bemerkt er nachfolgend, dass Jesus vielmehr mit seinem Gebote zuvorgekommen.
An die Nachholung dieses Gebots schliesst sich nun bei Markus und Lukas die Frage Jesu an den Dämon an: ti soi onoma; worauf sich eine Mehrheit von Dämonen zu erkennen giebt, und als ihren Namen legeon bezeich- net, -- eine Zwischenhandlung, von welcher Matthäus nichts hat. Wie wäre es nun, wenn, wie der vorige Zusaz ei- ne nachträgliche Erklärung des Vorhergehenden, so diese Frage und Antwort eine vorausgeschickte Einleitung des Folgenden wäre? und ebenso nur aus den eigenen Mitteln der Sage oder des Referenten? Der sofort von den Dä- monen ausgesprochene Wunsch nämlich, in die Schweine- heerde zu fahren, sezt zwar auch bei Matthäus eine Mehr- heit von Dämonen in jedem der beiden Besessenen voraus, weil doch die Zahl der bösen Geister beiläufig der Zahl der Schweine entsprechend gedacht werden muss: eben dieses Entsprechen aber der beiderseitigen Anzahl schien noch besonders hervorgehoben werden zu müssen. Was nun bei Thieren eine Heerde, das ist bei Menschen und höheren Wesen ein Heer, oder genauer eine Heeresabthei- lung, und da lag, wenn eine grössere Abtheilung bezeich- net werden sollte, nichts näher, als die römische Legion, welche Matth. 26, 53. auf die Engel, wie hier auf die Dä- monen angewendet ist. -- Dass es nun aber, auch abgese- hen von dieser näheren Bestimmung, mehrere Dämonen ge- wesen sein sollen, welche hier in Einem Individuum ihre Wohnung aufgeschlagen hatten, ist als undenkbar zu be- zeichnen. Denn wenn man zwar so viel etwa noch sich vorstellig machen kann, wie Ein Dämon mit Unterdrückung des menschlichen Bewusstseins, sich eines menschlichen Or- ganismus bemächtigen könne: so geht einem doch alle Vor- stellung aus, sobald man gar viele einen Menschen besi- zende dämonische Persönlichkeiten sich denken soll. Denn da dieses Besitzen nichts Andres ist, als, sich zum Sub-
Neuntes Kapitel. §. 89.
bemerkt er nachfolgend, daſs Jesus vielmehr mit seinem Gebote zuvorgekommen.
An die Nachholung dieses Gebots schlieſst sich nun bei Markus und Lukas die Frage Jesu an den Dämon an: τί σοι ὄνομα; worauf sich eine Mehrheit von Dämonen zu erkennen giebt, und als ihren Namen λεγεὼν bezeich- net, — eine Zwischenhandlung, von welcher Matthäus nichts hat. Wie wäre es nun, wenn, wie der vorige Zusaz ei- ne nachträgliche Erklärung des Vorhergehenden, so diese Frage und Antwort eine vorausgeschickte Einleitung des Folgenden wäre? und ebenso nur aus den eigenen Mitteln der Sage oder des Referenten? Der sofort von den Dä- monen ausgesprochene Wunsch nämlich, in die Schweine- heerde zu fahren, sezt zwar auch bei Matthäus eine Mehr- heit von Dämonen in jedem der beiden Besessenen voraus, weil doch die Zahl der bösen Geister beiläufig der Zahl der Schweine entsprechend gedacht werden muſs: eben dieses Entsprechen aber der beiderseitigen Anzahl schien noch besonders hervorgehoben werden zu müssen. Was nun bei Thieren eine Heerde, das ist bei Menschen und höheren Wesen ein Heer, oder genauer eine Heeresabthei- lung, und da lag, wenn eine gröſsere Abtheilung bezeich- net werden sollte, nichts näher, als die römische Legion, welche Matth. 26, 53. auf die Engel, wie hier auf die Dä- monen angewendet ist. — Daſs es nun aber, auch abgese- hen von dieser näheren Bestimmung, mehrere Dämonen ge- wesen sein sollen, welche hier in Einem Individuum ihre Wohnung aufgeschlagen hatten, ist als undenkbar zu be- zeichnen. Denn wenn man zwar so viel etwa noch sich vorstellig machen kann, wie Ein Dämon mit Unterdrückung des menschlichen Bewuſstseins, sich eines menschlichen Or- ganismus bemächtigen könne: so geht einem doch alle Vor- stellung aus, sobald man gar viele einen Menschen besi- zende dämonische Persönlichkeiten sich denken soll. Denn da dieses Besitzen nichts Andres ist, als, sich zum Sub-
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Neuntes Kapitel. §. 89.
bemerkt er nachfolgend, daſs Jesus vielmehr mit seinem
Gebote zuvorgekommen.
An die Nachholung dieses Gebots schlieſst sich nun
bei Markus und Lukas die Frage Jesu an den Dämon an:
τί σοι ὄνομα; worauf sich eine Mehrheit von Dämonen
zu erkennen giebt, und als ihren Namen λεγεὼν bezeich-
net, — eine Zwischenhandlung, von welcher Matthäus nichts
hat. Wie wäre es nun, wenn, wie der vorige Zusaz ei-
ne nachträgliche Erklärung des Vorhergehenden, so diese
Frage und Antwort eine vorausgeschickte Einleitung des
Folgenden wäre? und ebenso nur aus den eigenen Mitteln
der Sage oder des Referenten? Der sofort von den Dä-
monen ausgesprochene Wunsch nämlich, in die Schweine-
heerde zu fahren, sezt zwar auch bei Matthäus eine Mehr-
heit von Dämonen in jedem der beiden Besessenen voraus,
weil doch die Zahl der bösen Geister beiläufig der Zahl
der Schweine entsprechend gedacht werden muſs: eben
dieses Entsprechen aber der beiderseitigen Anzahl schien
noch besonders hervorgehoben werden zu müssen. Was
nun bei Thieren eine Heerde, das ist bei Menschen und
höheren Wesen ein Heer, oder genauer eine Heeresabthei-
lung, und da lag, wenn eine gröſsere Abtheilung bezeich-
net werden sollte, nichts näher, als die römische Legion,
welche Matth. 26, 53. auf die Engel, wie hier auf die Dä-
monen angewendet ist. — Daſs es nun aber, auch abgese-
hen von dieser näheren Bestimmung, mehrere Dämonen ge-
wesen sein sollen, welche hier in Einem Individuum ihre
Wohnung aufgeschlagen hatten, ist als undenkbar zu be-
zeichnen. Denn wenn man zwar so viel etwa noch sich
vorstellig machen kann, wie Ein Dämon mit Unterdrückung
des menschlichen Bewuſstseins, sich eines menschlichen Or-
ganismus bemächtigen könne: so geht einem doch alle Vor-
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zende dämonische Persönlichkeiten sich denken soll. Denn
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/50>, abgerufen am 24.11.2024.
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