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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweiter Abschnitt.
heilt habe: so augenscheinlich ist es doch (wenn man nicht mit
Venturini 50) und Kaiser 51) annehmen will, Kranke die-
ser Art haben sich nicht selten geheilt geglaubt, wenn nur
durch Jesu Einwirkung die Krisis gebrochen war, und die
Referenten haben sie dafür ausgegeben, weil sie nichts
Weiteres von ihnen erfuhren und also von der wahrschein-
lich wiedergekehrten Krankheit nichts wussten), dass die
Sage auch in diesem Felde nicht gefeiert, sondern die
leichteren Fälle, welche allein auf jene Weise kurirt wer-
den konnten, mit den schwersten und complicirtesten ver-
tauscht hat, auf welche eine psychologische Heilart gar
keine Anwendung finden konnte 52). Ob sich hiemit die
obige Verweigerung jedes Zeichens von Seiten Jesu verei-
nigen lasse, oder ob, um diese begreiflich zu finden, auch
solche psychologisch erklärbare Heilungen, welche aber
doch nur als Wunder erscheinen konnten, Jesu abgespro-
chen werden müssen, und ob hinwiederum nach Entzie-
hung auch dieser Grundlage die Ausbildung so vieler Wun-
dererzählungen von Jesu sich erklären lasse? soll hier nur
als Frage aufgestellt werden.

Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf das jo-
hanneische Evangelium, welches von Dämonischen und de-
ren Heilung durch Jesum nichts hat, so ist diess dem Apo-
stel Johannes, dem voraussezlichen Verfasser, nicht selten
als ein Zeichen geläuterter Ansichten zum Vortheil ange-
rechnet worden 53). Allein, wenn der genannte Apostel

50) Natürliche Geschichte u. s. f. 2, S. 429.
51) Bibl. Theologie, 1, S. 196.
52) Zu den vorübergehenden Verstimmungen, auf welche Jesus
psychologisch eingewirkt haben kann, lässt sich vielleicht
auch der Fieberanfall der Schwiegermutter Petri zählen, wel-
chen Jesus nach Matth. 8, 14 ff. parall. gehoben hat.
53) So mehr oder minder von Eichhorn, in der allg. Bibliothek,
4, S. 435; Herder, von Gottes Sohn u. s. f., S. 20; Weg-

Zweiter Abschnitt.
heilt habe: so augenscheinlich ist es doch (wenn man nicht mit
Venturini 50) und Kaiser 51) annehmen will, Kranke die-
ser Art haben sich nicht selten geheilt geglaubt, wenn nur
durch Jesu Einwirkung die Krisis gebrochen war, und die
Referenten haben sie dafür ausgegeben, weil sie nichts
Weiteres von ihnen erfuhren und also von der wahrschein-
lich wiedergekehrten Krankheit nichts wuſsten), daſs die
Sage auch in diesem Felde nicht gefeiert, sondern die
leichteren Fälle, welche allein auf jene Weise kurirt wer-
den konnten, mit den schwersten und complicirtesten ver-
tauscht hat, auf welche eine psychologische Heilart gar
keine Anwendung finden konnte 52). Ob sich hiemit die
obige Verweigerung jedes Zeichens von Seiten Jesu verei-
nigen lasse, oder ob, um diese begreiflich zu finden, auch
solche psychologisch erklärbare Heilungen, welche aber
doch nur als Wunder erscheinen konnten, Jesu abgespro-
chen werden müssen, und ob hinwiederum nach Entzie-
hung auch dieser Grundlage die Ausbildung so vieler Wun-
dererzählungen von Jesu sich erklären lasse? soll hier nur
als Frage aufgestellt werden.

Werfen wir schlieſslich noch einen Blick auf das jo-
hanneische Evangelium, welches von Dämonischen und de-
ren Heilung durch Jesum nichts hat, so ist dieſs dem Apo-
stel Johannes, dem voraussezlichen Verfasser, nicht selten
als ein Zeichen geläuterter Ansichten zum Vortheil ange-
rechnet worden 53). Allein, wenn der genannte Apostel

50) Natürliche Geschichte u. s. f. 2, S. 429.
51) Bibl. Theologie, 1, S. 196.
52) Zu den vorübergehenden Verstimmungen, auf welche Jesus
psychologisch eingewirkt haben kann, lässt sich vielleicht
auch der Fieberanfall der Schwiegermutter Petri zählen, wel-
chen Jesus nach Matth. 8, 14 ff. parall. gehoben hat.
53) So mehr oder minder von Eichhorn, in der allg. Bibliothek,
4, S. 435; Herder, von Gottes Sohn u. s. f., S. 20; Weg-
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[50/0069] Zweiter Abschnitt. heilt habe: so augenscheinlich ist es doch (wenn man nicht mit Venturini 50) und Kaiser 51) annehmen will, Kranke die- ser Art haben sich nicht selten geheilt geglaubt, wenn nur durch Jesu Einwirkung die Krisis gebrochen war, und die Referenten haben sie dafür ausgegeben, weil sie nichts Weiteres von ihnen erfuhren und also von der wahrschein- lich wiedergekehrten Krankheit nichts wuſsten), daſs die Sage auch in diesem Felde nicht gefeiert, sondern die leichteren Fälle, welche allein auf jene Weise kurirt wer- den konnten, mit den schwersten und complicirtesten ver- tauscht hat, auf welche eine psychologische Heilart gar keine Anwendung finden konnte 52). Ob sich hiemit die obige Verweigerung jedes Zeichens von Seiten Jesu verei- nigen lasse, oder ob, um diese begreiflich zu finden, auch solche psychologisch erklärbare Heilungen, welche aber doch nur als Wunder erscheinen konnten, Jesu abgespro- chen werden müssen, und ob hinwiederum nach Entzie- hung auch dieser Grundlage die Ausbildung so vieler Wun- dererzählungen von Jesu sich erklären lasse? soll hier nur als Frage aufgestellt werden. Werfen wir schlieſslich noch einen Blick auf das jo- hanneische Evangelium, welches von Dämonischen und de- ren Heilung durch Jesum nichts hat, so ist dieſs dem Apo- stel Johannes, dem voraussezlichen Verfasser, nicht selten als ein Zeichen geläuterter Ansichten zum Vortheil ange- rechnet worden 53). Allein, wenn der genannte Apostel 50) Natürliche Geschichte u. s. f. 2, S. 429. 51) Bibl. Theologie, 1, S. 196. 52) Zu den vorübergehenden Verstimmungen, auf welche Jesus psychologisch eingewirkt haben kann, lässt sich vielleicht auch der Fieberanfall der Schwiegermutter Petri zählen, wel- chen Jesus nach Matth. 8, 14 ff. parall. gehoben hat. 53) So mehr oder minder von Eichhorn, in der allg. Bibliothek, 4, S. 435; Herder, von Gottes Sohn u. s. f., S. 20; Weg-

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/69>, abgerufen am 21.11.2024.