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Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.

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Archimedis Kreiß- und
15den im IV. B.) dem Halbmesser KL, das ist/ dem Durchmesser AB gleich seynd; also daß
auch alle/ umb IM, MN, und NK beschriebene/ Halbkreisse nicht allein untereinander selbsten/
sondern auch dem Halbkreiß des Durchmessers AB nohtwendig gleich seyn müssen. Schliesset
nachgehends hieraus also: Weil der Durchmesser IK zweymal so groß ist als der Durchmesser
AB, so ist der Halbkreiß IMNK (vermög des 2ten im XII. und des 20sten im VI.) vier-
mal so groß als der Halbkreiß von AB; das ist/ der Halbkreiß IMNK ist gleich allen vier Halb-
kreissen von AB, IM, MN und NK. So man nun von diesen beyden gleichen beyderseits hin-
weg nimmt die gemeine Abschnitte 2, 3, und 4, wird das Vierekk IMNK gleich seyn denen
dreyen Halbmonden , und # sambt dem Halbkreiß von AB; das ist/ allen vier Halbmonden
, , # und sambt dem Abschnitt 1. (Biß hieher ganz richtig und ünfehlbar: aber
in dem folgenden stekket ein Fehler/ dessen Hippocrates bißher von denen Gelehrten/
meistenteihls auf Aristotelis Angeben/ beschuldiget worden/ und zwar mit Recht/
wann der fernere Schluß sein ist/ den sie ihme zuschreiben/ nehmlich dieser:
) Nun aber
ist oben gelehret worden/ wie man einem solchen Halbmond ein gleiches Dreyekk machen könne.
Derowegen so man aller vier Halbmonden gleiche Dreyekke findet und von dem Vierekk IM
NK
hinweg nimbt/ muß nohtwendig eine rechtlinische Fläche überbleiben/ welche dem Abschnitt
1 gleich ist; und daher/ noch dreymal zu gedachtem Vierekk gesetzet/ eine rechtlinische Fläche/
und folgends auch eine Vierung mache/ welche der Halbscheibe IMNK vollkommen gleich sey.
Woraus dann leichtlich eine andere/ der ganzen Scheiben gleiche/ Vierung kan gefunden werden.

Darinnen aber stekket der Fehler/ (wie Themistius und andere bemerket haben) daß
Hippocrates das jenige/ was er oben nur von denen Halbmonden/ welche aus dem vierdten
Teihl eines Kreisses und dem/ umb die Senne oder unterzogene Lini solches Viertelbogens be-
schriebenen Halbkreiß bestehen/ bewiesen hat/ hier auch auf andere Halbmonden/ welche ganz
anderer Art sind und aus dem sechsten Teihl eines Kreisses/ und dem/ umb die Senne solches
Sechsteihl-Bogens beschriebenen Halbkreiß bestehen/ ziehet; da doch zwischen diesen und jenen
ein grosser Unterscheid/ und ein Halbmond eines Sechsekkes allezeit grösser ist als der Halb-
mond einer Vierung/ welche mit dem Sechsekk gleiche Seiten hat/ wie aus beygesetzter Figur
leichtlich zu ersehen seyn wird. Dann da ist ADBE ein Halbmond der Vierung/ derer Seite
[Abbildung] ist AB; ACBE aber ein Halbmond des Sechs-
ekkes. Daß nun dieser grösser sey als jener/ er-
hellet also: Wann aus dem Mittelpunct G
durch den Punct I, in welchem AB halbgeteih-
let ist/ eine gerade Lini GD gezogen wird/ so
durchschneidet sie die Seite AB nach rechten
Winkeln/ und gehet also zugleich mitten durch
die Vierung AH und deroselben Mittelpunct
F. Nun aber ist FB gleich FD und GB gleich
GC. Derowegen ist GF sambt FB (das ist/
GD) vermög des 20sten im I. B. grösser
als GB, das ist/ GC, und daher der Bogen
ADB oberhalb des Bogens ACB, und fol-
gends der Halbmond ADBE kleiner als der
Bogen ACBE. Woraus dann nunmehr of-
fenbar ist/ daß/ ob gleich Hippocrates dem Halbmond der Vierung ADBE ein gleiches
Dreyekk machen kan/ solches dannoch von dem Halbmond des Sechsekkes noch nicht bewiesen/
und daher seine Kreiß- oder Scheiben-Vierung so lang und viel unvollkommen sey/ biß er ent-
weder auch den kleinen Halbmond ACBD in eine rechtlinische Fläche verwandele/ oder die
Verhältnis derer beyden Abschnitte ACBA und ADBA gegen einander/ beweise und be-
kannt mache.

