zweiten Speisung auf allen Punkten in Anspruch nehmen, und doch an der Angabe, dass eine solche vorgefallen, festhalten kann, zumal nur Matthäus und der ihm folgen- de Markus von derselben wissen.
Daher haben neuere Kritiker, mit mehr 4) oder weni- ger 5) Entschiedenheit, die Ansicht ausgesprochen, es sei hier ein und dasselbe Faktum durch Missverstand des er- sten Evangelisten, welchem der zweite folgte, verdoppelt worden. Von der wunderbaren Speisung seien verschie- dene Erzählungen im Umlauf gewesen, welche namentlich in den Zahlangaben von einander abwichen, und nun habe der Verfasser des ersten Evangeliums, welchem jede Wun- dergeschichte weiter ein willkommener Fund, und der dess- halb zu kritischer Reduktion zweier verschieden lautenden Erzählungen der Art wenig geeignet war, beide in seine Sammlung aufgenommen. Dann erklärt sich vollkommen, wie bei der zweiten Speisung die Jünger noch einmal so ungläubig sich äussern können: weil nämlich auch die zweite Geschichte da, wo der Verfasser des ersten Evan- geliums sie hernahm, die einzige und erste gewesen war, und der Evangelist verwischte diesen Zug nicht, weil er überhaupt die beiden Erzählungen ganz so, wie er sie hörte oder las, seiner Schrift einverleibt zu haben scheint, was sich unter Anderem auch in der Constanz zeigt, mit welcher er und der ihm nachschreibende Markus nicht nur in der Darstellung der Begebenheiten selbst, sondern auch in der späteren Erwähnung derselben Matth. 16, 9 f. Marc. 8, 19 f. bei der ersten Speisung die Körbe durch kophinoi, bei der zweiten durch spurides bezeichnet 6). Freilich
4)Thiess, krit. Commentar, 1, S. 168 ff. Schulz, über d. Abendm. S. 311. vgl. Fritzsche, in Matth. p. 523.
5)Schleiermacher, über den Lukas, S. 145. Sieffert a. a. O. S. 95 ff. Hase, §. 97.
6) vgl. Saunier a. a. O. S. 105.
Neuntes Kapitel. §. 98.
zweiten Speisung auf allen Punkten in Anspruch nehmen, und doch an der Angabe, daſs eine solche vorgefallen, festhalten kann, zumal nur Matthäus und der ihm folgen- de Markus von derselben wissen.
Daher haben neuere Kritiker, mit mehr 4) oder weni- ger 5) Entschiedenheit, die Ansicht ausgesprochen, es sei hier ein und dasselbe Faktum durch Miſsverstand des er- sten Evangelisten, welchem der zweite folgte, verdoppelt worden. Von der wunderbaren Speisung seien verschie- dene Erzählungen im Umlauf gewesen, welche namentlich in den Zahlangaben von einander abwichen, und nun habe der Verfasser des ersten Evangeliums, welchem jede Wun- dergeschichte weiter ein willkommener Fund, und der deſs- halb zu kritischer Reduktion zweier verschieden lautenden Erzählungen der Art wenig geeignet war, beide in seine Sammlung aufgenommen. Dann erklärt sich vollkommen, wie bei der zweiten Speisung die Jünger noch einmal so ungläubig sich äussern können: weil nämlich auch die zweite Geschichte da, wo der Verfasser des ersten Evan- geliums sie hernahm, die einzige und erste gewesen war, und der Evangelist verwischte diesen Zug nicht, weil er überhaupt die beiden Erzählungen ganz so, wie er sie hörte oder las, seiner Schrift einverleibt zu haben scheint, was sich unter Anderem auch in der Constanz zeigt, mit welcher er und der ihm nachschreibende Markus nicht nur in der Darstellung der Begebenheiten selbst, sondern auch in der späteren Erwähnung derselben Matth. 16, 9 f. Marc. 8, 19 f. bei der ersten Speisung die Körbe durch κόφινοι, bei der zweiten durch σπυρίδες bezeichnet 6). Freilich
4)Thiess, krit. Commentar, 1, S. 168 ff. Schulz, über d. Abendm. S. 311. vgl. Fritzsche, in Matth. p. 523.
5)Schleiermacher, über den Lukas, S. 145. Sieffert a. a. O. S. 95 ff. Hase, §. 97.
6) vgl. Saunier a. a. O. S. 105.
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Neuntes Kapitel. §. 98.
zweiten Speisung auf allen Punkten in Anspruch nehmen,
und doch an der Angabe, daſs eine solche vorgefallen,
festhalten kann, zumal nur Matthäus und der ihm folgen-
de Markus von derselben wissen.
Daher haben neuere Kritiker, mit mehr 4) oder weni-
ger 5) Entschiedenheit, die Ansicht ausgesprochen, es sei
hier ein und dasselbe Faktum durch Miſsverstand des er-
sten Evangelisten, welchem der zweite folgte, verdoppelt
worden. Von der wunderbaren Speisung seien verschie-
dene Erzählungen im Umlauf gewesen, welche namentlich
in den Zahlangaben von einander abwichen, und nun habe
der Verfasser des ersten Evangeliums, welchem jede Wun-
dergeschichte weiter ein willkommener Fund, und der deſs-
halb zu kritischer Reduktion zweier verschieden lautenden
Erzählungen der Art wenig geeignet war, beide in seine
Sammlung aufgenommen. Dann erklärt sich vollkommen,
wie bei der zweiten Speisung die Jünger noch einmal so
ungläubig sich äussern können: weil nämlich auch die
zweite Geschichte da, wo der Verfasser des ersten Evan-
geliums sie hernahm, die einzige und erste gewesen war,
und der Evangelist verwischte diesen Zug nicht, weil er
überhaupt die beiden Erzählungen ganz so, wie er sie
hörte oder las, seiner Schrift einverleibt zu haben scheint,
was sich unter Anderem auch in der Constanz zeigt, mit
welcher er und der ihm nachschreibende Markus nicht nur
in der Darstellung der Begebenheiten selbst, sondern auch
in der späteren Erwähnung derselben Matth. 16, 9 f. Marc.
8, 19 f. bei der ersten Speisung die Körbe durch κόφινοι,
bei der zweiten durch σπυρίδες bezeichnet 6). Freilich
4) Thiess, krit. Commentar, 1, S. 168 ff. Schulz, über d. Abendm.
S. 311. vgl. Fritzsche, in Matth. p. 523.
5) Schleiermacher, über den Lukas, S. 145. Sieffert a. a. O.
S. 95 ff. Hase, §. 97.
6) vgl. Saunier a. a. O. S. 105.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/220>, abgerufen am 21.11.2024.
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