Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Fünftes Kapitel. §. 137. Wege steht, und wie sie limitirt werden muss, ist schonfrüher bemerklich gemacht worden 1). Aber auch der zulezt angegebenen näheren Bestimmung der Taufe steht das ent- gegen, dass sie im ganzen N. T. einzig in der angeführ- ten Stelle des ersten Evangeliums anzutreffen ist, während in den apostolischen Briefen und der A. G. die Taufe nur als baptizein eis Khrison Iesoun oder eis to onoma tou Kuriou Iesou und auf ähnliche Weise bezeichnet wird (A. G. 2, 38. 8, 16. 10, 48. 19, 5. Röm. 6, 3. Gal. 3, 27.), und erst bei Kirchenschriftstellern, wie Justin 2), dieselbe drei- fache Beziehung auf Gott, Jesum und den Geist sich findet. Auch lautet die Formel bei Matthäus schon so ganz wie aus dem kirchlichen Ritual, dass es nicht wenig Wahrscheinlichkeit hat, sie aus diesem in Jesu Mund übergetragen zu denken. Desswegen aber diese Stelle als Interpolation aus dem Text zu werfen 3), ist man nicht berechtigt, da, wenn man Alles dasjenige in den Evange- lien, was Jesu nicht begegnet, von ihm nicht so gethan und gesprochen sein kann, für eingeschoben erklären woll- te, der Interpolationen leicht zu viele werden dürften. Insofern ist mit Recht von Anderen die Ächtheit der Tauf- formel vertheidigt worden 4); aber indem ihre Gründe für die Behauptung, dieselbe sei schon von Jesu selbst auf diese Weise vorgetragen worden, nicht ausreichen: ver- einigen sich beide Ansichten in der dritten, dass diese nä- here Bestimmung der Taufe zwar dem ursprünglichen Con- text des ersten Evangeliums angehöre, ohne jedoch schon von Jesu so vorgetragen worden zu sein. Überhaupt, sei 1) Bd. 1. §. 64. 2) Apol. I, 61. 3) Wie Teller, im excurs. 2. ad Burneti I. de fide et offic. Christ. p. 262. 4) Die Schrift von Beckhaus, über die Ächtheit der sog. Tauf-
formel, 1794, fand allgemeine Zustimmung. Fünftes Kapitel. §. 137. Wege steht, und wie sie limitirt werden muſs, ist schonfrüher bemerklich gemacht worden 1). Aber auch der zulezt angegebenen näheren Bestimmung der Taufe steht das ent- gegen, daſs sie im ganzen N. T. einzig in der angeführ- ten Stelle des ersten Evangeliums anzutreffen ist, während in den apostolischen Briefen und der A. G. die Taufe nur als βαπτίζειν εἰς Χριςὸν Ἰησοῦν oder εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Κυρίου Ἰησοῦ und auf ähnliche Weise bezeichnet wird (A. G. 2, 38. 8, 16. 10, 48. 19, 5. Röm. 6, 3. Gal. 3, 27.), und erst bei Kirchenschriftstellern, wie Justin 2), dieselbe drei- fache Beziehung auf Gott, Jesum und den Geist sich findet. Auch lautet die Formel bei Matthäus schon so ganz wie aus dem kirchlichen Ritual, daſs es nicht wenig Wahrscheinlichkeit hat, sie aus diesem in Jesu Mund übergetragen zu denken. Deſswegen aber diese Stelle als Interpolation aus dem Text zu werfen 3), ist man nicht berechtigt, da, wenn man Alles dasjenige in den Evange- lien, was Jesu nicht begegnet, von ihm nicht so gethan und gesprochen sein kann, für eingeschoben erklären woll- te, der Interpolationen leicht zu viele werden dürften. Insofern ist mit Recht von Anderen die Ächtheit der Tauf- formel vertheidigt worden 4); aber indem ihre Gründe für die Behauptung, dieselbe sei schon von Jesu selbst auf diese Weise vorgetragen worden, nicht ausreichen: ver- einigen sich beide Ansichten in der dritten, daſs diese nä- here Bestimmung der Taufe zwar dem ursprünglichen Con- text des ersten Evangeliums angehöre, ohne jedoch schon von Jesu so vorgetragen worden zu sein. Überhaupt, sei 1) Bd. 1. §. 64. 2) Apol. I, 61. 3) Wie Teller, im excurs. 2. ad Burneti I. de fide et offic. Christ. p. 262. 4) Die Schrift von Beckhaus, über die Ächtheit der sog. Tauf-