Unter dessen aber muß ihme gleichwol der Ruhm nicht geringer Tiefsinnigkeit vorbehal-
ten werden/ in dem er die/ für und an sich selbsten/ nach vieler Meinung/ unauflößliche Auf-
gab von der Scheiben-Vierung so weit gebracht/ daß deroselben vollkommene Erörterung nun-
mehr auf dem einigen beruhet/ wie man eine geradlinische Fläche finden möchte/ welche dem
Halbmond eines Sechsekkes (als da ist ACBE) gleich sey: dessen Möglichkeit dann daher
fast unzweiffelig ist/ weil Hippocrates schon gefunden/ daß dem Halbmond eines Vierekkes
(als da ist ADBE, von dem vorigen der Gestalt nach wenig unterschieden) ein gewisses Drey-
ekk/ wie AFB, nehmlich der vierdte Teihl des Vierekkes/ gänzlich gleich sey; die vollkommene
Erkundigung aber ist denen tiefsinnigsten Köpfen noch biß auf diese Zeit vorbehalten.

Und

Archimedis Kreiß- und
15den im IV. B.) dem Halbmeſſer KL, das iſt/ dem Durchmeſſer AB gleich ſeynd; alſo daß
auch alle/ umb IM, MN, und NK beſchriebene/ Halbkreiſſe nicht allein untereinander ſelbſten/
ſondern auch dem Halbkreiß des Durchmeſſers AB nohtwendig gleich ſeyn muͤſſen. Schlieſſet
nachgehends hieraus alſo: Weil der Durchmeſſer IK zweymal ſo groß iſt als der Durchmeſſer
AB, ſo iſt der Halbkreiß IMNK (vermoͤg des 2ten im XII. und des 20ſten im VI.) vier-
mal ſo groß als der Halbkreiß von AB; das iſt/ der Halbkreiß IMNK iſt gleich allen vier Halb-
kreiſſen von AB, IM, MN und NK. So man nun von dieſen beyden gleichen beyderſeits hin-
weg nimmt die gemeine Abſchnitte 2, 3, und 4, wird das Vierekk IMNK gleich ſeyn denen
dreyen Halbmonden ☌, ∆ und □ ſambt dem Halbkreiß von AB; das iſt/ allen vier Halbmonden
☌, ∆, □ und ∗ ſambt dem Abſchnitt 1. (Biß hieher ganz richtig und uͤnfehlbar: aber
in dem folgenden ſtekket ein Fehler/ deſſen Hippocrates bißher von denen Gelehrten/
meiſtenteihls auf Ariſtotelis Angeben/ beſchuldiget worden/ und zwar mit Recht/
wann der fernere Schluß ſein iſt/ den ſie ihme zuſchreiben/ nehmlich dieſer:
) Nun aber
iſt oben gelehret worden/ wie man einem ſolchen Halbmond ein gleiches Dreyekk machen koͤnne.
Derowegen ſo man aller vier Halbmonden gleiche Dreyekke findet und von dem Vierekk IM
NK
hinweg nimbt/ muß nohtwendig eine rechtliniſche Flaͤche uͤberbleiben/ welche dem Abſchnitt
1 gleich iſt; und daher/ noch dreymal zu gedachtem Vierekk geſetzet/ eine rechtliniſche Flaͤche/
und folgends auch eine Vierung mache/ welche der Halbſcheibe IMNK vollkommen gleich ſey.
Woraus dann leichtlich eine andere/ der ganzen Scheiben gleiche/ Vieꝛung kan gefunden weꝛden.

