wird einiges Nähere mitgetheilt. Nichts lag daher der Har- monistik näher, als die Annahme, wie sie sich z. B. schon bei Euthymius findet, Johannes habe vermöge seines Er- gänzungszwecks das von den Synoptikern übergangene Ver- hör vor Annas nachgeholt, das vor Kaiphas aber, weil es von seinen Vorgängern ausführlich genug beschrieben war, übergangen 1). Diese Ansicht, dass Johannes und die Syn- optiker von ganz verschiedenen Verhören reden, wird auch dadurch bestätigt, dass der Inhalt des Verhörs auf beiden Seiten ein ganz verschiedener ist. Während nämlich bei dem, welches die Synoptiker beschreiben, nach Matthäus und Markus zuerst die falschen Zeugen gegen Jesum auf- treten, hierauf der Hohepriester ihn fragt, ob er sich wirk- lich für den Messias ausgebe, und auf die Bejahung da- von ihn der Blasphemie und des Todes schuldig erklärt, woran sich Misshandlungen schliessen: so wird in dem von Johannes geschilderten Verhör Jesus nur nach seinen Jün- gern und nach seiner Lehre gefragt, worauf er sich auf die Öffentlichkeit seines Wirkens beruft, und nachdem er hierüber von einem Diener misshandelt worden war, ohne dass ein Urtheil gefällt wäre, weiter geschickt.
Doch, wenn gleich der eigentliche, Jesum betreffende Inhalt der beiden Verhöre ein verschiedener ist, scheint die Identität einer nebenherspielenden Begebenheit sie wie- der zu identificiren, indem sowohl Johannes als die Syn- optiker, jeder Theil während des von ihm beschriebenen Verhörs, Jesum von Petrus verleugnet werden lässt. Um dem Widerspruch zu entgehen, dass die Verleugnung des Petrus nach den drei ersten Evangelien während des Ver- hörs vor Kaiphas, nach dem vierten bei Annas vorgefal- len sein müsste, hat man in der Darstellung des lezteren Evangeliums Spuren zu entdecken gewusst, welche darauf zu deuten schienen, dass auch sein Bericht von einem Ver-
1)Paulus, a. a. O. S. 577. Olshausen, S. 244.
Das Leben Jesu II. Band. 31
Drittes Kapitel. §. 124.
wird einiges Nähere mitgetheilt. Nichts lag daher der Har- monistik näher, als die Annahme, wie sie sich z. B. schon bei Euthymius findet, Johannes habe vermöge seines Er- gänzungszwecks das von den Synoptikern übergangene Ver- hör vor Annas nachgeholt, das vor Kaiphas aber, weil es von seinen Vorgängern ausführlich genug beschrieben war, übergangen 1). Diese Ansicht, daſs Johannes und die Syn- optiker von ganz verschiedenen Verhören reden, wird auch dadurch bestätigt, daſs der Inhalt des Verhörs auf beiden Seiten ein ganz verschiedener ist. Während nämlich bei dem, welches die Synoptiker beschreiben, nach Matthäus und Markus zuerst die falschen Zeugen gegen Jesum auf- treten, hierauf der Hohepriester ihn fragt, ob er sich wirk- lich für den Messias ausgebe, und auf die Bejahung da- von ihn der Blasphemie und des Todes schuldig erklärt, woran sich Miſshandlungen schlieſsen: so wird in dem von Johannes geschilderten Verhör Jesus nur nach seinen Jün- gern und nach seiner Lehre gefragt, worauf er sich auf die Öffentlichkeit seines Wirkens beruft, und nachdem er hierüber von einem Diener miſshandelt worden war, ohne daſs ein Urtheil gefällt wäre, weiter geschickt.
Doch, wenn gleich der eigentliche, Jesum betreffende Inhalt der beiden Verhöre ein verschiedener ist, scheint die Identität einer nebenherspielenden Begebenheit sie wie- der zu identificiren, indem sowohl Johannes als die Syn- optiker, jeder Theil während des von ihm beschriebenen Verhörs, Jesum von Petrus verleugnet werden läſst. Um dem Widerspruch zu entgehen, daſs die Verleugnung des Petrus nach den drei ersten Evangelien während des Ver- hörs vor Kaiphas, nach dem vierten bei Annas vorgefal- len sein müſste, hat man in der Darstellung des lezteren Evangeliums Spuren zu entdecken gewuſst, welche darauf zu deuten schienen, daſs auch sein Bericht von einem Ver-
1)Paulus, a. a. O. S. 577. Olshausen, S. 244.
Das Leben Jesu II. Band. 31
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Drittes Kapitel. §. 124.
wird einiges Nähere mitgetheilt. Nichts lag daher der Har-
monistik näher, als die Annahme, wie sie sich z. B. schon
bei Euthymius findet, Johannes habe vermöge seines Er-
gänzungszwecks das von den Synoptikern übergangene Ver-
hör vor Annas nachgeholt, das vor Kaiphas aber, weil es
von seinen Vorgängern ausführlich genug beschrieben war,
übergangen 1). Diese Ansicht, daſs Johannes und die Syn-
optiker von ganz verschiedenen Verhören reden, wird auch
dadurch bestätigt, daſs der Inhalt des Verhörs auf beiden
Seiten ein ganz verschiedener ist. Während nämlich bei
dem, welches die Synoptiker beschreiben, nach Matthäus
und Markus zuerst die falschen Zeugen gegen Jesum auf-
treten, hierauf der Hohepriester ihn fragt, ob er sich wirk-
lich für den Messias ausgebe, und auf die Bejahung da-
von ihn der Blasphemie und des Todes schuldig erklärt,
woran sich Miſshandlungen schlieſsen: so wird in dem von
Johannes geschilderten Verhör Jesus nur nach seinen Jün-
gern und nach seiner Lehre gefragt, worauf er sich auf
die Öffentlichkeit seines Wirkens beruft, und nachdem er
hierüber von einem Diener miſshandelt worden war, ohne
daſs ein Urtheil gefällt wäre, weiter geschickt.
Doch, wenn gleich der eigentliche, Jesum betreffende
Inhalt der beiden Verhöre ein verschiedener ist, scheint
die Identität einer nebenherspielenden Begebenheit sie wie-
der zu identificiren, indem sowohl Johannes als die Syn-
optiker, jeder Theil während des von ihm beschriebenen
Verhörs, Jesum von Petrus verleugnet werden läſst. Um
dem Widerspruch zu entgehen, daſs die Verleugnung des
Petrus nach den drei ersten Evangelien während des Ver-
hörs vor Kaiphas, nach dem vierten bei Annas vorgefal-
len sein müſste, hat man in der Darstellung des lezteren
Evangeliums Spuren zu entdecken gewuſst, welche darauf
zu deuten schienen, daſs auch sein Bericht von einem Ver-
1) Paulus, a. a. O. S. 577. Olshausen, S. 244.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/500>, abgerufen am 22.11.2024.
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