Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Dritter Abschnitt. dieses Anschwellens betrachten: indessen, wenn man indem, A. G. 1, 20. auf den Judas angewendeten Ps. 109. unter andern Vorwürfen auch den liest: eiselthen (nach dem Hebräischen vielleicht besser eiseltheto, sc. e katara) osei idor eis ta egkata autou (V. 18. LXX.): so könnte doch möglicherweise die nosos uderike auch aus dieser Stelle geholt sein, wie der Zug der monströsen Beschrei- bung, welche der angebliche Papias von dem Zustande des Judas macht, dass er nämlich wegen ungeheuren Anschwel- lens der Augenlieder das Tageslicht nicht mehr habe sehen können, an V. 24. des andern Judaspsalms erinnern dürfte, wo unter den Verwünschungen namentlich auch die vor- kommt: skotisthetosan oi ophthalmoi auton tou me blepein, eine Verhinderung am Sehen, welche, einmal den ge- schwollenen Leib des Judas vorausgesezt, als Zuschwellen der Augenlieder sich gestalten musste. Hat so die an A. G. 1. sich anschliessende Tradition ihre Ansicht von dem Ende des Judas hauptsächlich nach Ausdrücken der be- zeichneten beiden Psalmen weitergebildet, und ist in jener Stelle der A. G. selbst die Angabe von dem Verhältniss des Judas zu dem Landgut ebendaher entnommen: so liegt die Vermuthung nicht allzufern, dass auch schon, was die A. G. über das Ende des Verräthers sagt, aus derselben Quelle geflossen sein möge. Dass er eines frühzeitigen Todes ge- storben, kann historisch sein: aber auch wenn nicht, so war ein früher Tod schon Ps. 109, in demselben Sten Vers, welcher die Verleihung der episkope an einen Andern ent- hielt, in den Worten: genethetosan ai emerai autou oligai, ihm verkündigt, und fast möchte man glauben, dass auch der Tod durch einen jähen Fall aus Ps. 69, 23., wo es heisst: genetheto e trapeza auton -- eis skandalon (l@mvqesh), entstanden sei. Schwerlich also wissen wir von Judas auch nur soviel Dritter Abschnitt. dieses Anschwellens betrachten: indessen, wenn man indem, A. G. 1, 20. auf den Judas angewendeten Ps. 109. unter andern Vorwürfen auch den liest: εἰσῆλϑεν (nach dem Hebräischen vielleicht besser εἰσελϑέτω, sc. ἡ κατάρα) ὡσεὶ ἵδωρ εἰς τὰ ἔγκατα αὐτοῦ (V. 18. LXX.): so könnte doch möglicherweise die νόσος ὑδερικὴ auch aus dieser Stelle geholt sein, wie der Zug der monströsen Beschrei- bung, welche der angebliche Papias von dem Zustande des Judas macht, daſs er nämlich wegen ungeheuren Anschwel- lens der Augenlieder das Tageslicht nicht mehr habe sehen können, an V. 24. des andern Judaspsalms erinnern dürfte, wo unter den Verwünschungen namentlich auch die vor- kommt: σκοτισϑήτωσαν οι ὀφϑαλμοὶ αὐτῶν τοῦ μὴ βλέπειν, eine Verhinderung am Sehen, welche, einmal den ge- schwollenen Leib des Judas vorausgesezt, als Zuschwellen der Augenlieder sich gestalten muſste. Hat so die an A. G. 1. sich anschlieſsende Tradition ihre Ansicht von dem Ende des Judas hauptsächlich nach Ausdrücken der be- zeichneten beiden Psalmen weitergebildet, und ist in jener Stelle der A. G. selbst die Angabe von dem Verhältniſs des Judas zu dem Landgut ebendaher entnommen: so liegt die Vermuthung nicht allzufern, daſs auch schon, was die A. G. über das Ende des Verräthers sagt, aus derselben Quelle geflossen sein möge. Daſs er eines frühzeitigen Todes ge- storben, kann historisch sein: aber auch wenn nicht, so war ein früher Tod schon Ps. 109, in demselben Sten Vers, welcher die Verleihung der ἐπισκοπὴ an einen Andern ent- hielt, in den Worten: γενηϑήτωσαν αἱ ἡμέραι αὐτοῦ ὀλίγαι, ihm verkündigt, und fast möchte man glauben, daſs auch der Tod durch einen jähen Fall aus Ps. 69, 23., wo es heiſst: γενηϑήτω ἡ τράπεζα αὐτῶν — εἰς σκάνδαλον (לְמוֺקֵשׁ), entstanden sei. 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Dritter Abschnitt.
dieses Anschwellens betrachten: indessen, wenn man in
dem, A. G. 1, 20. auf den Judas angewendeten Ps. 109.
unter andern Vorwürfen auch den liest: εἰσῆλϑεν (nach
dem Hebräischen vielleicht besser εἰσελϑέτω, sc. ἡ κατάρα)
ὡσεὶ ἵδωρ εἰς τὰ ἔγκατα αὐτοῦ (V. 18. LXX.): so könnte
doch möglicherweise die νόσος ὑδερικὴ auch aus dieser
Stelle geholt sein, wie der Zug der monströsen Beschrei-
bung, welche der angebliche Papias von dem Zustande des
Judas macht, daſs er nämlich wegen ungeheuren Anschwel-
lens der Augenlieder das Tageslicht nicht mehr habe sehen
können, an V. 24. des andern Judaspsalms erinnern dürfte,
wo unter den Verwünschungen namentlich auch die vor-
kommt: σκοτισϑήτωσαν οι ὀφϑαλμοὶ αὐτῶν τοῦ μὴ βλέπειν,
eine Verhinderung am Sehen, welche, einmal den ge-
schwollenen Leib des Judas vorausgesezt, als Zuschwellen
der Augenlieder sich gestalten muſste. Hat so die an
A. G. 1. sich anschlieſsende Tradition ihre Ansicht von dem
Ende des Judas hauptsächlich nach Ausdrücken der be-
zeichneten beiden Psalmen weitergebildet, und ist in jener
Stelle der A. G. selbst die Angabe von dem Verhältniſs des
Judas zu dem Landgut ebendaher entnommen: so liegt die
Vermuthung nicht allzufern, daſs auch schon, was die A. G.
über das Ende des Verräthers sagt, aus derselben Quelle
geflossen sein möge. Daſs er eines frühzeitigen Todes ge-
storben, kann historisch sein: aber auch wenn nicht, so
war ein früher Tod schon Ps. 109, in demselben Sten Vers,
welcher die Verleihung der ἐπισκοπὴ an einen Andern ent-
hielt, in den Worten: γενηϑήτωσαν αἱ ἡμέραι αὐτοῦ ὀλίγαι,
ihm verkündigt, und fast möchte man glauben, daſs auch
der Tod durch einen jähen Fall aus Ps. 69, 23., wo es
heiſst: γενηϑήτω ἡ τράπεζα αὐτῶν — εἰς σκάνδαλον (לְמוֺקֵשׁ),
entstanden sei.
Schwerlich also wissen wir von Judas auch nur soviel
gewiſs, daſs er auf gewaltsame Weise vor der Zeit um's
Leben gekommen: sondern wenn er, wie nach seinem Aus-
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