Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Schlussabhandlung. §. 141. davon war die, dass der Sohn Gottes durch Annahme derMenschennatur diese geheiligt und vergöttlicht habe 13), wobei namentlich die Ertheilung der Unsterblichkeit her- vorgehoben wurde 14), und in gemüthlicher Weise fasste man diess Verhältniss auch so, Gott habe durch den zu- vorkommenden Liebesbeweis, der in der Sendung seines Sohnes liege, die Menschen auf's kräftigste zur Gegenlie- be erweckt 15). An dieser Einen grossen Wirkung des Er- scheinens Christi wurden aber auch einzelne Seiten her- vorgehoben: auf seine heilsame Lehre, sein erhabenes Bei- spiel aufmerksam gemacht 16), besonders aber auf den ge- waltsamen Tod, den er erduldet hatte, Gewicht gelegt. Der Begriff der Stellvertretung, der schon im N. T. gege- ben war, wurde weiter ausgeführt: der Tod Jesu bald als ein Lösegeld betrachtet, welches er dem Teufel für die durch die Sünde seiner Gewalt verfallene Menschheit ge- geben habe, bald sollte Gott dadurch die Schuld abgetra- gen, und er in den Stand gesezt worden sein, unbescha- det seiner Wahrhaftigkeit die der Sünde gedrohten Stra- fen der Menschheit zu erlassen, weil Christus sie auf sich genommen hatte 17). Diese leztere Vorstellung wurde durch Anselm in seiner Schrift: Cur Deus homo, zu der bekann- ten Satisfaktionstheorie ausgebildet, durch welche zugleich die Lehre von dem Erlösungsgeschäft Christi mit der von 13) Athanas. de incarn. 54: autos enenthropesen, ina emeis theo- poiethomen. Hilar. Pictav. de trin. 2, 24: humani generis causa Dei filius natus ex virgine est -- ut homo factus ex virgine naturam in se carnis acciperet, perque hujus admix- tionis societatem sanctificatum in eo universi generis humani corpus existeret. Andere Äusserungen der Art s. bei Mün- scher, §. 97. Anm. 10. 14) Münscher, §. 96. Anm. [verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]. 15) s. ebendas. S. 421. 16) Ebendas. §. 96. 17) Ebendas. §. 97.
Schluſsabhandlung. §. 141. davon war die, daſs der Sohn Gottes durch Annahme derMenschennatur diese geheiligt und vergöttlicht habe 13), wobei namentlich die Ertheilung der Unsterblichkeit her- vorgehoben wurde 14), und in gemüthlicher Weise faſste man dieſs Verhältniſs auch so, Gott habe durch den zu- vorkommenden Liebesbeweis, der in der Sendung seines Sohnes liege, die Menschen auf's kräftigste zur Gegenlie- be erweckt 15). An dieser Einen groſsen Wirkung des Er- scheinens Christi wurden aber auch einzelne Seiten her- vorgehoben: auf seine heilsame Lehre, sein erhabenes Bei- spiel aufmerksam gemacht 16), besonders aber auf den ge- waltsamen Tod, den er erduldet hatte, Gewicht gelegt. Der Begriff der Stellvertretung, der schon im N. T. gege- ben war, wurde weiter ausgeführt: der Tod Jesu bald als ein Lösegeld betrachtet, welches er dem Teufel für die durch die Sünde seiner Gewalt verfallene Menschheit ge- geben habe, bald sollte Gott dadurch die Schuld abgetra- gen, und er in den Stand gesezt worden sein, unbescha- det seiner Wahrhaftigkeit die der Sünde gedrohten Stra- fen der Menschheit zu erlassen, weil Christus sie auf sich genommen hatte 17). Diese leztere Vorstellung wurde durch Anselm in seiner Schrift: Cur Deus homo, zu der bekann- ten Satisfaktionstheorie ausgebildet, durch welche zugleich die Lehre von dem Erlösungsgeschäft Christi mit der von 13) Athanas. de incarn. 54: αὐτὸς ἐνηνϑρώπησεν, ἵνα ἡμεῖς ϑεο- ποιηϑῶμεν. Hilar. Pictav. de trin. 2, 24: humani generis causa Dei filius natus ex virgine est — ut homo factus ex virgine naturam in se carnis acciperet, perque hujus admix- tionis societatem sanctificatum in eo universi generis humani corpus existeret. Andere Äusserungen der Art s. bei Mün- scher, §. 97. Anm. 10. 14) Münscher, §. 96. Anm. [verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]. 15) s. ebendas. S. 421. 16) Ebendas. §. 96. 17) Ebendas. §. 97.
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Schluſsabhandlung. §. 141.
davon war die, daſs der Sohn Gottes durch Annahme der
Menschennatur diese geheiligt und vergöttlicht habe 13),
wobei namentlich die Ertheilung der Unsterblichkeit her-
vorgehoben wurde 14), und in gemüthlicher Weise faſste
man dieſs Verhältniſs auch so, Gott habe durch den zu-
vorkommenden Liebesbeweis, der in der Sendung seines
Sohnes liege, die Menschen auf's kräftigste zur Gegenlie-
be erweckt 15). An dieser Einen groſsen Wirkung des Er-
scheinens Christi wurden aber auch einzelne Seiten her-
vorgehoben: auf seine heilsame Lehre, sein erhabenes Bei-
spiel aufmerksam gemacht 16), besonders aber auf den ge-
waltsamen Tod, den er erduldet hatte, Gewicht gelegt.
Der Begriff der Stellvertretung, der schon im N. T. gege-
ben war, wurde weiter ausgeführt: der Tod Jesu bald
als ein Lösegeld betrachtet, welches er dem Teufel für die
durch die Sünde seiner Gewalt verfallene Menschheit ge-
geben habe, bald sollte Gott dadurch die Schuld abgetra-
gen, und er in den Stand gesezt worden sein, unbescha-
det seiner Wahrhaftigkeit die der Sünde gedrohten Stra-
fen der Menschheit zu erlassen, weil Christus sie auf sich
genommen hatte 17). Diese leztere Vorstellung wurde durch
Anselm in seiner Schrift: Cur Deus homo, zu der bekann-
ten Satisfaktionstheorie ausgebildet, durch welche zugleich
die Lehre von dem Erlösungsgeschäft Christi mit der von
13) Athanas. de incarn. 54: αὐτὸς ἐνηνϑρώπησεν, ἵνα ἡμεῖς ϑεο-
ποιηϑῶμεν. Hilar. Pictav. de trin. 2, 24: humani generis
causa Dei filius natus ex virgine est — ut homo factus ex
virgine naturam in se carnis acciperet, perque hujus admix-
tionis societatem sanctificatum in eo universi generis humani
corpus existeret. Andere Äusserungen der Art s. bei Mün-
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15) s. ebendas. S. 421.
16) Ebendas. §. 96.
17) Ebendas. §. 97.
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