her gekommen sein müsste: Angaben, zwischen welchen eine Vereinigung unmöglich, aber auch die Wahl sehr schwierig ist.
§. 105. Abweichungen der Evangelien in Hinsicht auf den Ausgangs- punkt des Einzugs Jesu in Jerusalem.
Selbst über den Schluss der Reise Jesu, über die lezte Station vor Jerusalem, sind die Evangelisten nicht ganz ei- nig. Während es nach den Synoptikern das Ansehen hat, als sei Jesus von Jericho aus ohne längeren Zwischenauf- enthalt an demselben Tage bis nach Jerusalem gekommen (Matth. 20, 34. 21, 1 ff. parall.): lässt ihn das vierte Evan- gelium von Ephraim zunächst nur bis Bethanien gehen, hier übernachten, und erst am folgenden Tag seinen Einzug in die Hauptstadt halten (12, 1. 12 ff.). Um beide Darstel- lungen zu vereinigen, sagt man, bei der nur summarischen Erzählung der Synoptiker sei es nicht zu verwundern, dass sie das Übernachten in Bethanien nicht ausdrücklich berühren, ohne es desswegen leugnen zu wollen; es finde somit kein Widerspruch zwischen ihnen und Johannes statt, sondern, was jene kurz zusammenfassen, lege dieser in seine weiteren Momente auseinander 1). Allein während Matthäus Bethanien gar nicht nennt, thun die beiden an- dern Synoptiker dieser Ortschaft auf eine Weise Erwäh- nung, welche der Annahme, dass Jesus daselbst über- nachtet habe, entschieden widerstrebt. Wenn sie nämlich erzählen, as eggisen eis Bethphage kai Bethanian, habe sich Jesus aus dem nächsten Dorf einen Esel holen lassen, und sei sofort auf diesem in die Stadt eingeritten: so kann man sich zwischen die so verbundenen Vorgänge unmöglich eine Nacht hineindenken, sondern die Erzählung lautet so, als ob unmittelbar auf die Sendung Jesu der Eigenthümer den
1)Tholuck, S. 218; Olshausen, 1, S. 771.
Zehntes Kapitel. §. 105.
her gekommen sein müſste: Angaben, zwischen welchen eine Vereinigung unmöglich, aber auch die Wahl sehr schwierig ist.
§. 105. Abweichungen der Evangelien in Hinsicht auf den Ausgangs- punkt des Einzugs Jesu in Jerusalem.
Selbst über den Schluſs der Reise Jesu, über die lezte Station vor Jerusalem, sind die Evangelisten nicht ganz ei- nig. Während es nach den Synoptikern das Ansehen hat, als sei Jesus von Jericho aus ohne längeren Zwischenauf- enthalt an demselben Tage bis nach Jerusalem gekommen (Matth. 20, 34. 21, 1 ff. parall.): läſst ihn das vierte Evan- gelium von Ephraim zunächst nur bis Bethanien gehen, hier übernachten, und erst am folgenden Tag seinen Einzug in die Hauptstadt halten (12, 1. 12 ff.). Um beide Darstel- lungen zu vereinigen, sagt man, bei der nur summarischen Erzählung der Synoptiker sei es nicht zu verwundern, daſs sie das Übernachten in Bethanien nicht ausdrücklich berühren, ohne es deſswegen leugnen zu wollen; es finde somit kein Widerspruch zwischen ihnen und Johannes statt, sondern, was jene kurz zusammenfassen, lege dieser in seine weiteren Momente auseinander 1). Allein während Matthäus Bethanien gar nicht nennt, thun die beiden an- dern Synoptiker dieser Ortschaft auf eine Weise Erwäh- nung, welche der Annahme, daſs Jesus daselbst über- nachtet habe, entschieden widerstrebt. Wenn sie nämlich erzählen, ἁς ἤγγισεν εἰς Βηϑφαγῆ καὶ Βηϑανίαν, habe sich Jesus aus dem nächsten Dorf einen Esel holen lassen, und sei sofort auf diesem in die Stadt eingeritten: so kann man sich zwischen die so verbundenen Vorgänge unmöglich eine Nacht hineindenken, sondern die Erzählung lautet so, als ob unmittelbar auf die Sendung Jesu der Eigenthümer den
1)Tholuck, S. 218; Olshausen, 1, S. 771.
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Zehntes Kapitel. §. 105.
her gekommen sein müſste: Angaben, zwischen welchen
eine Vereinigung unmöglich, aber auch die Wahl sehr
schwierig ist.
§. 105.
Abweichungen der Evangelien in Hinsicht auf den Ausgangs-
punkt des Einzugs Jesu in Jerusalem.
Selbst über den Schluſs der Reise Jesu, über die lezte
Station vor Jerusalem, sind die Evangelisten nicht ganz ei-
nig. Während es nach den Synoptikern das Ansehen hat,
als sei Jesus von Jericho aus ohne längeren Zwischenauf-
enthalt an demselben Tage bis nach Jerusalem gekommen
(Matth. 20, 34. 21, 1 ff. parall.): läſst ihn das vierte Evan-
gelium von Ephraim zunächst nur bis Bethanien gehen, hier
übernachten, und erst am folgenden Tag seinen Einzug in
die Hauptstadt halten (12, 1. 12 ff.). Um beide Darstel-
lungen zu vereinigen, sagt man, bei der nur summarischen
Erzählung der Synoptiker sei es nicht zu verwundern,
daſs sie das Übernachten in Bethanien nicht ausdrücklich
berühren, ohne es deſswegen leugnen zu wollen; es finde
somit kein Widerspruch zwischen ihnen und Johannes statt,
sondern, was jene kurz zusammenfassen, lege dieser in
seine weiteren Momente auseinander 1). Allein während
Matthäus Bethanien gar nicht nennt, thun die beiden an-
dern Synoptiker dieser Ortschaft auf eine Weise Erwäh-
nung, welche der Annahme, daſs Jesus daselbst über-
nachtet habe, entschieden widerstrebt. Wenn sie nämlich
erzählen, ἁς ἤγγισεν εἰς Βηϑφαγῆ καὶ Βηϑανίαν, habe sich
Jesus aus dem nächsten Dorf einen Esel holen lassen, und
sei sofort auf diesem in die Stadt eingeritten: so kann man
sich zwischen die so verbundenen Vorgänge unmöglich eine
Nacht hineindenken, sondern die Erzählung lautet so, als
ob unmittelbar auf die Sendung Jesu der Eigenthümer den
1) Tholuck, S. 218; Olshausen, 1, S. 771.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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