Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Dritter Abschnitt. stände, vereinigen diese Angaben dahin: zuerst habe Je-sus selbst das Kreuz zu tragen versucht, hierauf aber, als es sich zeigte, dass er zu erschöpft war, habe man es dem Simon aufgeladen 1). Allein wenn Johannes sagt: kai ba- sazon ton sauron autou exelthen eis -- Golgatha; opou auton esaurosan: so sezt er offenbar nicht voraus, dass auf dem Weg dahin Jesu das Kreuz abgenommen worden wäre 2). Es scheint aber die von den Synoptikern so einstimmig ge- gebene Notiz von dem untergeschobenen Simon um so we- niger abgewiesen werden zu können, je weniger sich ein Anlass, aus dem sie erdichtet worden sein könnte, auffin- den lässt. Wohl aber könnte dieser individuelle Zug im Kreise der der Entstehung des vierten Evangeliums unbe- kannt geblieben sein, und der Verfasser desselben sich ge- dacht haben, dass der allgemeinen Sitte zufolge Jesus selbst das Kreuz werde haben tragen müssen. Sämmtliche Syn- optiker bezeichnen jenen Simon als einen Kurenaios, d. h. wahrscheinlich einen, aus der libyschen Stadt Cyrene, wo viele Juden wohnten 3), zum Fest nach Jerusalem Gekom- menen. Nach allen wurde er auf gewaltsame Weise zum Tragen des Kreuzes gebracht, was aber weder für, noch gegen die Annahme, dass er Jesu günstig gewesen, benüzt werden kann 4). Nach Lukas und Markus kam der Mann gerade ap agrou, und wie er am Kreuzigungszug vorüber- gehen wollte, verwendete man ihn zur Unterstützung Jesu. Markus bezeichnet ihn noch bestimmter als pater Alexan- drou kai Rouphou, ohne Zweifel, weil diess in der ersten Ge- meinde bekannte Männer waren (vgl. A. G. 19, 33. Röm. 16, 13. 1. Tim. 1, 20. 2. Tim. 4, 14.) 5), an welche er, 1) So Paulus, Kuinöl, Tholuck und Olshausen in den Comm. 2) Fritzsche, in Marc. 684: Significat Joannes, Jesum suam 3) Joseph. Antiq. 14, 7, 2. 4) Dafür benüzt es z. B. Grotius; dagegen Olshausen 2, S. 481. 5) Vgl. Paulus und Fritzsche z. d. St.
Dritter Abschnitt. stände, vereinigen diese Angaben dahin: zuerst habe Je-sus selbst das Kreuz zu tragen versucht, hierauf aber, als es sich zeigte, daſs er zu erschöpft war, habe man es dem Simon aufgeladen 1). Allein wenn Johannes sagt: καὶ βα- ςάζων τὸν ςαυρὸν αὑτοῦ ἐξῆλϑεν εἰς — Γολγαϑᾶ· ὅπου αὐτὸν ἐςαύρωσαν: so sezt er offenbar nicht voraus, daſs auf dem Weg dahin Jesu das Kreuz abgenommen worden wäre 2). Es scheint aber die von den Synoptikern so einstimmig ge- gebene Notiz von dem untergeschobenen Simon um so we- niger abgewiesen werden zu können, je weniger sich ein Anlaſs, aus dem sie erdichtet worden sein könnte, auffin- den läſst. Wohl aber könnte dieser individuelle Zug im Kreise der der Entstehung des vierten Evangeliums unbe- kannt geblieben sein, und der Verfasser desselben sich ge- dacht haben, daſs der allgemeinen Sitte zufolge Jesus selbst das Kreuz werde haben tragen müssen. Sämmtliche Syn- optiker bezeichnen jenen Simon als einen Κυρηναῖος, d. h. wahrscheinlich