fehlt. Wenn ferner die Aufforderung Jesu an den Verrä- ther nach dem Essen, was er thue, schnell zu thun, von den Jüngern dahin missverstanden wird, oti legei auio; agorason, on khreian ekhomen eis ten eorten (V. 29.): so be- zogen sich die Festbedürfnisse doch hauptsächlich auf das Paschamahl, und kann folglich die so eben vollendete Mahl- zeit nicht wohl schon das Paschamahl gewesen sein. Wenn es dann (18, 28.) weiter heisst, am folgenden Morgen seien die Juden nicht in das heidnische Prätorium gegangen, ina me mianthosin, all ina phagosi to paskha: so scheint auch hienach die Paschamahlzeit noch bevorgestanden zu haben. Dazu kommt, dass (19, 14.) eben dieser folgende Tag, an welchem Jesus gekreuziget wurde, als paraskeue tou paskha bezeichnet wird, d. h. als derjenige Tag, an des- sen Abend erst das Paschalamm verzehrt werden sollte auch, wenn von dem zweiten Tag nach jener Mahlzeit, wel- chen Jesus im Grabe zubrachte, gesagt wird: en gar me- gale e emera ekeinou tousabbatou (19, 31.): so scheint die- se besondere Feierlichkeit eben daher gerührt zu haben, dass auf jenen Sabbat der erste Paschatag fiel, also das Osterlamm nicht schon am Abend der Gefangennehmung Jesu gefeiert worden war, sondern erst am Abend seines Begräbnisses gehalten wurde.
Diese Abweichungen sind so bedeutend, dass manche Ausleger, um die Evangelisten nicht in Widerspruch mit- einander kommen zu lassen, auch hier die alte probate Auskunft angewendet haben, sie reden gar nicht von der- selben Sache, Johannes meine eine ganz andre Mahlzeit als die Synoptiker. Das johanneische deipnon ist hienach ein gewöhnliches Abendessen, ohne Zweifel in Bethanien; bei diesem nahm Jesus die Fusswaschung vor, sprach vom Verräther, und fügte, nachdem dieser die Gesellschaft ver- lassen, noch andere Reden tröstenden und ermahnenden Inhalts hinzu, bis er endlich am Morgen des 14ten Nisan durch die Worte: egeiresthe, agomen enteuthen (14, 31.), die
26 *
Zweites Kapitel. §. 117.
fehlt. Wenn ferner die Aufforderung Jesu an den Verrä- ther nach dem Essen, was er thue, schnell zu thun, von den Jüngern dahin miſsverstanden wird, ὅτι λέγει αὐιῷ· ἀγόρασον, ὦν χρείαν ἔχομεν εἰς τὴν ἑορτήν (V. 29.): so be- zogen sich die Festbedürfnisse doch hauptsächlich auf das Paschamahl, und kann folglich die so eben vollendete Mahl- zeit nicht wohl schon das Paschamahl gewesen sein. Wenn es dann (18, 28.) weiter heiſst, am folgenden Morgen seien die Juden nicht in das heidnische Prätorium gegangen, ἵνα μὴ μιανϑῶσιν, ἀλλ̕ ἵνα φάγωσι τὸ πάσχα: so scheint auch hienach die Paschamahlzeit noch bevorgestanden zu haben. Dazu kommt, daſs (19, 14.) eben dieser folgende Tag, an welchem Jesus gekreuziget wurde, als παρασκευὴ τοῦ πάσχα bezeichnet wird, d. h. als derjenige Tag, an des- sen Abend erst das Paschalamm verzehrt werden sollte auch, wenn von dem zweiten Tag nach jener Mahlzeit, wel- chen Jesus im Grabe zubrachte, gesagt wird: ἦν γὰρ με- γάλη ἡ ἡμέρα ἐκείνου τοῦσαββάτου (19, 31.): so scheint die- se besondere Feierlichkeit eben daher gerührt zu haben, daſs auf jenen Sabbat der erste Paschatag fiel, also das Osterlamm nicht schon am Abend der Gefangennehmung Jesu gefeiert worden war, sondern erst am Abend seines Begräbnisses gehalten wurde.
