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Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670.

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Scheiben-Messung.

Und dieses ist also das meinste und fürnehmste/ was von denen alten Weltweisen/ in diesem
Stükk/ gleichsam erbs-weis auf uns kommen ist. Derer heutigen und neuen Künstler Gedan-
ken und Einfälle kan der kunstliebende Leser aus ihren eigenen Schrifften (deren Longomon-
tanus
allein mehr als zwölferley zu unterschiedlichen Zeiten/ von 1612 biß 1645, heraus ge-
geben) erlernen/ und in ferneres Bedenken ziehen.

Das Andere Capitel/
Worinnen entworffen wird der herrliche Nutz und Gebrauch dieses
Büchleins in Erörterung unterschiedlicher schöner
Aufgaben.

Was diese Kreiß- und Scheiben-Betrachtung in dem gemeinen Leben für grossen Nutzen
schaffe/ und wie viel grössern sie noch schaffen würde/ sonderlich in der Messens-Wissenschafft
und anderen Künsten/ wann sie einsten die erwünschte Vollkommenheit erreichen solte/ wollen
wir zum Beschluß durch eine und andere beliebige Aufgab kündig machen/ und zugleich auch
etliche/ aus denen vorhergehenden zwey Büchern verfassete/ mit anhängen. Dann ob schon die
meinste aus denenselben sonsten hin und wieder in unterschiedlichen Büchern fürkommen/ so
werden doch solche Bächlein und Ableitungen nirgend angenehmer/ als nächst ihrer Quelle/
fliessen/ vorhin in derer jenigen Augen/ welche entweder/ als Anfänglinge dieser Wissenschaff-
ten/ die Schwärigkeit derer subtilen Betrachtungen und die verdrießliche Tieffe ihrer Beweiß-
tuhme/ durch dergleichen seichte und kurze Auflösungen/ zu erleichtern und zu versüssen suchen;
oder aber/ wann sie dieses alles schon längsten gewust haben/ dannoch die allersinnreichsten Er-
findungen für vergeblich und unannehmlich achten/ wo deroselben nutzlicher Gebrauch ihnen
nicht auf dem Fuß nachfolget.

Die 1. Aufgab.

Aus dem gegebenen Durchmesser einer Scheibe deroselben Umb-
kreiß finden.

Auflösung.

Vervielfältige den gegebenen Durchmesser mit 22, und was kommet/ teihle mit 7, so
kommt etwas mehr als der begehrte Umbkreiß: Wiederumb vervielfältige den gegebenen
Durchmesser mit 223, und teihle das kommende mit 71, so kommt etwas zu wenig. Das
Mittel nun zwischen beyden gefundenen Zahlen wird dem Begehren ein Genügen thun. Der
Beweiß ist in obigem II. Lehrsatz Archimedis klar genug zu ersehen.

Exempel.

Des Mondes Cörper ist an sich selbsten zwar kuglicht und rund/ in unsern Augen aber
scheinet er platt wie ein Teller oder eine Scheibe/ und bekräfftiget also durch die Erfahrung
einen/ aus unfehlbaren Gründen bewiesenen/ Lehrsatz der Seh-Kunst (opticae) Daß eine
jede Kugel/ wann sie von fernen gesehen wird/ für eine Scheibe angesehen werde.

Nun wird aus der Höhe desselben über unserm Erdkreiß/ und aus der Grösse des Sehe-Win-
kels von denen Sternkündigern gerechnet/ daß der Durchmesser solcher Mond-Scheibe/ das
ist/ die Lini/ welche mitten durch dieselbe von einem End zum andern gezogen wird/ ohngefehr
in sich begreiffe 444 teutsche Meilen. Jst nun die Frag/ wieviel Meilen der ganze Umbkreiß
des Monden in sich begreiffe? Setze demnach:
[Formel 1] so kommet 1395 für den begehrten Umbkreiß/ welches aber ein wenig zu viel ist.

Setze nun fürs andere:
[Formel 3] so kommet für den begehrten Umbkreiß 1394, welches aber etwas zu wenig ist. Wann wir

nun
A a
Scheiben-Meſſung.

Und dieſes iſt alſo das meinſte und fuͤrnehmſte/ was von denen alten Weltweiſen/ in dieſem
Stuͤkk/ gleichſam erbs-weis auf uns kommen iſt. Derer heutigen und neuen Kuͤnſtler Gedan-
ken und Einfaͤlle kan der kunſtliebende Leſer aus ihren eigenen Schrifften (deren Longomon-
tanus
allein mehr als zwoͤlferley zu unterſchiedlichen Zeiten/ von 1612 biß 1645, heraus ge-
geben) erlernen/ und in ferneres Bedenken ziehen.