einen, aus der libyschen Stadt Cyrene, wo viele Juden wohnten 3), zum Fest nach Jerusalem Gekom- menen. Nach allen wurde er auf gewaltsame Weise zum Tragen des Kreuzes gebracht, was aber weder für, noch gegen die Annahme, daſs er Jesu günstig gewesen, benüzt werden kann 4). Nach Lukas und Markus kam der Mann gerade ἀπ̕ ἀγροῦ, und wie er am Kreuzigungszug vorüber- gehen wollte, verwendete man ihn zur Unterstützung Jesu. Markus bezeichnet ihn noch bestimmter als πατὴρ Ἀλεξάν- δρου καὶ Ῥουφου, ohne Zweifel, weil dieſs in der ersten Ge- meinde bekannte Männer waren (vgl. A. G. 19, 33. Röm. 16, 13. 1. Tim. 1, 20. 2. Tim. 4, 14.) 5), an welche er, 1) So Paulus, Kuinöl, Tholuck und Olshausen in den Comm. 2) Fritzsche, in Marc. 684: Significat Joannes, Jesum suam 3) Joseph. Antiq. 14, 7, 2. 4) Dafür benüzt es z. B. Grotius; dagegen Olshausen 2, S. 481. 5) Vgl. Paulus und Fritzsche z. d. St.
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Dritter Abschnitt.
stände, vereinigen diese Angaben dahin: zuerst habe Je-
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es sich zeigte, daſs er zu erschöpft war, habe man es dem
Simon aufgeladen 1). Allein wenn Johannes sagt: καὶ βα-
ςάζων τὸν ςαυρὸν αὑτοῦ ἐξῆλϑεν εἰς — Γολγαϑᾶ· ὅπου αὐτὸν
ἐςαύρωσαν: so sezt er offenbar nicht voraus, daſs auf dem
Weg dahin Jesu das Kreuz abgenommen worden wäre 2).
Es scheint aber die von den Synoptikern so einstimmig ge-
gebene Notiz von dem untergeschobenen Simon um so we-
niger abgewiesen werden zu können, je weniger sich ein
Anlaſs, aus dem sie erdichtet worden sein könnte, auffin-
den läſst. Wohl aber könnte dieser individuelle Zug im
Kreise der der Entstehung des vierten Evangeliums unbe-
kannt geblieben sein, und der Verfasser desselben sich ge-
dacht haben, daſs der allgemeinen Sitte zufolge Jesus selbst
das Kreuz werde haben tragen müssen. Sämmtliche Syn-
optiker bezeichnen jenen Simon als einen Κυρηναῖος, d. h.
wahrscheinlich einen, aus der libyschen Stadt Cyrene, wo
viele Juden wohnten 3), zum Fest nach Jerusalem Gekom-
menen. Nach allen wurde er auf gewaltsame Weise zum
Tragen des Kreuzes gebracht, was aber weder für, noch
gegen die Annahme, daſs er Jesu günstig gewesen, benüzt
werden kann 4). Nach Lukas und Markus kam der Mann
gerade ἀπ̕ ἀγροῦ, und wie er am Kreuzigungszug vorüber-
gehen wollte, verwendete man ihn zur Unterstützung Jesu.
Markus bezeichnet ihn noch bestimmter als πατὴρ Ἀλεξάν-
δρου καὶ Ῥουφου, ohne Zweifel, weil dieſs in der ersten Ge-
meinde bekannte Männer waren (vgl. A. G. 19, 33. Röm.
16, 13. 1. Tim. 1, 20. 2. Tim. 4, 14.) 5), an welche er,
1) So Paulus, Kuinöl, Tholuck und Olshausen in den Comm.
2) Fritzsche, in Marc. 684: Significat Joannes, Jesum suam
crucem portavisse, donec ad calvariae locum pervenisset.
3) Joseph. Antiq. 14, 7, 2.
4) Dafür benüzt es z. B. Grotius; dagegen Olshausen 2, S. 481.
5) Vgl. Paulus und Fritzsche z. d. St.
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