Sinne das o on k. t. l. von ihm gebrauchen konnte. Auch in unsrer Stelle 3, 13. also scheint es, können wir nur den Evangelisten als den Redenden denken; indem er aber Jesum reden lassen will, so sehen wir auf's Neue, wie wenig genau er es genommen hat, zu den Reden Jesu von dem Seinigen hinzuzuthun. Und von hier aus könnte selbst auf das oudeis anabebeken eis ton ouranon in demsel- ben Verse ein zweideutiger Schimmer des Verdachts zu- rückfallen, ob es nicht vielleicht eine Anspielung auf das anabainein nach der Auferstehung (Joh. 20, 17. vgl. 6, 62.) enthalte. Denn das Präteritum würde uns hieran keines- wegs, wie Lücke äussert, hindern, da es nicht unpassen- der ist in Jesu Munde, als das eben besprochene Präsens, und ihm ebenso leicht wie dieses vom Evangelisten unter- schoben werden konnte, von dessen Standpunkt aus Jesu Aufsteigen in den Himmel ein vergangnes war, wie sein Sein in demselben ein gegenwärtiges.
V. 14 und 15 steigt Jesus von den leichteren epigeiois, den Eröffnungen über die Wiedergeburt, zu den schwieri- geren epouraniois, der Kunde von der Bestimmung des Messias zu einem versöhnenden Tode, auf. Des Menschen Sohn, sagt er, müsse erhöht werden (upsothenai, im johanneischen Sprachgebrauch den Kreuzestod, mit Anspielung auf die Erhebung zur Herrlichkeit bezeichnend) 14) auf dieselbe Weise und mit demselben rettenden Erfolge, wie die eherne Schlange 4 Mos. 21, 8. 9. Hier drängen sich mehrere Fragen auf. Ist es glaublich, dass Jesus schon damals, zu Anfang seiner öffentlichen Wirksamkeit, seinen Tod, und zwar in der bestimmten Form als Kreuzestod, vorhergewusst, und dass er, lange ehe er seine Jünger über diesen Punkt be- lehrte, einem Pharisäer eine darauf bezügliche Eröffnung gemacht habe? Kann man es der Lehrweisheit Jesu an- gemessen finden, dass er gerade dem Nikodemus eine sol-
14)Lücke, a. a. O. S. 470.
Zweiter Abschnitt.
Sinne das ὁ ὢν κ. τ. λ. von ihm gebrauchen konnte. Auch in unsrer Stelle 3, 13. also scheint es, können wir nur den Evangelisten als den Redenden denken; indem er aber Jesum reden lassen will, so sehen wir auf's Neue, wie wenig genau er es genommen hat, zu den Reden Jesu von dem Seinigen hinzuzuthun. Und von hier aus könnte selbst auf das οὐδεὶς ἀναβέβηκεν εἰς τὸν οὐρανὸν in demsel- ben Verse ein zweideutiger Schimmer des Verdachts zu- rückfallen, ob es nicht vielleicht eine Anspielung auf das ἀναβαίνειν nach der Auferstehung (Joh. 20, 17. vgl. 6, 62.) enthalte. Denn das Präteritum würde uns hieran keines- wegs, wie Lücke äussert, hindern, da es nicht unpassen- der ist in Jesu Munde, als das eben besprochene Präsens, und ihm ebenso leicht wie dieses vom Evangelisten unter- schoben werden konnte, von dessen Standpunkt aus Jesu Aufsteigen in den Himmel ein vergangnes war, wie sein Sein in demselben ein gegenwärtiges.
V. 14 und 15 steigt Jesus von den leichteren ἐπιγείοις, den Eröffnungen über die Wiedergeburt, zu den schwieri- geren ἐπουρανίοις, der Kunde von der Bestimmung des Messias zu einem versöhnenden Tode, auf. Des Menschen Sohn, sagt er, müsse erhöht werden (ὑψωϑῆναι, im johanneischen Sprachgebrauch den Kreuzestod, mit Anspielung auf die Erhebung zur Herrlichkeit bezeichnend) 14) auf dieselbe Weise und mit demselben rettenden Erfolge, wie die eherne Schlange 4 Mos. 21, 8. 9. Hier drängen sich mehrere Fragen auf. Ist es glaublich, daſs Jesus schon damals, zu Anfang seiner öffentlichen Wirksamkeit, seinen Tod, und zwar in der bestimmten Form als Kreuzestod, vorhergewuſst, und daſs er, lange ehe er seine Jünger über diesen Punkt be- lehrte, einem Pharisäer eine darauf bezügliche Eröffnung gemacht habe? Kann man es der Lehrweisheit Jesu an- gemessen finden, daſs er gerade dem Nikodemus eine sol-
14)Lücke, a. a. O. S. 470.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0664"n="640"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zweiter Abschnitt</hi>.</fw><lb/>
Sinne das <foreignxml:lang="ell">ὁὢνκ. τ. λ.</foreign> von ihm gebrauchen konnte. Auch in<lb/>
unsrer Stelle 3, 13. also scheint es, können wir nur den<lb/>
Evangelisten als den Redenden denken; indem er aber<lb/>