formel, 1794, fand allgemeine Zustimmung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0684" n="665"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fünftes Kapitel</hi>. §. 137.</fw><lb/> Wege steht, und wie sie limitirt werden muſs, ist schon<lb/> früher bemerklich gemacht worden <note place="foot" n="1)">Bd. 1. §. 64.</note>. Aber auch der zulezt<lb/> angegebenen näheren Bestimmung der Taufe steht das ent-<lb/> gegen, daſs sie im ganzen N. T. einzig in der angeführ-<lb/> ten Stelle des ersten Evangeliums anzutreffen ist, während<lb/> in den apostolischen Briefen und der A. G. die Taufe nur als<lb/><foreign xml:lang="ell">βαπτίζειν εἰς Χριςὸν Ἰησοῦν</foreign> oder <foreign xml:lang="ell">εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Κυρίου<lb/> Ἰησοῦ</foreign> und auf ähnliche Weise bezeichnet wird (A. G. 2,<lb/> 38. 8, 16. 10, 48. 19, 5. Röm. 6, 3. Gal. 3, 27.), und<lb/> erst bei Kirchenschriftstellern, wie Justin <note place="foot" n="2)">Apol. I, 61.</note>, dieselbe drei-<lb/> fache Beziehung auf Gott, Jesum und den Geist sich<lb/> findet. Auch lautet die Formel bei Matthäus schon so<lb/> ganz wie aus dem kirchlichen Ritual, daſs es nicht wenig<lb/> Wahrscheinlichkeit hat, sie aus diesem in Jesu Mund<lb/> übergetragen zu denken. Deſswegen aber diese Stelle als<lb/> Interpolation aus dem Text zu werfen <note place="foot" n="3)">Wie <hi rendition="#k">Teller</hi>, im excurs. 2. ad Burneti I. de fide et offic.<lb/> Christ. p. 262.</note>, ist man nicht<lb/> berechtigt, da, wenn man Alles dasjenige in den Evange-<lb/> lien, was Jesu nicht begegnet, von ihm nicht so gethan<lb/> und gesprochen sein kann, für eingeschoben erklären woll-<lb/> te, der Interpolationen leicht zu viele werden dürften.<lb/> Insofern ist mit Recht von Anderen die Ächtheit der Tauf-<lb/> formel vertheidigt worden <note place="foot" n="4)">Die Schrift von <hi rendition="#k">Beckhaus</hi>, über die Ächtheit der sog. Tauf-<lb/> formel, 1794, fand allgemeine Zustimmung.</note>; aber indem ihre Gründe für<lb/> die Behauptung, dieselbe sei schon von Jesu selbst auf<lb/> diese Weise vorgetragen worden, nicht ausreichen: ver-<lb/> einigen sich beide Ansichten in der dritten, daſs diese nä-<lb/> here Bestimmung der Taufe zwar dem ursprünglichen Con-<lb/> text des ersten Evangeliums angehöre, ohne jedoch schon<lb/> von Jesu so vorgetragen worden zu sein. Überhaupt, sei<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [665/0684]
Fünftes Kapitel. §. 137.
Wege steht, und wie sie limitirt werden muſs, ist schon
früher bemerklich gemacht worden 1). Aber auch der zulezt
angegebenen näheren Bestimmung der Taufe steht das ent-
gegen, daſs sie im ganzen N. T. einzig in der angeführ-
ten Stelle des ersten Evangeliums anzutreffen ist, während
in den apostolischen Briefen und der A. G. die Taufe nur als
βαπτίζειν εἰς Χριςὸν Ἰησοῦν oder εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Κυρίου
Ἰησοῦ und auf ähnliche Weise bezeichnet wird (A. G. 2,
38. 8, 16. 10, 48. 19, 5. Röm. 6, 3. Gal. 3, 27.), und
erst bei Kirchenschriftstellern, wie Justin 2), dieselbe drei-
fache Beziehung auf Gott, Jesum und den Geist sich
findet. Auch lautet die Formel bei Matthäus schon so
ganz wie aus dem kirchlichen Ritual, daſs es nicht wenig
Wahrscheinlichkeit hat, sie aus diesem in Jesu Mund
übergetragen zu denken. Deſswegen aber diese Stelle als
Interpolation aus dem Text zu werfen 3), ist man nicht
berechtigt, da, wenn man Alles dasjenige in den Evange-
lien, was Jesu nicht begegnet, von ihm nicht so gethan
und gesprochen sein kann, für eingeschoben erklären woll-
te, der Interpolationen leicht zu viele werden dürften.
Insofern ist mit Recht von Anderen die Ächtheit der Tauf-
formel vertheidigt worden 4); aber indem ihre Gründe für
die Behauptung, dieselbe sei schon von Jesu selbst auf
diese Weise vorgetragen worden, nicht ausreichen: ver-
einigen sich beide Ansichten in der dritten, daſs diese nä-
here Bestimmung der Taufe zwar dem ursprünglichen Con-
text des ersten Evangeliums angehöre, ohne jedoch schon
von Jesu so vorgetragen worden zu sein. Überhaupt, sei
1) Bd. 1. §. 64.
2) Apol. I, 61.
3) Wie Teller, im excurs. 2. ad Burneti I. de fide et offic.
Christ. p. 262.
4) Die Schrift von Beckhaus, über die Ächtheit der sog. Tauf-
formel, 1794, fand allgemeine Zustimmung.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |