Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Zweiter Abschnitt. chenforderung, in Verbindung mit jenem Vorwurf, son-dern noch eine andere (16, 1 ff.) nach der zweiten Spei- sung, welche auch Markus (8, 11 f.) hat, der dagegen die erstere weglässt. Hier treten Pharisäer (bei Matthäus in der unwahrscheinlichen Begleitung von Sadducäern) zu ihm, und ersuchen ihn um ein semeion ek tou ouranou, wor- auf ihnen Jesus eine Antwort giebt, deren Schlusssaz: genea ponera kai moikhalis semeion epizetei, kai semeion ou dothesetai aute, ei me to semeion Iona tou prophetou bei Matthäus wörtlich mit dem Anfang der früheren Abwei- sung, 12, 39. zusammenstimmt. Ist schon diess, dass Je- sus jene Zumuthung zweimal mit derselben räthselhaften Hinweisung auf Jonas und auch sonst mit denselben Wor- ten abgefertigt habe, unwahrscheinlich genug: so sind die inder zweiten Stelle des Matthäus dem zuleztangeführten Satze vorangehenden Worte (V. 2 und 3.) vollends unbe- greiflich. Denn wie Jesus auf die Forderung eines wun- derbaren Zeichens am Himmel seinen Gegnern erwiedern kann, dass sie zwar auf die natürlichen Zeichen am Him- mel sich gut verständen, desto schlechter aber auf die wo nicht für ihn interessirte, doch empfängliche Zuhörer
voraussezt, geknüpft haben sollte, und wir finden hier in lezter Beziehung keinen andern Zusammenhang, als dass bei- de Reden von Austreibung der Dämonen handeln. Durch diese Ähnlichkeit liess sich der Referent im dritten Evange- lium verführen, die Verbindung zwischen den Reden gegen die oftgenannte Beschuldigung und gegen die Zeichenforde- rung, welche, als die zwei stärksten Proben des böswilli- gen Unglaubens seiner Feinde betreffend, in der Überliefe- rung zusammengefügt gewesen zu sein scheinen, zu spren- gen, eine Gewaltsamkeit, deren der erste Evangelist sich enthielt, und die ihm durch jene Verdächtigung der Dämo- nenaustreibungen Jesu in das Gedächtniss gerufene Rede von der Wiederkehr der Dämonen zurückbehielt, bis er zuvor auch die Zurückweisung der Zeichenforderung mitgetheilt hatte. Zweiter Abschnitt. chenforderung, in Verbindung mit jenem Vorwurf, son-dern noch eine andere (16, 1 ff.) nach der zweiten Spei- sung, welche auch Markus (8, 11 f.) hat, der dagegen die erstere wegläſst. Hier treten Pharisäer (bei Matthäus in der unwahrscheinlichen Begleitung von Sadducäern) zu ihm, und ersuchen ihn um ein σημεῖον ἐκ τοῦ οὐρανοῦ, wor- auf ihnen Jesus eine Antwort giebt, deren Schluſssaz: γενεὰ πονηρὰ καὶ μοιχαλὶς σημεῖον ἐπιζητεῖ, καὶ σημεῖον οὐ δοϑήσεται αὐτῇ, εἰ μὴ τὸ σημεῖον Ἰωνᾶ τοῦ προφήτου bei Matthäus wörtlich mit dem Anfang der früheren Abwei- sung, 12, 39. zusammenstimmt. Ist schon dieſs, daſs Je- sus jene Zumuthung zweimal mit derselben räthselhaften Hinweisung auf Jonas und auch sonst mit denselben Wor- ten abgefertigt habe, unwahrscheinlich genug: so sind die inder zweiten Stelle des Matthäus dem zuleztangeführten Satze vorangehenden Worte (V. 2 und 3.) vollends unbe- greiflich. Denn wie Jesus auf die Forderung eines wun- derbaren Zeichens am Himmel seinen Gegnern erwiedern kann, daſs sie zwar auf die natürlichen Zeichen am Him- mel sich gut verständen, desto schlechter aber auf die wo nicht für ihn interessirte, doch empfängliche Zuhörer
voraussezt, geknüpft haben sollte, und wir finden hier in lezter Beziehung keinen andern Zusammenhang, als dass bei- de Reden von Austreibung der Dämonen handeln. Durch diese Ähnlichkeit liess sich der Referent im dritten Evange- lium verführen, die Verbindung zwischen den Reden gegen die oftgenannte Beschuldigung und gegen die Zeichenforde- rung, welche, als die zwei stärksten Proben des böswilli- gen Unglaubens seiner Feinde betreffend, in der Überliefe- rung zusammengefügt gewesen zu sein scheinen, zu spren- gen, eine Gewaltsamkeit, deren der erste Evangelist sich enthielt, und die ihm durch jene Verdächtigung der Dämo- nenaustreibungen Jesu in das Gedächtniss gerufene Rede von der Wiederkehr der Dämonen zurückbehielt, bis er zuvor auch die Zurückweisung der Zeichenforderung mitgetheilt hatte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0714" n="690"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Abschnitt</hi>.