Jesum reden lassen will, so sehen wir auf's Neue, wie<lb/>
wenig genau er es genommen hat, zu den Reden Jesu<lb/>
von dem Seinigen hinzuzuthun. Und von hier aus könnte<lb/>
selbst auf das <foreignxml:lang="ell">οὐδεὶςἀναβέβηκενεἰςτὸνοὐρανὸν</foreign> in demsel-<lb/>
ben Verse ein zweideutiger Schimmer des Verdachts zu-<lb/>
rückfallen, ob es nicht vielleicht eine Anspielung auf das<lb/><foreignxml:lang="ell">ἀναβαίνειν</foreign> nach der Auferstehung (Joh. 20, 17. vgl. 6, 62.)<lb/>
enthalte. Denn das Präteritum würde uns hieran keines-<lb/>
wegs, wie <hirendition="#k">Lücke</hi> äussert, hindern, da es nicht unpassen-<lb/>
der ist in Jesu Munde, als das eben besprochene Präsens,<lb/>
und ihm ebenso leicht wie dieses vom Evangelisten unter-<lb/>
schoben werden konnte, von dessen Standpunkt aus Jesu<lb/>
Aufsteigen in den Himmel ein vergangnes war, wie sein<lb/>
Sein in demselben ein gegenwärtiges.</p><lb/><p>V. 14 und 15 steigt Jesus von den leichteren <foreignxml:lang="ell">ἐπιγείοις</foreign>,<lb/>
den Eröffnungen über die Wiedergeburt, zu den schwieri-<lb/>
geren <foreignxml:lang="ell">ἐπουρανίοις</foreign>, der Kunde von der Bestimmung des Messias<lb/>
zu einem versöhnenden Tode, auf. Des Menschen Sohn,<lb/>
sagt er, müsse erhöht werden (<foreignxml:lang="ell">ὑψωϑῆναι</foreign>, im johanneischen<lb/>
Sprachgebrauch den Kreuzestod, mit Anspielung auf die<lb/>
Erhebung zur Herrlichkeit bezeichnend) <noteplace="foot"n="14)"><hirendition="#k">Lücke</hi>, a. a. O. S. 470.</note> auf dieselbe<lb/>
Weise und mit demselben rettenden Erfolge, wie die eherne<lb/>
Schlange 4 Mos. 21, 8. 9. Hier drängen sich mehrere Fragen<lb/>
auf. Ist es glaublich, daſs Jesus schon damals, zu Anfang<lb/>
seiner öffentlichen Wirksamkeit, seinen Tod, und zwar in<lb/>
der bestimmten Form als Kreuzestod, vorhergewuſst, und<lb/>
daſs er, lange ehe er seine Jünger über diesen Punkt be-<lb/>
lehrte, einem Pharisäer eine darauf bezügliche Eröffnung<lb/>
gemacht habe? Kann man es der Lehrweisheit Jesu an-<lb/>
gemessen finden, daſs er gerade dem Nikodemus eine sol-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[640/0664]
Zweiter Abschnitt.
Sinne das ὁ ὢν κ. τ. λ. von ihm gebrauchen konnte. Auch in
unsrer Stelle 3, 13. also scheint es, können wir nur den
Evangelisten als den Redenden denken; indem er aber
Jesum reden lassen will, so sehen wir auf's Neue, wie
wenig genau er es genommen hat, zu den Reden Jesu
von dem Seinigen hinzuzuthun. Und von hier aus könnte
selbst auf das οὐδεὶς ἀναβέβηκεν εἰς τὸν οὐρανὸν in demsel-
ben Verse ein zweideutiger Schimmer des Verdachts zu-
rückfallen, ob es nicht vielleicht eine Anspielung auf das
ἀναβαίνειν nach der Auferstehung (Joh. 20, 17. vgl. 6, 62.)
enthalte. Denn das Präteritum würde uns hieran keines-
wegs, wie Lücke äussert, hindern, da es nicht unpassen-
der ist in Jesu Munde, als das eben besprochene Präsens,
und ihm ebenso leicht wie dieses vom Evangelisten unter-
schoben werden konnte, von dessen Standpunkt aus Jesu
Aufsteigen in den Himmel ein vergangnes war, wie sein
Sein in demselben ein gegenwärtiges.
V. 14 und 15 steigt Jesus von den leichteren ἐπιγείοις,
den Eröffnungen über die Wiedergeburt, zu den schwieri-
geren ἐπουρανίοις, der Kunde von der Bestimmung des Messias
zu einem versöhnenden Tode, auf. Des Menschen Sohn,
sagt er, müsse erhöht werden (ὑψωϑῆναι, im johanneischen
Sprachgebrauch den Kreuzestod, mit Anspielung auf die
Erhebung zur Herrlichkeit bezeichnend) 14) auf dieselbe
Weise und mit demselben rettenden Erfolge, wie die eherne
Schlange 4 Mos. 21, 8. 9. Hier drängen sich mehrere Fragen
auf. Ist es glaublich, daſs Jesus schon damals, zu Anfang
seiner öffentlichen Wirksamkeit, seinen Tod, und zwar in
der bestimmten Form als Kreuzestod, vorhergewuſst, und
daſs er, lange ehe er seine Jünger über diesen Punkt be-
lehrte, einem Pharisäer eine darauf bezügliche Eröffnung
gemacht habe? Kann man es der Lehrweisheit Jesu an-
gemessen finden, daſs er gerade dem Nikodemus eine sol-
14) Lücke, a. a. O. S. 470.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/664>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.