Darinnen aber ſtekket der Fehler/ (wie Themiſtius und andere bemerket haben) daß
Hippocrates das jenige/ was er oben nur von denen Halbmonden/ welche aus dem vierdten
Teihl eines Kreiſſes und dem/ umb die Senne oder unterzogene Lini ſolches Viertelbogens be-
ſchriebenen Halbkreiß beſtehen/ bewieſen hat/ hier auch auf andere Halbmonden/ welche ganz
anderer Art ſind und aus dem ſechſten Teihl eines Kreiſſes/ und dem/ umb die Senne ſolches
Sechsteihl-Bogens beſchriebenen Halbkreiß beſtehen/ ziehet; da doch zwiſchen dieſen und jenen
ein groſſer Unterſcheid/ und ein Halbmond eines Sechsekkes allezeit groͤſſer iſt als der Halb-
mond einer Vierung/ welche mit dem Sechsekk gleiche Seiten hat/ wie aus beygeſetzter Figur
leichtlich zu erſehen ſeyn wird. Dann da iſt ADBE ein Halbmond der Vierung/ derer Seite
[Abbildung] iſt AB; ACBE aber ein Halbmond des Sechs-
ekkes. Daß nun dieſer groͤſſer ſey als jener/ er-
hellet alſo: Wann aus dem Mittelpunct G
durch den Punct I, in welchem AB halbgeteih-
let iſt/ eine gerade Lini GD gezogen wird/ ſo
durchſchneidet ſie die Seite AB nach rechten
Winkeln/ und gehet alſo zugleich mitten durch
die Vierung AH und deroſelben Mittelpunct
F. Nun aber iſt FB gleich FD und GB gleich
GC. Derowegen iſt GF ſambt FB (das iſt/
GD) vermoͤg des 20ſten im I. B. groͤſſer
als GB, das iſt/ GC, und daher der Bogen
ADB oberhalb des Bogens ACB, und fol-
gends der Halbmond ADBE kleiner als der
Bogen ACBE. Woraus dann nunmehr of-
fenbar iſt/ daß/ ob gleich Hippocrates dem Halbmond der Vierung ADBE ein gleiches
Dreyekk machen kan/ ſolches dannoch von dem Halbmond des Sechsekkes noch nicht bewieſen/
und daher ſeine Kreiß- oder Scheiben-Vierung ſo lang und viel unvollkommen ſey/ biß er ent-
weder auch den kleinen Halbmond ACBD in eine rechtliniſche Flaͤche verwandele/ oder die
Verhaͤltnis derer beyden Abſchnitte ACBA und ADBA gegen einander/ beweiſe und be-
kannt mache.

Unter deſſen aber muß ihme gleichwol der Ruhm nicht geringer Tiefſinnigkeit vorbehal-
ten werden/ in dem er die/ fuͤr und an ſich ſelbſten/ nach vieler Meinung/ unaufloͤßliche Auf-
gab von der Scheiben-Vierung ſo weit gebracht/ daß deroſelben vollkommene Eroͤrterung nun-
mehr auf dem einigen beruhet/ wie man eine geradliniſche Flaͤche finden moͤchte/ welche dem
Halbmond eines Sechsekkes (als da iſt ACBE) gleich ſey: deſſen Moͤglichkeit dann daher
faſt unzweiffelig iſt/ weil Hippocrates ſchon gefunden/ daß dem Halbmond eines Vierekkes
(als da iſt ADBE, von dem vorigen der Geſtalt nach wenig unterſchieden) ein gewiſſes Drey-
ekk/ wie AFB, nehmlich der vierdte Teihl des Vierekkes/ gaͤnzlich gleich ſey; die vollkommene
Erkundigung aber iſt denen tiefſinnigſten Koͤpfen noch biß auf dieſe Zeit vorbehalten.