Das Andere Capitel/
Worinnen entworffen wird der herꝛliche Nutz und Gebrauch dieſes
Buͤchleins in Eroͤrterung unterſchiedlicher ſchoͤner
Aufgaben.

Was dieſe Kreiß- und Scheiben-Betrachtung in dem gemeinen Leben fuͤr groſſen Nutzen
ſchaffe/ und wie viel groͤſſern ſie noch ſchaffen wuͤrde/ ſonderlich in der Meſſens-Wiſſenſchafft
und anderen Kuͤnſten/ wann ſie einſten die erwuͤnſchte Vollkommenheit erreichen ſolte/ wollen
wir zum Beſchluß durch eine und andere beliebige Aufgab kuͤndig machen/ und zugleich auch
etliche/ aus denen vorhergehenden zwey Buͤchern verfaſſete/ mit anhaͤngen. Dann ob ſchon die
meinſte aus denenſelben ſonſten hin und wieder in unterſchiedlichen Buͤchern fuͤrkommen/ ſo
werden doch ſolche Baͤchlein und Ableitungen nirgend angenehmer/ als naͤchſt ihrer Quelle/
flieſſen/ vorhin in derer jenigen Augen/ welche entweder/ als Anfaͤnglinge dieſer Wiſſenſchaff-
ten/ die Schwaͤrigkeit derer ſubtilen Betrachtungen und die verdrießliche Tieffe ihrer Beweiß-
tuhme/ durch dergleichen ſeichte und kurze Aufloͤſungen/ zu erleichtern und zu verſuͤſſen ſuchen;
oder aber/ wann ſie dieſes alles ſchon laͤngſten gewuſt haben/ dannoch die allerſinnreichſten Er-
findungen fuͤr vergeblich und unannehmlich achten/ wo deroſelben nutzlicher Gebrauch ihnen
nicht auf dem Fuß nachfolget.

Die 1. Aufgab.

Aus dem gegebenen Durchmeſſer einer Scheibe deroſelben Umb-
kreiß finden.

Aufloͤſung.

Vervielfaͤltige den gegebenen Durchmeſſer mit 22, und was kommet/ teihle mit 7, ſo
kommt etwas mehr als der begehrte Umbkreiß: Wiederumb vervielfaͤltige den gegebenen
Durchmeſſer mit 223, und teihle das kommende mit 71, ſo kommt etwas zu wenig. Das
Mittel nun zwiſchen beyden gefundenen Zahlen wird dem Begehren ein Genuͤgen thun. Der
Beweiß iſt in obigem II. Lehrſatz Archimedis klar genug zu erſehen.

Exempel.

Des Mondes Coͤrper iſt an ſich ſelbſten zwar kuglicht und rund/ in unſern Augen aber
ſcheinet er platt wie ein Teller oder eine Scheibe/ und bekraͤfftiget alſo durch die Erfahrung
einen/ aus unfehlbaren Gruͤnden bewieſenen/ Lehrſatz der Seh-Kunſt (opticæ) Daß eine
jede Kugel/ wann ſie von fernen geſehen wird/ fuͤr eine Scheibe angeſehen werde.

Nun wird aus der Hoͤhe deſſelben uͤber unſerm Erdkreiß/ und aus der Groͤſſe des Sehe-Win-
kels von denen Sternkuͤndigern gerechnet/ daß der Durchmeſſer ſolcher Mond-Scheibe/ das
iſt/ die Lini/ welche mitten durch dieſelbe von einem End zum andern gezogen wird/ ohngefehr
in ſich begreiffe 444 teutſche Meilen. Jſt nun die Frag/ wieviel Meilen der ganze Umbkreiß
des Monden in ſich begreiffe? Setze demnach:
[Formel 1] ſo kommet 1395 fuͤr den begehrten Umbkreiß/ welches aber ein wenig zu viel iſt.