</fw><lb/> chenforderung, in Verbindung mit jenem Vorwurf, son-<lb/> dern noch eine andere (16, 1 ff.) nach der zweiten Spei-<lb/> sung, welche auch Markus (8, 11 f.) hat, der dagegen<lb/> die erstere wegläſst. Hier treten Pharisäer (bei Matthäus<lb/> in der unwahrscheinlichen Begleitung von Sadducäern) zu<lb/> ihm, und ersuchen ihn um ein <foreign xml:lang="ell">σημεῖον ἐκ τοῦ οὐρανοῦ</foreign>, wor-<lb/> auf ihnen Jesus eine Antwort giebt, deren Schluſssaz:<lb/><foreign xml:lang="ell">γενεὰ πονηρὰ καὶ μοιχαλὶς σημεῖον ἐπιζητεῖ, καὶ σημεῖον οὐ<lb/> δοϑήσεται αὐτῇ, εἰ μὴ τὸ σημεῖον Ἰωνᾶ τοῦ προφήτου</foreign> bei<lb/> Matthäus wörtlich mit dem Anfang der früheren Abwei-<lb/> sung, 12, 39. zusammenstimmt. Ist schon dieſs, daſs Je-<lb/> sus jene Zumuthung zweimal mit derselben räthselhaften<lb/> Hinweisung auf Jonas und auch sonst mit denselben Wor-<lb/> ten abgefertigt habe, unwahrscheinlich genug: so sind die<lb/> inder zweiten Stelle des Matthäus dem zuleztangeführten<lb/> Satze vorangehenden Worte (V. 2 und 3.) vollends unbe-<lb/> greiflich. Denn wie Jesus auf die Forderung eines wun-<lb/> derbaren Zeichens am Himmel seinen Gegnern erwiedern<lb/> kann, daſs sie zwar auf die natürlichen Zeichen am Him-<lb/> mel sich gut verständen, desto schlechter aber auf die<lb/><note xml:id="seg2pn_23_2" prev="#seg2pn_23_1" place="foot" n="3)">wo nicht für ihn interessirte, doch empfängliche Zuhörer<lb/> voraussezt, geknüpft haben sollte, und wir finden hier in<lb/> lezter Beziehung keinen andern Zusammenhang, als dass bei-<lb/> de Reden von Austreibung der Dämonen handeln. Durch<lb/> diese Ähnlichkeit liess sich der Referent im dritten Evange-<lb/> lium verführen, die Verbindung zwischen den Reden gegen<lb/> die oftgenannte Beschuldigung und gegen die Zeichenforde-<lb/> rung, welche, als die zwei stärksten Proben des böswilli-<lb/> gen Unglaubens seiner Feinde betreffend, in der Überliefe-<lb/> rung zusammengefügt gewesen zu sein scheinen, zu spren-<lb/> gen, eine Gewaltsamkeit, deren der erste Evangelist sich<lb/> enthielt, und die ihm durch jene Verdächtigung der Dämo-<lb/> nenaustreibungen Jesu in das Gedächtniss gerufene Rede von<lb/> der Wiederkehr der Dämonen zurückbehielt, bis er zuvor<lb/> auch die Zurückweisung der Zeichenforderung mitgetheilt<lb/> hatte.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [690/0714]
Zweiter Abschnitt.
chenforderung, in Verbindung mit jenem Vorwurf, son-
dern noch eine andere (16, 1 ff.) nach der zweiten Spei-
sung, welche auch Markus (8, 11 f.) hat, der dagegen
die erstere wegläſst. Hier treten Pharisäer (bei Matthäus
in der unwahrscheinlichen Begleitung von Sadducäern) zu
ihm, und ersuchen ihn um ein σημεῖον ἐκ τοῦ οὐρανοῦ, wor-
auf ihnen Jesus eine Antwort giebt, deren Schluſssaz:
γενεὰ πονηρὰ καὶ μοιχαλὶς σημεῖον ἐπιζητεῖ, καὶ σημεῖον οὐ
δοϑήσεται αὐτῇ, εἰ μὴ τὸ σημεῖον Ἰωνᾶ τοῦ προφήτου bei
Matthäus wörtlich mit dem Anfang der früheren Abwei-
sung, 12, 39. zusammenstimmt. Ist schon dieſs, daſs Je-
sus jene Zumuthung zweimal mit derselben räthselhaften
Hinweisung auf Jonas und auch sonst mit denselben Wor-
ten abgefertigt habe, unwahrscheinlich genug: so sind die
inder zweiten Stelle des Matthäus dem zuleztangeführten
Satze vorangehenden Worte (V. 2 und 3.) vollends unbe-
greiflich. Denn wie Jesus auf die Forderung eines wun-
derbaren Zeichens am Himmel seinen Gegnern erwiedern
kann, daſs sie zwar auf die natürlichen Zeichen am Him-
mel sich gut verständen, desto schlechter aber auf die
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3) wo nicht für ihn interessirte, doch empfängliche Zuhörer
voraussezt, geknüpft haben sollte, und wir finden hier in
lezter Beziehung keinen andern Zusammenhang, als dass bei-
de Reden von Austreibung der Dämonen handeln. Durch
diese Ähnlichkeit liess sich der Referent im dritten Evange-
lium verführen, die Verbindung zwischen den Reden gegen
die oftgenannte Beschuldigung und gegen die Zeichenforde-
rung, welche, als die zwei stärksten Proben des böswilli-
gen Unglaubens seiner Feinde betreffend, in der Überliefe-
rung zusammengefügt gewesen zu sein scheinen, zu spren-
gen, eine Gewaltsamkeit, deren der erste Evangelist sich
enthielt, und die ihm durch jene Verdächtigung der Dämo-
nenaustreibungen Jesu in das Gedächtniss gerufene Rede von
der Wiederkehr der Dämonen zurückbehielt, bis er zuvor
auch die Zurückweisung der Zeichenforderung mitgetheilt
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