Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.Scheiben-Messung. Teutsch/ die Vierungs-Lini) genennet haben. Von dieser Wunder-Lini haben weitläuffiggeschrieben/ unter denen Alten Pappus Alexandrinus in seinem vierdten Buch/ aus denen Neuern Vieta, und sonderlich Clavius am End seiner Anmerkungen über das VI. Buch Eu- clidis. Damit aber gleichwol der Teutsche/ und anderer Sprachen unkündige/ Liebhaber (zu dessen Dienst und Nutzen dieses ganze Werk fürnehmlich angesehen ist) hiervon auch einige Wissenschafft haben möge; wollen wir die Natur und sonderbare/ sonderlich zu gegenwertigem Zwekk dienliche/ Eigenschafften dieser Vierungs-Lini etwas ausführlicher hier mit anfügen. Verhält sich demnach die Zeichnung und Beschreibung solcher Lini folgender Gestalt: Jnnerhalb einer Vierung sey beschrieben ein Viertel- Diese seine Beschreibung/ meynet Clavius/ habe eben das Recht/ unter die Geometri- gezeich- Z
Scheiben-Meſſung. Teutſch/ die Vierungs-Lini) genennet haben. Von dieſer Wunder-Lini haben weitlaͤuffiggeſchrieben/ unter denen Alten Pappus Alexandrinus in ſeinem vierdten Buch/ aus denen Neuern Vieta, und ſonderlich Clavius am End ſeiner Anmerkungen uͤber das VI. Buch Eu- clidis. Damit aber gleichwol der Teutſche/ und anderer Sprachen unkuͤndige/ Liebhaber (zu deſſen Dienſt und Nutzen dieſes ganze Werk fuͤrnehmlich angeſehen iſt) hiervon auch einige Wiſſenſchafft haben moͤge; wollen wir die Natur und ſonderbare/ ſonderlich zu gegenwertigem Zwekk dienliche/ Eigenſchafften dieſer Vierungs-Lini etwas ausfuͤhrlicher hier mit anfuͤgen. Verhaͤlt ſich demnach die Zeichnung und Beſchreibung ſolcher Lini folgender Geſtalt: Jnnerhalb einer Vierung ſey beſchrieben ein Viertel- Dieſe ſeine Beſchreibung/ meynet Clavius/ habe eben das Recht/ unter die Geometri- gezeich- Z
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Scheiben-Meſſung.
Teutſch/ die Vierungs-Lini) genennet haben. Von dieſer Wunder-Lini haben weitlaͤuffig
geſchrieben/ unter denen Alten Pappus Alexandrinus in ſeinem vierdten Buch/ aus denen
Neuern Vieta, und ſonderlich Clavius am End ſeiner Anmerkungen uͤber das VI. Buch Eu-
clidis. Damit aber gleichwol der Teutſche/ und anderer Sprachen unkuͤndige/ Liebhaber (zu
deſſen Dienſt und Nutzen dieſes ganze Werk fuͤrnehmlich angeſehen iſt) hiervon auch einige
Wiſſenſchafft haben moͤge; wollen wir die Natur und ſonderbare/ ſonderlich zu gegenwertigem
Zwekk dienliche/ Eigenſchafften dieſer Vierungs-Lini etwas ausfuͤhrlicher hier mit anfuͤgen.
Verhaͤlt ſich demnach die Zeichnung und Beſchreibung ſolcher Lini folgender Geſtalt:
Jnnerhalb einer Vierung ſey beſchrieben ein Viertel-
kreiß BD. So nun (ſagten die Erfinder dieſer Vierungs-
Lini) der Halbmeſſer AD fein gleichfoͤrmig umb den Mit-
telpunct A von D gegen B beweget wird/ in dem die obere
Seite der Vierung DC auch gleichfoͤrmig und mit AB
ſtaͤts-gleichlauffend herunter ſteiget/ alſo daß zu einer Zeit
der Punct D des Halbmeſſers AD zu dem Punct B, und
die Seite DC zu der Grundlini AB gelange/ ſo wird der
ſtaͤts-wehrende Durchſchnitts-Punct ſolcher beyder/ der-
geſtalt bewegten/ Lineen AD und DC eine krumme oder
gebogene Lini DE beſchreiben/ welche/ wegen hernachfol-
gender Eigenſchafft/ die Vierungs-Lini genennet wird.