Diese Abweichungen sind so bedeutend, daſs manche Ausleger, um die Evangelisten nicht in Widerspruch mit- einander kommen zu lassen, auch hier die alte probate Auskunft angewendet haben, sie reden gar nicht von der- selben Sache, Johannes meine eine ganz andre Mahlzeit als die Synoptiker. Das johanneische δεῖπνον ist hienach ein gewöhnliches Abendessen, ohne Zweifel in Bethanien; bei diesem nahm Jesus die Fuſswaschung vor, sprach vom Verräther, und fügte, nachdem dieser die Gesellschaft ver- lassen, noch andere Reden tröstenden und ermahnenden Inhalts hinzu, bis er endlich am Morgen des 14ten Nisan durch die Worte: ἐγείρεσϑε, ἄγωμεν ἐντεῦϑεν (14, 31.), die
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Zweites Kapitel. §. 117.
fehlt. Wenn ferner die Aufforderung Jesu an den Verrä-
ther nach dem Essen, was er thue, schnell zu thun, von
den Jüngern dahin miſsverstanden wird, ὅτι λέγει αὐιῷ·
ἀγόρασον, ὦν χρείαν ἔχομεν εἰς τὴν ἑορτήν (V. 29.): so be-
zogen sich die Festbedürfnisse doch hauptsächlich auf das
Paschamahl, und kann folglich die so eben vollendete Mahl-
zeit nicht wohl schon das Paschamahl gewesen sein. Wenn
es dann (18, 28.) weiter heiſst, am folgenden Morgen seien
die Juden nicht in das heidnische Prätorium gegangen,
ἵνα μὴ μιανϑῶσιν, ἀλλ̕ ἵνα φάγωσι τὸ πάσχα: so scheint
auch hienach die Paschamahlzeit noch bevorgestanden zu
haben. Dazu kommt, daſs (19, 14.) eben dieser folgende
Tag, an welchem Jesus gekreuziget wurde, als παρασκευὴ
τοῦ πάσχα bezeichnet wird, d. h. als derjenige Tag, an des-
sen Abend erst das Paschalamm verzehrt werden sollte
auch, wenn von dem zweiten Tag nach jener Mahlzeit, wel-
chen Jesus im Grabe zubrachte, gesagt wird: ἦν γὰρ με-
γάλη ἡ ἡμέρα ἐκείνου τοῦσαββάτου (19, 31.): so scheint die-
se besondere Feierlichkeit eben daher gerührt zu haben,
daſs auf jenen Sabbat der erste Paschatag fiel, also das
Osterlamm nicht schon am Abend der Gefangennehmung
Jesu gefeiert worden war, sondern erst am Abend seines
Begräbnisses gehalten wurde.
Diese Abweichungen sind so bedeutend, daſs manche
Ausleger, um die Evangelisten nicht in Widerspruch mit-
einander kommen zu lassen, auch hier die alte probate
Auskunft angewendet haben, sie reden gar nicht von der-
selben Sache, Johannes meine eine ganz andre Mahlzeit
als die Synoptiker. Das johanneische δεῖπνον ist hienach
ein gewöhnliches Abendessen, ohne Zweifel in Bethanien;
bei diesem nahm Jesus die Fuſswaschung vor, sprach vom
Verräther, und fügte, nachdem dieser die Gesellschaft ver-
lassen, noch andere Reden tröstenden und ermahnenden
Inhalts hinzu, bis er endlich am Morgen des 14ten Nisan
durch die Worte: ἐγείρεσϑε, ἄγωμεν ἐντεῦϑεν (14, 31.), die
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/422>, abgerufen am 18.06.2024.
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