Setze nun fuͤrs andere:
[Formel 3] ſo kommet fuͤr den begehrten Umbkreiß 1394, welches aber etwas zu wenig iſt. Wann wir

nun
A a
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[185/0213] Scheiben-Meſſung. Und dieſes iſt alſo das meinſte und fuͤrnehmſte/ was von denen alten Weltweiſen/ in dieſem Stuͤkk/ gleichſam erbs-weis auf uns kommen iſt. Derer heutigen und neuen Kuͤnſtler Gedan- ken und Einfaͤlle kan der kunſtliebende Leſer aus ihren eigenen Schrifften (deren Longomon- tanus allein mehr als zwoͤlferley zu unterſchiedlichen Zeiten/ von 1612 biß 1645, heraus ge- geben) erlernen/ und in ferneres Bedenken ziehen. Das Andere Capitel/ Worinnen entworffen wird der herꝛliche Nutz und Gebrauch dieſes Buͤchleins in Eroͤrterung unterſchiedlicher ſchoͤner Aufgaben. Was dieſe Kreiß- und Scheiben-Betrachtung in dem gemeinen Leben fuͤr groſſen Nutzen ſchaffe/ und wie viel groͤſſern ſie noch ſchaffen wuͤrde/ ſonderlich in der Meſſens-Wiſſenſchafft und anderen Kuͤnſten/ wann ſie einſten die erwuͤnſchte Vollkommenheit erreichen ſolte/ wollen wir zum Beſchluß durch eine und andere beliebige Aufgab kuͤndig machen/ und zugleich auch etliche/ aus denen vorhergehenden zwey Buͤchern verfaſſete/ mit anhaͤngen. Dann ob ſchon die meinſte aus denenſelben ſonſten hin und wieder in unterſchiedlichen Buͤchern fuͤrkommen/ ſo werden doch ſolche Baͤchlein und Ableitungen nirgend angenehmer/ als naͤchſt ihrer Quelle/ flieſſen/ vorhin in derer jenigen Augen/ welche entweder/ als Anfaͤnglinge dieſer Wiſſenſchaff- ten/ die Schwaͤrigkeit derer ſubtilen Betrachtungen und die verdrießliche Tieffe ihrer Beweiß- tuhme/ durch dergleichen ſeichte und kurze Aufloͤſungen/ zu erleichtern und zu verſuͤſſen ſuchen; oder aber/ wann ſie dieſes alles ſchon laͤngſten gewuſt haben/ dannoch die allerſinnreichſten Er- findungen fuͤr vergeblich und unannehmlich achten/ wo deroſelben nutzlicher Gebrauch ihnen nicht auf dem Fuß nachfolget. Die 1. Aufgab. Aus dem gegebenen Durchmeſſer einer Scheibe deroſelben Umb- kreiß finden. Aufloͤſung. Vervielfaͤltige den gegebenen Durchmeſſer mit 22, und was kommet/ teihle mit 7, ſo kommt etwas mehr als der begehrte Umbkreiß: Wiederumb vervielfaͤltige den gegebenen Durchmeſſer mit 223, und teihle das kommende mit 71, ſo kommt etwas zu wenig. Das Mittel nun zwiſchen beyden gefundenen Zahlen wird dem Begehren ein Genuͤgen thun. Der Beweiß iſt in obigem II. Lehrſatz Archimedis klar genug zu erſehen. Exempel. Des Mondes Coͤrper iſt an ſich ſelbſten zwar kuglicht und rund/ in unſern Augen aber ſcheinet er platt wie ein Teller oder eine Scheibe/ und bekraͤfftiget alſo durch die Erfahrung einen/ aus unfehlbaren Gruͤnden bewieſenen/ Lehrſatz der Seh-Kunſt (opticæ) Daß eine jede Kugel/ wann ſie von fernen geſehen wird/ fuͤr eine Scheibe angeſehen werde. Nun wird aus der Hoͤhe deſſelben uͤber unſerm Erdkreiß/ und aus der Groͤſſe des Sehe-Win- kels von denen Sternkuͤndigern gerechnet/ daß der Durchmeſſer ſolcher Mond-Scheibe/ das iſt/ die Lini/ welche mitten durch dieſelbe von einem End zum andern gezogen wird/ ohngefehr in ſich begreiffe 444 teutſche Meilen. Jſt nun die Frag/ wieviel Meilen der ganze Umbkreiß des Monden in ſich begreiffe? Setze demnach: [FORMEL] ſo kommet 1395[FORMEL] fuͤr den begehrten Umbkreiß/ welches aber ein wenig zu viel iſt. Setze nun fuͤrs andere: [FORMEL] ſo kommet fuͤr den begehrten Umbkreiß 1394[FORMEL], welches aber etwas zu wenig iſt. Wann wir nun A a

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Zitationshilfe: Sturm, Johann Christoph: Des Unvergleichlichen Archjmedjs Kunst-Bücher. Nürnberg, 1670, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_kunst_1670/213>, abgerufen am 28.11.2024.