[Abbildung]
Weilen aber dieſe beyderley Bewegungen/ nach Clavii Urteihl/ kunſtrichtig nicht koͤnnen zu
Werk gerichtet werden/ es ſey dann zuvor die Verhaͤltnis einer Kreißlini gegen einer geraden
bekannt/ welche aber eben durch Huͤlfe dieſer Vierungs-Lini geſuchet wird; als verwirffet ſo
wol Pappus als Clavius dieſe ihre Beſchreibung/ und bringet dieſer letzere eine andere auf die
Bahn/ welche er zwar gerne fuͤr Geometriſch und kunſtrichtig geachtet haben moͤchte/ jedennoch
aber eines und anders Orts noch mangelhaft zu ſeyn/ nicht laugnen kan. Nehmlich er teihlet
den Bogen DB nach Belieben in etliche gleiche Teihle/ und ſo dann die Seite AD oder BC in
eben ſo viel/ ziehet nachmals ſo wol aus A die gerade Lineen durch alle Teihle des Viertelkreiſ-
ſes/ als auch durch alle Teihle der Seite AD die/ mit AB gleichlauffende Quehrlineen: und
endlich wo dieſe letzere die vorigen durchſchneiden/ durch alle ſolche Durchſchnitts-Puncten
heiſſet er fein gleichfoͤrmig ohne Hokker und Kruͤmme ziehen die gebogene Lini DE, welche eben
die begehrte Vierungs-Lini ſeyn werde.
Dieſe ſeine Beſchreibung/ meynet Clavius/ habe eben das Recht/ unter die Geometri-
ſchen und kunſtrichtigen gezehlet zu werden/ als die Kegel-Lineen (Sectiones Conicæ) weil ſie
nicht weniger als dieſe durch Findung vieler Puncten/ durch welche eine ſolche Lini ſtreichet/
verrichtet wird; und zwar/ ſeinem Urteihl nach/ ohne weniger Jrꝛtuhm als die Beſchreibung
gemeldter Kegel-Lineen/ welche gar viele mittlere gleichverhaltende Lineen erfordere/ deren
dieſe ſeine Beſchreibung ganz nicht benoͤhtiget ſey. Allein/ wann wir die Sache mit unparteyi-
ſchen Augen anſehen/ ſo fehlet es noch an einem und andern/ umb welches willen dieſe Beſchrei-
bung der Vierungs-Lini mit derer Kegel-Lineen Punct-Zeichnung nicht kan verglichen wer-
den. Dann (wie wir oben in unſern Anmerkungen bey dem I. Lehrſatz des II. Buchs von der
Kugel und Rund-Saͤule weitlaͤuffig gelehret haben) die jenige Lineen ſind erſt fuͤr kunſtrichtig
und Geometriſch anzunehmen/ deren Puncten alle mit einander ohne Unterſcheid vermittelſt ei-
nes richtigen Maaſes koͤnnen beſtimmet werden/ welches dann in Beſchreibung angeregter Ke-
gel-Lineen ſich richtig findet; da hingegen dieſe Zeichnung Clavii ſich deſſelben keines weges
ruͤhmen kan/ als welche nur die jenige Puncten der Vierungs-Lini finden lehret/ die da/ in An-
ſehung des Mittelpuncts A, dem geraden Strich nach/ auf den aͤuſſern Viertelskreiß alſo ſich
hinaus erſtrekken/ daß ſie in demſelben einen ſolchen Punct betreffen/ in welchem er (der Vier-
telskreiß) in zwey Teihle geteihlet wird/ deren Verhaͤltnis gegen einander bekannt und wiſſend
ſey. Wann aber in erſtgemeldtem Viertels-Bogen ein Punct ohngefehr und nach Belieben/
zum Exempel in X, gegeben und darbey begehret wird den jenigen Punct der Vierungs-Lini/
welcher/ von A angerechnet/ gerad auf X zuſtreiche/ zu beſtimmen/ wird ſolches nach Clavii
Weg unmoͤglich fallen/ weil die Verhaͤltnis zwiſchen denen beyden Boͤgen DX und BX nicht
bekannt iſt/ und daher eine gleichverhaltende Teihlung der Seite AD nicht kan vorgenommen
werden. Das uͤbrige/ was Clavius zu Beſchoͤnung ſeiner Zeichnung mit anhaͤnget/ wann
es ihm alles geſtanden und zugegeben wird/ beweiſet mehr nicht/ als daß die Vierungs-Lini auf
dem Papier oder einer andern Materi leichter/ netter und zu andern Mechaniſchen Wuͤrkungen
dienlicher koͤnne gezogen werden/ als eine unter denen Kegel-Lineen/ wann ſie durch Puncten
gezeich-
Z
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Zitationshilfe: | Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/205>, abgerufen am 16.07.2024. |