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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweiter Abschnitt.
gabe, (sofern die emerai okto des Lukas, je nachdem man
zählt, mit den emerais ex der andern dasselbe sagen) ist
allerdings auffallend; sie lässt sich aber, sammt dem, dass
nach allen drei Referenten auf die Verkündigungsscene die
Heilung des dämonischen Knaben folgt, den die Jünger
nicht hatten heilen können, schon durch die Entstehung
der synoptischen Evangelien aus stehend gewordener evan-
gelischer Verkündigung erklären, von welcher es nicht
höher Wunder nehmen darf, dass sie manche Anekdoten
ohne objektiven Grund auf bestimmte Weise zusammen
gruppirt, als dass sie oft Ausdrücke, in welchen sie hätte
variiren können, durch alle drei Redaktionen hindurch
festgehalten hat 2). Die Beurkundung der Geschichte durch
die drei Synoptiker aber wird wenigstens für die gewöhn-
liche Ansicht von dem Verhältniss der vier Evangelien
durch das Schweigen des johanneischen sehr geschwächt,
indem nicht einzusehen ist, warum dieser Evangelist eine
so wichtige Begebenheit, welche zugleich seinem System
so angemessen, und eigentlich die anschauliche Verwirkli-
chung seines Ausspruchs im Prolog (V. 14.): kai etheasa-
metha ten doxan autou, doxan os monogenous para patros,
war, nicht aufgenommen haben soll. Der abgenuzte Grund,
er habe die Begebenheit als durch seine Vorgänger be-
kannt voraussetzen können, ist neben seiner allgemeinen
Unrichtigkeit hier noch besonders desswegen unbrauchbar,
weil von den Synoptikern diessmal keiner Augenzeuge ge-
wesen war, also an ihren Erzählungen durch einen, der,
wie Johannes, die Scene miterlebt hatte, noch Manches
zu berichtigen und zu erläutern sein musste. Man hat
sich daher nach einem andern Grund für diese und ähnli-
che Auslassungen im vierten Evangelium umgesehen, und
einen solchen in der antignostischen, näher antidoketischen
Tendenz zu finden geglaubt, welche man aus den johannei-

2) Vgl. de Wette, Einleit, in das N. T. §. 79.

Zweiter Abschnitt.
gabe, (sofern die ἡμέραι ὀκτὼ des Lukas, je nachdem man
zählt, mit den ἡμέραις ἓξ der andern dasselbe sagen) ist
allerdings auffallend; sie läſst sich aber, sammt dem, daſs
nach allen drei Referenten auf die Verkündigungsscene die
Heilung des dämonischen Knaben folgt, den die Jünger
nicht hatten heilen können, schon durch die Entstehung
der synoptischen Evangelien aus stehend gewordener evan-
gelischer Verkündigung erklären, von welcher es nicht
höher Wunder nehmen darf, daſs sie manche Anekdoten
ohne objektiven Grund auf bestimmte Weise zusammen
gruppirt, als daſs sie oft Ausdrücke, in welchen sie hätte
variiren können, durch alle drei Redaktionen hindurch
festgehalten hat 2). Die Beurkundung der Geschichte durch
die drei Synoptiker aber wird wenigstens für die gewöhn-
liche Ansicht von dem Verhältniſs der vier Evangelien
durch das Schweigen des johanneischen sehr geschwächt,
indem nicht einzusehen ist, warum dieser Evangelist eine
so wichtige Begebenheit, welche zugleich seinem System
so angemessen, und eigentlich die anschauliche Verwirkli-
chung seines Ausspruchs im Prolog (V. 14.): καὶ ἐϑεασά-
μεϑα τὴν δόξαν αὐτοῦ, δόξαν ὡς μονογενοῦς παρὰ πατρὸς,
war, nicht aufgenommen haben soll. Der abgenuzte Grund,
er habe die Begebenheit als durch seine Vorgänger be-
kannt voraussetzen können, ist neben seiner allgemeinen
Unrichtigkeit hier noch besonders deſswegen unbrauchbar,
weil von den Synoptikern dieſsmal keiner Augenzeuge ge-
wesen war, also an ihren Erzählungen durch einen, der,
wie Johannes, die Scene miterlebt hatte, noch Manches
zu berichtigen und zu erläutern sein muſste. Man hat
sich daher nach einem andern Grund für diese und ähnli-
che Auslassungen im vierten Evangelium umgesehen, und
einen solchen in der antignostischen, näher antidoketischen
Tendenz zu finden geglaubt, welche man aus den johannei-

2) Vgl. de Wette, Einleit, in das N. T. §. 79.
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[264/0283] Zweiter Abschnitt. gabe, (sofern die ἡμέραι ὀκτὼ des Lukas, je nachdem man zählt, mit den ἡμέραις ἓξ der andern dasselbe sagen) ist allerdings auffallend; sie läſst sich aber, sammt dem, daſs nach allen drei Referenten auf die Verkündigungsscene die Heilung des dämonischen Knaben folgt, den die Jünger nicht hatten heilen können, schon durch die Entstehung der synoptischen Evangelien aus stehend gewordener evan- gelischer Verkündigung erklären, von welcher es nicht höher Wunder nehmen darf, daſs sie manche Anekdoten ohne objektiven Grund auf bestimmte Weise zusammen gruppirt, als daſs sie oft Ausdrücke, in welchen sie hätte variiren können, durch alle drei Redaktionen hindurch festgehalten hat 2). Die Beurkundung der Geschichte durch die drei Synoptiker aber wird wenigstens für die gewöhn- liche Ansicht von dem Verhältniſs der vier Evangelien durch das Schweigen des johanneischen sehr geschwächt, indem nicht einzusehen ist, warum dieser Evangelist eine so wichtige Begebenheit, welche zugleich seinem System so angemessen, und eigentlich die anschauliche Verwirkli- chung seines Ausspruchs im Prolog (V. 14.): καὶ ἐϑεασά- μεϑα τὴν δόξαν αὐτοῦ, δόξαν ὡς μονογενοῦς παρὰ πατρὸς, war, nicht aufgenommen haben soll. Der abgenuzte Grund, er habe die Begebenheit als durch seine Vorgänger be- kannt voraussetzen können, ist neben seiner allgemeinen Unrichtigkeit hier noch besonders deſswegen unbrauchbar, weil von den Synoptikern dieſsmal keiner Augenzeuge ge- wesen war, also an ihren Erzählungen durch einen, der, wie Johannes, die Scene miterlebt hatte, noch Manches zu berichtigen und zu erläutern sein muſste. Man hat sich daher nach einem andern Grund für diese und ähnli- che Auslassungen im vierten Evangelium umgesehen, und einen solchen in der antignostischen, näher antidoketischen Tendenz zu finden geglaubt, welche man aus den johannei- 2) Vgl. de Wette, Einleit, in das N. T. §. 79.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/283>, abgerufen am 22.11.2024.