) das Gleichniſs von den undankbaren Geladenen (Luc. 14.) die Grundlage bildet, doch so, daſs 2) ein Faden aus dem Gleichniſs von den rebellischen Weingärtnern oder Bürgern darein verwoben, der Schluſs aber 3) aus einem sonst nicht bekannten Gleichniſs vom unhochzeitli- chen Gewande darangenäht ist; eine Erscheinung, welche uns einen folgenreichen Blick in die Art und Weise ge- stattet, wie die evangelische Tradition mit ihrem Stoff zu verfahren pflegte.
§. 75. Vermischte Lehr- und Streitreden Jesu.
Da die Reden Matth. 15, 1—20. schon oben erwogen sind, so ist zu 18, 1 ff. Marc. 9, 33 ff. Luc. 9, 46 ff. über- zugehen, wo sich an die durch einen Rangstreit der Jün- ger veranlaſste Aufstellung eines Kindes verschiedene Re- den knüpfen. Vollkommen angemessen schlieſst sich bei Matthäus an die Aufstellung des Kindes zunächst die Er- mahnung, wieder Kinder zu werden und sich wie dieſs Kind zu erniedrigen (V. 3. 4.); wogegen, wie hiemit der folgende Ausspruch Jesu, wer ein solches Kind in seinem Namen aufnehme, der nehme ihn selbst auf, zusammen- hänge, schon nicht ebenso klar ist. Denn aufgestellt war das Kind, um den Jüngern anschaulich zu machen, was sie ihm nachthun, nicht, was sie ihm thun sollten, und wie
36) Ähnliche Parabeln, wie die vom hochzeitlichen Gewand für sich genommen gedacht werden müsste, finden sich in meh- reren jüdischen Schriften, z. B. Koheleth R. 9, 8, und Mi- drasch Mischle 16, 11. bei Wetstein, p. 471. vgl. Schabbath f. 152, 2 bei Meuschen N. T. ex. Talm. ill. p. 117.
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Sechstes Kapitel. §. 75.
stillschweigenden Voraussetzung eines würdigen Anzugs,
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So hätten wir hier die Erscheinung einer noch com-
plicirteren Parabel als oben, einer Parabel, bei welcher
1) das Gleichniſs von den undankbaren Geladenen (Luc.
14.) die Grundlage bildet, doch so, daſs 2) ein Faden
aus dem Gleichniſs von den rebellischen Weingärtnern
oder Bürgern darein verwoben, der Schluſs aber 3) aus
einem sonst nicht bekannten Gleichniſs vom unhochzeitli-
chen Gewande darangenäht ist; eine Erscheinung, welche
uns einen folgenreichen Blick in die Art und Weise ge-
stattet, wie die evangelische Tradition mit ihrem Stoff
zu verfahren pflegte.
§. 75.
Vermischte Lehr- und Streitreden Jesu.
Da die Reden Matth. 15, 1—20. schon oben erwogen
sind, so ist zu 18, 1 ff. Marc. 9, 33 ff. Luc. 9, 46 ff. über-
zugehen, wo sich an die durch einen Rangstreit der Jün-
ger veranlaſste Aufstellung eines Kindes verschiedene Re-
den knüpfen. Vollkommen angemessen schlieſst sich bei
Matthäus an die Aufstellung des Kindes zunächst die Er-
mahnung, wieder Kinder zu werden und sich wie dieſs
Kind zu erniedrigen (V. 3. 4.); wogegen, wie hiemit der
folgende Ausspruch Jesu, wer ein solches Kind in seinem
Namen aufnehme, der nehme ihn selbst auf, zusammen-
hänge, schon nicht ebenso klar ist. Denn aufgestellt war das
Kind, um den Jüngern anschaulich zu machen, was sie
ihm nachthun, nicht, was sie ihm thun sollten, und wie
36) Ähnliche Parabeln, wie die vom hochzeitlichen Gewand für
sich genommen gedacht werden müsste, finden sich in meh-
reren jüdischen Schriften, z. B. Koheleth R. 9, 8, und Mi-
drasch Mischle 16, 11. bei Wetstein, p. 471. vgl. Schabbath
f. 152, 2 bei Meuschen N. T. ex. Talm. ill. p. 117.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/637>, abgerufen am 24.11.2024.
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