Und
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[184/0212] Archimedis Kreiß- und 15den im IV. B.) dem Halbmeſſer KL, das iſt/ dem Durchmeſſer AB gleich ſeynd; alſo daß auch alle/ umb IM, MN, und NK beſchriebene/ Halbkreiſſe nicht allein untereinander ſelbſten/ ſondern auch dem Halbkreiß des Durchmeſſers AB nohtwendig gleich ſeyn muͤſſen. Schlieſſet nachgehends hieraus alſo: Weil der Durchmeſſer IK zweymal ſo groß iſt als der Durchmeſſer AB, ſo iſt der Halbkreiß IMNK (vermoͤg des 2ten im XII. und des 20ſten im VI.) vier- mal ſo groß als der Halbkreiß von AB; das iſt/ der Halbkreiß IMNK iſt gleich allen vier Halb- kreiſſen von AB, IM, MN und NK. So man nun von dieſen beyden gleichen beyderſeits hin- weg nimmt die gemeine Abſchnitte 2, 3, und 4, wird das Vierekk IMNK gleich ſeyn denen dreyen Halbmonden ☌, ∆ und □ ſambt dem Halbkreiß von AB; das iſt/ allen vier Halbmonden ☌, ∆, □ und ∗ ſambt dem Abſchnitt 1. (Biß hieher ganz richtig und uͤnfehlbar: aber in dem folgenden ſtekket ein Fehler/ deſſen Hippocrates bißher von denen Gelehrten/ meiſtenteihls auf Ariſtotelis Angeben/ beſchuldiget worden/ und zwar mit Recht/ wann der fernere Schluß ſein iſt/ den ſie ihme zuſchreiben/ nehmlich dieſer:) Nun aber iſt oben gelehret worden/ wie man einem ſolchen Halbmond ein gleiches Dreyekk machen koͤnne. Derowegen ſo man aller vier Halbmonden gleiche Dreyekke findet und von dem Vierekk IM NK hinweg nimbt/ muß nohtwendig eine rechtliniſche Flaͤche uͤberbleiben/ welche dem Abſchnitt 1 gleich iſt; und daher/ noch dreymal zu gedachtem Vierekk geſetzet/ eine rechtliniſche Flaͤche/ und folgends auch eine Vierung mache/ welche der Halbſcheibe IMNK vollkommen gleich ſey. Woraus dann leichtlich eine andere/ der ganzen Scheiben gleiche/ Vieꝛung kan gefunden weꝛden. Darinnen aber ſtekket der Fehler/ (wie Themiſtius und andere bemerket haben) daß Hippocrates das jenige/ was er oben nur von denen Halbmonden/ welche aus dem vierdten Teihl eines Kreiſſes und dem/ umb die Senne oder unterzogene Lini ſolches Viertelbogens be- ſchriebenen Halbkreiß beſtehen/ bewieſen hat/ hier auch auf andere Halbmonden/ welche ganz anderer Art ſind und aus dem ſechſten Teihl eines Kreiſſes/ und dem/ umb die Senne ſolches Sechsteihl-Bogens beſchriebenen Halbkreiß beſtehen/ ziehet; da doch zwiſchen dieſen und jenen ein groſſer Unterſcheid/ und ein Halbmond eines Sechsekkes allezeit groͤſſer iſt als der Halb- mond einer Vierung/ welche mit dem Sechsekk gleiche Seiten hat/ wie aus beygeſetzter Figur leichtlich zu erſehen ſeyn wird. Dann da iſt ADBE ein Halbmond der Vierung/ derer Seite [Abbildung] iſt AB; ACBE aber ein Halbmond des Sechs- ekkes. Daß nun dieſer groͤſſer ſey als jener/ er- hellet alſo: Wann aus dem Mittelpunct G durch den Punct I, in welchem AB halbgeteih- let iſt/ eine gerade Lini GD gezogen wird/ ſo durchſchneidet ſie die Seite AB nach rechten Winkeln/ und gehet alſo zugleich mitten durch die Vierung AH und deroſelben Mittelpunct F. Nun aber iſt FB gleich FD und GB gleich GC. Derowegen iſt GF ſambt FB (das iſt/ GD) vermoͤg des 20ſten im I. B. groͤſſer als GB, das iſt/ GC, und daher der Bogen ADB oberhalb des Bogens ACB, und fol- gends der Halbmond ADBE kleiner als der Bogen ACBE. Woraus dann nunmehr of- fenbar iſt/ daß/ ob gleich Hippocrates dem Halbmond der Vierung ADBE ein gleiches Dreyekk machen kan/ ſolches dannoch von dem Halbmond des Sechsekkes noch nicht bewieſen/ und daher ſeine Kreiß- oder Scheiben-Vierung ſo lang und viel unvollkommen ſey/ biß er ent- weder auch den kleinen Halbmond ACBD in eine rechtliniſche Flaͤche verwandele/ oder die Verhaͤltnis derer beyden Abſchnitte ACBA und ADBA gegen einander/ beweiſe und be- kannt mache. Unter deſſen aber muß ihme gleichwol der Ruhm nicht geringer Tiefſinnigkeit vorbehal- ten werden/ in dem er die/ fuͤr und an ſich ſelbſten/ nach vieler Meinung/ unaufloͤßliche Auf- gab von der Scheiben-Vierung ſo weit gebracht/ daß deroſelben vollkommene Eroͤrterung nun- mehr auf dem einigen beruhet/ wie man eine geradliniſche Flaͤche finden moͤchte/ welche dem Halbmond eines Sechsekkes (als da iſt ACBE) gleich ſey: deſſen Moͤglichkeit dann daher faſt unzweiffelig iſt/ weil Hippocrates ſchon gefunden/ daß dem Halbmond eines Vierekkes (als da iſt ADBE, von dem vorigen der Geſtalt nach wenig unterſchieden) ein gewiſſes Drey- ekk/ wie AFB, nehmlich der vierdte Teihl des Vierekkes/ gaͤnzlich gleich ſey; die vollkommene Erkundigung aber iſt denen tiefſinnigſten Koͤpfen noch biß auf dieſe Zeit vorbehalten. Und

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Zitationshilfe: Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/212>, abgerufen am 28.11.2024.